RS Vfgh 1994/3/12 B84/93

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Veröffentlicht am 12.03.1994
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Index

33 Bewertungsrecht
33/01 Bewertungsrecht

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
BewG 1955 §14 Abs1
BewG 1955 §64 Abs2
UStG 1972 §19 Abs2 Z1 lita

Leitsatz

Verletzung im Gleichheitsrecht durch die Nichtberücksichtigung einer mit Gewißheit eintretenden Umsatzsteuerschuld bei der Festsetzung des Einheitswertes eines Betriebsvermögens; keine sachlich gerechtfertigte Differenzierung zwischen sollbesteuerten und istbesteuerten Unternehmern; gleichheitskonforme Auslegung des BewG 1955 hinsichtlich der Bewertung von Kapitalforderungen mit einem um ausgewiesene Umsatzsteuerforderungen reduzierten Nennwert geboten

Rechtssatz

Die bewertungsrechtliche Nichtberücksichtigung der praktisch mit Gewißheit eintretenden Umsatzsteuerschuld unter gleichzeitiger Bewertung der analogen Umsatzsteuerforderung als Besitzposten führt zu einer sachlich nicht gerechtfertigten, sohin mit dem Gleichheitssatz nicht zu vereinbarenden Differenzierung zwischen sollbesteuerten und istbesteuerten Unternehmern, weil bei jenen eine mit einer Kapitalforderung verbundene Umsatzsteuerschuld angesichts ihrer Entstehung mit Ablauf des Kalendermonats, in dem die Lieferungen oder sonstigen Leistungen ausgeführt worden sind (§19 Abs2 Z1 lita UStG 1972), jedenfalls vom Betriebsvermögen abzuziehen ist, in das eine entsprechende Kapitalforderung zum Feststellungszeitpunkt aufzunehmen war. Darüber hinaus fehlt es aber auch an sich an einem sachlichen Grund, eine Umsatzsteuerforderung, die nach Vereinnahmung eine entsprechende Steuerschuld entstehen läßt und daher im zu bewertenden Betriebsvermögen nur einen Durchlaufposten bilden kann, als Aktivum in die Bewertung des Betriebsvermögens mit einzubeziehen, wenn die Steuerschuld bewertungsrechtlich nicht absetzbar ist.

Eine gleichheitskonforme Auslegung des §14 Abs1 BewG 1955 gebietet, daß bei Unternehmern, deren Umsatzsteuer nach vereinnahmten Entgelten zu berechnen ist - sodaß §64 Abs2 BewG 1955 wie im Beschwerdefall nicht zur Anwendung kommt -, Kapitalforderungen mit einem um die ausgewiesene Umsatzsteuerforderung reduzierten Nennwert dann anzusetzen sind, wenn - mehr oder minder zufällig bedingt durch den Zeitpunkt der Begleichung offener Forderungen des Steuerpflichtigen - zum Feststellungszeitpunkt zwar die Kapitalforderung (einschließlich der Umsatzsteuerforderung) besteht, die Umsatzsteuerschuld aber (mangels Fälligkeit kraft §19 Abs2 Z1 litb UStG 1972) noch nicht entstanden ist und daher gemäß §64 Abs2 BewG 1955 auch nicht vom Rohvermögen abgezogen werden darf. Muß es doch bei gleichheitskonformem Verständnis dieser Rechtslage als "besonderer Umstand" im Sinne des §14 Abs1 BewG 1955 angesehen werden, daß der Forderungsberechtigte über die eingegangene Umsatzsteuer wirtschaftlich nicht frei verfügen kann, und diese lediglich einen Durchlaufposten in seinem Vermögen darstellt.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Bewertung Betriebsvermögen, Einheitsbewertung, Umsatzsteuer

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1994:B84.1993

Dokumentnummer

JFR_10059688_93B00084_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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