RS Vfgh 1993/3/15 B468/91

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 15.03.1993
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Index

16 Medienrecht
16/02 Rundfunk

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
B-VG Art144 Abs1 / Legitimation
EMRK Art10
EMRK Art13
RundfunkG §2 Abs1 Z1
RundfunkG §25 Abs3 Z2
RundfunkG §27 Abs1 Z1 litb
AVG §7

Leitsatz

Keine Bedenken gegen eine Bestimmung des RundfunkG über die Bestellung der Mitglieder der Rundfunkkommission im Hinblick auf den Gleichheitsgrundsatz und die Möglichkeit einer wirksamen Beschwerde bei einer nationalen Instanz; Zugehörigkeit eines Organwalters zu einer politischen Partei für sich allein kein Befangenheitsgrund; keine Verletzung des Rechts auf Rundfunkfreiheit und des Gleichheitsrechts durch Abweisung einer Beschwerde an die Rundfunkkommission wegen behaupteter Verletzung des Objektivitätsgebotes bei der Berichterstattung des ORF über den Themenkomplex der Arbeiterkammer Steiermark

Rechtssatz

Es ist nicht ausgeschlossen, daß eine Person, die eine auf §27 Abs1 Z1 litb RundfunkG gestützte Beschwerde an die Rundfunkkommission gerichtet hat, durch den ihren Antrag ablehnenden Bescheid der Kommission in einem subjektiven öffentlichen Recht verletzt wird. Sie ist daher legitimiert, gegen den Bescheid der Kommission gemäß Art144 Abs1 B-VG beim Verfassungsgerichtshof Beschwerde zu führen.

Weisungsfreie Interessenvertreter fungieren nicht als persönliches Sprachrohr einer Verfahrenspartei. Dies trifft auch auf die mit solchen Interessenvertretern vergleichbaren weisungsfreien Mitglieder der Rundfunkkommission nach §25 Abs3 Z2 RundfunkG zu.

Arbeitnehmer des ORF dürfen der Kommission überhaupt nicht angehören, ebenso auch nicht freie Mitarbeiter, sofern sie diese Tätigkeit ständig und nicht bloß als wirtschaftlich unbedeutende Nebenbeschäftigung ausüben. Allein schon deswegen kann der Verfassungsgerichtshof die vom Beschwerdeführer unter den Aspekten des Art7 Abs1 B-VG und des Art13 EMRK vorgetragenen verfassungsrechtlichen Bedenken gegen §25 Abs3 Z2 RundfunkG nicht teilen.

Die Art13 EMRK relevierende Argumentation der Beschwerde beruht auf einer verfehlten Prämisse, weil die Zugehörigkeit zu einer politischen Partei und die Mitarbeit in einer solchen Gruppierung für sich allein keinen Befangenheitsgrund herzustellen vermag. Weitergreifende, hinlänglich konkretisierte besondere Umstände, die es zweifelhaft erscheinen ließen, ob zwei Mitglieder der belangten Rundfunkkomission zu der ihnen gesetzlich aufgetragenen objektiven Entscheidung des Rechtsfalls des Beschwerdeführers gewillt und imstande seien, und die nach Lage des Falles tatsächlich den Anschein einer Befangenheit dieser Organwalter begründen könnten, sind hier aber nicht zu ersehen.

Die Rundfunkfreiheit ist in dem durch das RundfunkG geschaffenen System nur dann gewährleistet, wenn die Möglichkeit zum Empfang und zur Mitteilung (von Nachrichten) angesichts der Objektivität und Unparteilichkeit der Berichterstattung, der Berücksichtigung der Meinungsvielfalt und der Ausgewogenheit der Programme im Rahmen des ORF wirklich besteht.

Keine Verletzung des Rechts auf Rundfunkfreiheit gemäß Art10 EMRK und des Gleichheitsrechts durch Abweisung der Beschwerde an die Rundfunkkommission wegen behaupteter Verletzung des Objektivitätsgebotes bei der Berichterstattung des ORF über den Themenkomplex der Arbeiterkammer Steiermark.

Es fehlt an jeglichen Anhaltspunkten dafür, daß die Rundfunkkommission sich bei ihrer Willensbildung von subjektiven, in der Person des Beschwerdeführers gelegenen Momenten leiten ließ. Soweit der Beschwerdeführer eine Berichterstattung bestimmten Inhaltes und Umfanges fordert oder der Auffassung anhängt, er habe als Obmann einer politischen Partei ein Recht darauf, daß der ORF über seine Ansichten zu bestimmten Angelegenheiten in einer seinen Intentionen entsprechenden Weise berichte, ist ihm entgegenzuhalten, daß die Frage der Auswahl und Gewichtung dieser Berichterstattung über bestimmte Ereignisse, Vorkommnisse oder Meinungen innerhalb des rundfunkverfassungsrechtlichen Rahmens - bei Sendungen, die der ORF selbst gestaltet - Sache des ORF ist.

Entscheidungstexte

Schlagworte

VfGH / Legitimation, Rundfunk, Beschwerdeverfahren (Rundfunk), Kollegialbehörde, Verwaltungsverfahren, Befangenheit, Meinungsäußerungsfreiheit, Rundfunkkommission, Behördenzusammensetzung, Objektivitätsgebot (Rundfunk)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1993:B468.1991

Dokumentnummer

JFR_10069685_91B00468_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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