RS Vfgh 1994/6/20 KR2/92

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Veröffentlicht am 20.06.1994
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Index

10 Verfassungsrecht
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 (B-VG)

Norm

B-VG Art121 Abs1
B-VG Art126b Abs2
VerstaatlichungsG Erstes §1 Abs1
AktienG §6 Abs1
RechnungshofG 1948 §12 Abs1

Leitsatz

Zuständigkeit des Rechnungshofes zur Überprüfung der Gebarung der Eurostar Automobilwerk Gesellschaft mbH und der Eurostar Automobilwerk Gesellschaft mbH & Co KG in der Zeit von der Gründung bis April 1992 infolge 50-prozentiger Beteiligung mit Stamm- bzw Eigenkapital von der Rechnungshofkontrolle unterliegenden Rechtsträgern; Kompetenz des Rechnungshofes zur Prüfung der Creditanstalt-Bankverein aufgrund der Beherrschung durch den Bund infolge Besitz der Mehrheit an stimmberechtigten Aktien

Rechtssatz

In Stattgebung des Antrages wird festgestellt, daß der Rechnungshof gemäß Art121 Abs1 iVm Art126b Abs2 B-VG sowie §12 Abs1 RechnungshofG 1948 zuständig ist, die Gebarung der Eurostar Automobilwerk Gesellschaft mbH in der Zeit von der Gründung bis 30.04.92 und der Eurostar Automobilwerk Gesellschaft mbH & Co KG in der Zeit von der Gründung bis 30.04.92 zu überprüfen.

Art126b Abs2 B-VG normiert ein sogenanntes "Durchrechnungsverbot" in dem Sinn, daß Beteiligungen der öffentlichen Hand rechtlich verstanden und gewertet, nicht aber wirtschaftlich "durchgerechnet" werden.

Zuständigkeit des Rechnungshofes zur Prüfung der Gebarung der Creditanstalt-Bankverein.

§1 Abs1 des 1. VerstaatlichungsG regelt nur den Übergang der Anteilsrechte an bestimmten Gesellschaften (und von Unternehmungen und Betrieben), so auch an der CA-BV, in das Eigentum der Republik Österreich, nicht aber die Prüfungszuständigkeit des Rechnungshofes. Eine solche Prüfungskompetenz kann sich bloß aus den gegenwärtigen Rechtsverhältnissen selbst ergeben.

Zum - alle Aktien erfassenden - Grundkapital iSd §6 Abs1 AktienG gehören auch Aktien besonderer Gattung iSd §11 AktienG. Der Wortlaut des Art126b Abs2 B-VG führt zur Auslegung, daß bei der Berechnung der Beteiligungshöhe (auch) stimmrechtslose Aktien berücksichtigt werden müssen.

Der Rechnungshof ist allerdings im Recht, wenn er seine Prüfungszuständigkeit (subsidiär) auf den Beherrschungstatbestand (Art126b Abs2 zweiter Satz B-VG) stützt: Es kann kein Zweifel bestehen, daß der Bund die CA-BV in einer Weise beherrscht, die ihm einen Einfluß auf das Unternehmen vermittelt, wie er einer mindestens 50-prozentigen Beteiligung am Grundkapital annähernd entspricht. Da "Vorzugsaktien ohne Stimmrecht" gemäß §116 Abs1 AktienG kein Stimmrecht in der Hauptversammlung gewähren, entsteht ein derartiger Einfluß durch den - hier gegebenen - Besitz der Mehrheit an den stimmberechtigten Aktien.

Da die CA-BV zu mehr als 50 Prozent an der Steyr Daimler Puch AG (SDP) beteiligt ist, darf der Rechnungshof gemäß Art126b Abs2 letzter Satz B-VG auch dieses Unternehmen prüfen; desgleichen die Steyr Daimler Puch Fahrzeugtechnik Gesellschaft mbH (SDP-FT), weil die SDP und die CA-BV zusammen 100 Prozent des Stammkapitals halten. Die SDP-FT ihrerseits hält 50 Prozent der Anteile am Stammkapital der Eurostar Gesellschaft mbH Wien, sodaß sich die Prüfungskompetenz des Rechnungshofes gemäß Art126b Abs2 letzter Satz B-VG auch auf die Gebarung dieses Unternehmens erstreckt.

Dies gilt schließlich auch für die Eurostar Gesellschaft mbH & Co KG Graz; der Rechnungshof darf sowohl den Komplementär (Eurostar Gesellschaft mbH), der dieses Unternehmen betreibt, als auch einen der beiden - am Haftkapital zu gleichen Teilen beteiligten - Kommanditisten (nämlich die SDP-FT) prüfen. Er ist nämlich zur Prüfung einer Kommanditgesellschaft zuständig, wenn an ihr ein seiner Prüfungskompetenz unterliegender Rechtsträger "entsprechend mit Eigenkapital beteiligt ist" (VfSlg. 11989/1989, S 157).

Entscheidungstexte

Schlagworte

VfGH / Rechnungshofzuständigkeit, Rechnungshof, Gesellschaftsrecht, Verstaatlichung, Bankwesen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1994:KR2.1992

Dokumentnummer

JFR_10059380_92KR0002_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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