RS Vfgh 1992/6/24 V313/91, V18/92

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Veröffentlicht am 24.06.1992
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36 Wirtschaftstreuhänder
36/01 Wirtschaftstreuhänder

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
Werbeverbotsrichtlinien 1979, beschlossen vom Vorstand der Kammer der Wirtschaftstreuhänder am 25.06.79
Wettbewerbsrichtlinien 1985, beschlossen vom Vorstand der Kammer der Wirtschaftstreuhänder am 06.12.85
EMRK Art10 Abs2
Wirtschaftstreuhänder-KammerG §17 Abs2
Wirtschaftstreuhänder-BerufsO §39 Abs1

Leitsatz

Gesetz-(bzw Verfassungs-)widrigkeit des Werbeverbotes für Wirtschaftstreuhänder in den Werbeverbotsrichtlinien 1979 und den Wettbewerbsrichtlinien 1985; verfassungskonforme Auslegung im Sinne der Meinungsäußerungsfreiheit nicht möglich

Rechtssatz

Die Präambel sowie der Pkt. I Z1 und Z4 der vom Vorstand der Kammer der Wirtschaftstreuhänder am 25.06.79 beschlossenen "Werbeverbotsrichtlinien" waren gesetzwidrig.

§1 Abs2 und §4 Abs1 der vom Vorstand der Kammer der Wirtschaftstreuhänder am 06.12.85 beschlossenen "Wettbewerbsrichtlinien" werden als gesetzwidrig aufgehoben.

Der Verfassungsgerichtshof kann keine Umstände erkennen, die nach Art10 Abs2 EMRK ein Werbeverbot für Wirtschaftstreuhänder, wie es die in Prüfung gezogenen Bestimmungen vorsahen, erlauben würden. Die Werbeverbotsrichtlinien 1979 verfügten durch die Präambel und die weiters in Prüfung gezogenen Bestimmungen ein nahezu absolutes Werbeverbot, was auch durch den Wortlaut des Titels ("Werbeverbotsrichtlinien") zum Ausdruck kommt. Im Interesse des Ansehens der Rechtsprechung ist ein derart weitreichendes Werbeverbot nicht erforderlich.

Pkt. I Z1 und Z4 der Werbeverbotsrichtlinien 1979 sowie beide in Prüfung gezogene Bestimmungen der Wettbewerbsrichtlinien 1985 untersag(t)en nicht bloß das reklamehafte Herausstellen der Person des Wirtschaftstreuhänders (ein solches Verbot könnte u.U. nach Art10 Abs2 EMRK zulässig sein), sondern schlechthin jeden, mit einer gewissen Werbewirkung verbundenen Hinweis auf einen bestimmten Wirtschaftstreuhänder. Eine einschränkende - verfassungskonforme - Interpretation ist daher ausgeschlossen.

Pkt. I Z4 der Werbeverbotsrichtlinien 1979 kann außerdem nur dahin verstanden werden, daß der Wirtschaftstreuhänder auch dann disziplinär strafbar war, wenn er auf die Maßnahmen der "Organisation", für die oder in deren Auftrag er tätig wird, gar keinen Einfluß hatte. Eine derartige Regelung ist unsachlich und widerspricht daher dem Gleichheitsgrundsatz.

(Anlaßfälle B421/90, E v 24.06.92, B427/91, E v 25.06.92, Aufhebung der angefochtenen Bescheide).

Entscheidungstexte

  • V 313/91,V 18/92
    Entscheidungstext VfGH Erkenntnis 24.06.1992 V 313/91,V 18/92

Schlagworte

Wirtschaftstreuhänder, Disziplinarrecht Wirtschaftstreuhänder, Meinungsäußerungsfreiheit, Werbeverbot (Wirtschaftstreuhänder), Auslegung verfassungskonforme

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1992:V313.1991

Dokumentnummer

JFR_10079376_91V00313_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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