RS Vfgh 1992/12/1 B539/89

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Veröffentlicht am 01.12.1992
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Index

10 Verfassungsrecht
10/10 Grundrechte, Datenschutz, Auskunftspflicht

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Befehls- und Zwangsausübung unmittelb Ausübung nicht erfolgte
B-VG Art144 Abs1 / Mißhandlung
StGG Art8
EMRK Art3
PersFrSchG §4
StPO §175 Abs1 Z1
StPO §175 Abs1 Z3
StPO §177 Abs1 Z1
StPO §177 Abs1 Z2

Leitsatz

Verletzung im Recht auf persönliche Freiheit durch Festnahme ohne richterlichen Haftbefehl; unvertretbare Annahme eines Einbruchdiebstahls; keine Verdunkelungsgefahr; Zurückweisung der Beschwerde gegen die behaupteten Mißhandlungen mangels ausreichenden Beweises

Rechtssatz

Der Verfassungsgerichtshof erachtet den Festnehmungsgrund des §177 Abs1 Z1 iVm §175 Abs1 Z1 StPO für nicht gegeben: Die einschreitenden Sicherheitswachebeamten haben die Tat (Einbruch in einen abgestellten Pkw und Diebstahl eines Autoradios) weder selbst wahrgenommen noch wurde der angehaltene Beschwerdeführer (und ebensowenig seine beiden Schulkollegen) von dritter Seite glaubwürdig der Tat verdächtigt; es ist offenkundig, daß - irrtümlich - Mitteilungen im Rahmen eines zweiten Ferngesprächs über das Wahrnehmen von tatverdächtigen Personen durch den Anrufer vorverlegt und diese Angaben als Beobachtung Tatverdächtiger im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Tat gehalten wurden.

Was den weiteren Festnehmungsgrund (§177 Abs1 Z2 iVm §175 Abs1 Z3 StPO) anlangt, reicht die bloße Möglichkeit einer Beeinträchtigung der Wahrheitsfindung zur Annahme dieses Festnehmungsgrundes nicht aus. Konkrete Anhaltspunkte dafür, also Tatsachen, aus denen sich eine Verdunkelungsgefahr ableiten ließe, lagen jedoch nicht vor.

Zurückweisung der Beschwerde gegen die behaupteten Mißhandlungen (Schläge, Tritte und Ohrfeigen).

Bei der gegebenen Beweislage bestehen nicht unerhebliche Anhaltspunkte dafür, den Beschwerdebehauptungen Glauben zu schenken; dennoch sah sich der Gerichtshof nicht in der Lage, die behaupteten Mißhandlungen als zweifelsfrei erwiesen anzusehen. In diesem Zusammenhang fällt ins Gewicht, daß der Beschwerdeführer, welcher während der Anhaltung im Haftraum von einem Amtsarzt aufgesucht und befragt worden war, erklärte, er habe nichts, und anläßlich seiner Vernehmung nicht einmal der anwesenden Sozialarbeiterin gegenüber Mitteilung von den später behaupteten Mißhandlungen machte.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt, Festnehmung, Mißhandlung, richterlicher Befehl

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1992:B539.1989

Dokumentnummer

JFR_10078799_89B00539_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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