RS Vfgh 1995/3/3 V150/94, V159/94, V160/94, V161/94, V162/94, V163/94, V164/94, V165/94, V170/94, V1

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Veröffentlicht am 03.03.1995
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Index

90 Straßenverkehrsrecht, Kraftfahrrecht
90/01 Straßenverkehrsordnung 1960

Norm

B-VG Art18 Abs2
B-VG Art129a Abs3
B-VG Art139 Abs1 / Allg
B-VG Art139 Abs1 / Prüfungsgegenstand
B-VG Art139 Abs4
KurzparkzonenV des Stadtsenates der Landeshauptstadt Graz vom 16.09.92
StVO 1960 §25
StVO 1960 §94f

Leitsatz

Gesetzwidrigkeit einer KurzparkzonenV wegen Unterlassung der gesetzlich vorgeschriebenen Anhörung der gesetzlichen Interessenvertretungen bei Erlassung einer solchen Verordnung; Anhörung der Interessenvertretungen vor Erlassung einer früheren KurzparkzonenV nicht ausreichend; Antragsbefugnis des unabhängigen Verwaltungssenates gemäß Art139 Abs1 B-VG auch für bereits außer Kraft getretene Verordnungen

Rechtssatz

Die KurzparkzonenV des Stadtsenates der Landeshauptstadt Graz vom 16.09.92 war gesetzwidrig.

Die Festlegung einer flächendeckenden Kurzparkzone gemäß §25 StVO 1960 betrifft mindestens die Interessen der Mitglieder aller Berufsgruppen, die innerhalb der Kurzparkzone eine Arbeitsstätte oder ihren Berufssitz haben.

Mit der KurzparkzonenV vom 16.09.92 wurde nicht nur die Parkdauer in einem Teilbereich der Kurzparkzone, sondern auch die Fläche der Kurzparkzone ausgeweitet und damit eine frühere KurzparkzonenV inhaltlich verändert. Der Verfassungsgerichtshof vermag dem Stadtsenat der Landeshauptstadt Graz nicht zu folgen, wenn dieser die Anhörung gesetzlicher Interessenvertretungen vor Erlassung der früheren Verordnung als im Sinne des §94f Abs1 StVO 1960 ausreichend zur Erlassung der Verordnung vom 16.09.92 bezeichnet, sodaß sich vor Erlassung dieser Verordnung eine neuerliche Anhörung erübrige.

Der für die Erlassung der straßenpolizeilichen Verordnung zuständigen Behörde ist es verwehrt, die Interessenartikulation gemäß §94f Abs1 StVO 1960 im Hinblick auf früher und in anderem (wenn auch ähnlichem) Zusammenhang abgegebene Äußerungen der zuständigen gesetzlichen Interessenvertretungen gleichsam zu antizipieren.

Die Antragsbefugnis des unabhängigen Verwaltungssenates gemäß Art139 Abs1 B-VG ist nicht auf im Zeitpunkt der Fällung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes noch geltende Verordnungen beschränkt, sondern wurde ebenso wie die Antragsbefugnis der Gerichte oder der unmittelbar durch eine Verordnung betroffenen Personen auch für bereits außer Kraft getretene Verordnungen verfassungsgesetzlich eingeräumt, sofern der unabhängige Verwaltungssenat die betreffende Verordnung nur in einer anhängigen Rechtssache anzuwenden hat. Der für den Umfang der Antragsbefugnis maßgebliche Sinn des konkreten (im Gegensatz zum abstrakten) Verordnungsprüfungsverfahrens gemäß Art139 Abs1, Abs4 und Abs6 B-VG ist es eben, die weitere Anwendung als gesetzwidrig erkannter Verordnungen in jenen Gerichts- oder Verwaltungsverfahren vor einem unabhängigen Verwaltungssenat auszuschließen, die Anlaß für die Einleitung des Verordnungsprüfungsverfahrens waren.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Straßenpolizei, Kurzparkzone, Verordnungserlassung, VfGH / Legitimation, VfGH / Prüfungsgegenstand, Unabhängiger Verwaltungssenat, Anhörungsrecht (bei Verordnungserlassung)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1995:V150.1994

Dokumentnummer

JFR_10049697_94V00150_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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