RS Vfgh 1995/3/10 B291/94, B294/94, B536/94, B537/94, B869/94, B870/94, B1296/94, B1733/94

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Veröffentlicht am 10.03.1995
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Index

90 Straßenverkehrsrecht, Kraftfahrrecht
90/01 Straßenverkehrsordnung 1960

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art7 Abs1 / Verordnung
B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
B-VG Art18 Abs2
B-VG Art118 Abs2
B-VG Art118 Abs3 Z4
AbgrenzungsV des Magistrats der Stadt Wien vom 23.02.93 betreffend die Parkraumbewirtschaftung für die Innere Stadt
KurzparkzonenV des Magistrats der Stadt Wien vom 23.02.93 betreffend Kurzparkzonen für die Innere Stadt
ParkometerabgabeV der Wr Landesregierung
StGG Art5
StGG Art6 Abs1 / Erwerbsausübung
StVO 1960 §25
StVO 1960 §43 Abs2a
StVO 1960 §44 Abs1
StVO 1960 §44 Abs3
StVO 1960 §45 Abs2
StVO 1960 §45 Abs4
StVO 1960 §52 Z13d und Z13e
StVO 1960 §94d Z1a und Z4a
Wr Stadtverfassung §105 Abs2

Leitsatz

Keine Gesetzwidrigkeit der KurzparkzonenV betreffend die Erklärung des gesamten 1. Wiener Gemeindebezirkes zur Kurzparkzone und der AbgrenzungsV betreffend die auf die Wohnbevölkerung beschränkte Erteilung von Ausnahmebewilligungen für das Dauerparken in der Kurzparkzone; Erforderlichkeit dieser im Interesse der Wohnbevölkerung gelegenen Maßnahmen angesichts der Verkehrssituation im innerstädtischen Bereich; keine Bedenken gegen die Abgrenzung der Kurzparkzone; gehörige Kundmachung der Verordnungen durch Vorschriftszeichen bzw Anschlag an der Amtstafel; Erlassung der Verordnungen im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde geboten; keine Differenzierung von im 1. Bezirk ansässigen und anderen Unternehmen durch die ParkometerabgabeV der Wr Landesregierung; keine Verletzung im Gleichheitsrecht sowie im Recht auf Freiheit der Erwerbsbetätigung und im Eigentumsrecht durch Verweigerung einer Ausnahmebewilligung von der Kurzparkzone an Nicht-Bewohner

Rechtssatz

Eine KurzparkzonenV gemäß §25 StVO 1960 dient insbesondere auch im Verein mit einer AbgrenzungsV gemäß §43 Abs2a StVO 1960 dem spezifischen Interesse der Wohnbevölkerung an Dauerparkmöglichkeiten oder/und der "Erleichterung der Verkehrslage". Schon diese gesetzlichen Determinanten für die Erlassung einer KurzparkzonenV erweisen die rechtliche Möglichkeit, eine zeitliche Beschränkung des Parkens für alle Straßen innerhalb eines größeren, wenn auch rechtlich eindeutig bestimmten Gebietes zu verordnen. "Ortsbedingte Gründe (auch im Interesse der Wohnbevölkerung)" oder die "Erleichterung der Verkehrslage" können es eben auch erforderlich machen, auf allen Straßen eines größeren, für die Verkehrsteilnehmer sinnvoll abgegrenzten Gebietes das Parken zeitlich zu beschränken und lediglich den Bewohnern des betreffenden Gebietes die Erschwernisse, die durch diese Verkehrsbeschränkung hervorgerufen werden, dadurch auszugleichen, daß die Bewohner bei der Erteilung von Ausnahmebewilligungen von der Kurzparkzone nach Maßgabe des §45 Abs4 StVO 1960 gegenüber anderen Straßenbenutzern bevorzugt behandelt werden.

Keine Gesetzwidrigkeit der KurzparkzonenV und der AbgrenzungsV des Magistrats der Stadt Wien vom 23.02.93.

Der Verfassungsgerichtshof hält die Auffassung der belangten Behörden für vertretbar, daß die - mit Ausnahmen erfolgte - Erklärung des gesamten 1. Wiener Gemeindebezirks zur Kurzparkzone und eine entsprechende Parkraumbewirtschaftung für die Bewohner des 1. Bezirks in Anbetracht der Verkehrssituation in diesem städtischen Bereich erforderlich ist, um die Auswirkungen des motorisierten Individualverkehrs in diesem Gebiet auf ein zumutbares Maß zu beschränken.

Der Verfassungsgerichtshof teilt auch die Bedenken gegen die Abgrenzung der Kurzparkzone sowie des durch die AbgrenzungsV bestimmten Gebiets nicht, dessen Bewohner für die Erteilung einer Ausnahmebewilligung gemäß §45 Abs4 StVO 1960 in Betracht kommen. Ortsbedingte Gründe im Interesse der Wohnbevölkerung gemäß §25 Abs1 StVO 1960 sprechen dafür, die Straßen des gesamten 1. Bezirks zur Kurzparkzone zu erklären, zumal dort, wo die Bezirksgrenze für den Fahrzeuglenker unübersichtlich verläuft, bestimmte Straßen und Straßenzüge von der flächendeckenden Kurzparkzonenregelung ausgenommen wurden.

Auch die unter dem Aspekt des Gleichheitssatzes gegen die KurzparkzonenV vorgetragenen Bedenken überzeugen den Verfassungsgerichtshof nicht. Es erschiene nicht nur von der Sache her abwegig, sondern zusätzlich gesetzwidrig, Ausnahmen von der KurzparkzonenV für die Betreiber von Betriebsstätten oder für sonstige, im 1. Bezirk betroffene Verkehrsteilnehmer "verordnungsmäßig" festzuhalten.

Die KurzparkzonenV wurde auch gehörig kundgemacht.

Gerade weil die angegebene Kurzparkzone durch Vorschriftszeichen an den Ein- und Ausfahrten in den und vom

1. Bezirk - und nicht entlang der den 1. Bezirk begrenzenden Straßenzüge - gekennzeichnet wurde, erweist sich die Kundmachung der KurzparkzonenV als rechtmäßig.

Gemäß §94d Z1a und Z4a StVO 1960 (idF vor der 19. StVO-Nov) fällt für die eingangs dieser Bestimmung genannten Straßen sowohl die Festlegung von Kurzparkzonen als auch die Erlassung von Abgrenzungsverordnungen für das Bewohnerdauerparken in den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde. Ein spezifisch örtliches Interesse im Sinne des Art118 Abs2 B-VG ist schon in Anbetracht der gesetzlichen Voraussetzungen für die genannten Verordnungen nach §25 Abs1 und §43 Abs2a StVO 1960 anzunehmen. Der Gesetzgeber war daher verhalten, die Erlassung dieser Verordnungen gemäß Art118 Abs3 Z4 B-VG ("Örtliche Straßenpolizei") in Verbindung mit Art118 Abs2 letzter Satz B-VG von der Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich besorgen zu lassen und die betreffenden Angelegenheiten ausdrücklich als solche des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde zu bezeichnen.

Die Zuständigkeit des Magistrats zur Erlassung der KurzparkzonenV - sowie der AbgrenzungsV - stützt sich zu Recht auf §105 Abs2 Wr Stadtverfassung.

Keine Gesetzwidrigkeit der AbgrenzungsV des Magistrats der Stadt Wien vom 23.02.93.

Mögen dadurch auch für die Bewohner der an den 1. Bezirk angrenzenden Bezirke Härtefälle entstanden sein, so konnte doch die verordnungserlassende Behörde davon ausgehen, daß bei einer auf den 1. Bezirk beschränkten Kurzparkzone in besonderer Weise die Bewohner dieses Bezirkes Erschwernisse zu gewärtigen haben, welche die bevorzugte Erteilung von Ausnahmebewilligungen an diesen Personenkreis notwendig macht.

Da es sich bei der AbgrenzungsV um eine "sonstige" Verordnung auf Grund des §43 StVO 1960 handelt, die gemäß §44 Abs3 StVO 1960 durch Anschlag an der Amtstafel kundzumachen ist, erfolgte die Kundmachung dieser Verordnung durch den nachweislichen Anschlag an den Amtstafeln des Magistratischen Bezirksamtes für den 1. und 8. Wiener Gemeindebezirk und der Magistratsabteilung 46 zu Recht. Gemäß dem Gebot zur ortsüblichen Verlautbarung des Inhalts der Verordnung gemäß §44 Abs3 letzter Satz StVO 1960 wurde die AbgrenzungsV ferner auch im Amtsblatt der Stadt Wien vom 03.06.93, Nr 22, S 45, wiedergegeben und damit verlautbart.

Von vornherein verfehlt sind die Bedenken gegen die ParkometerabgabeV der Wr Landesregierung, LGBl 32/1993, insofern eine durch diese Verordnung bewirkte "sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichstellung der im 1. Wiener Gemeindebezirk ansässigen Unternehmen" behauptet wird. Diese Differenzierung wird nämlich nicht durch die angegriffene Verordnung, sondern durch die AbgrenzungsV gemäß §43 Abs2a StVO 1960 bewirkt, an die jene Verordnung anknüpft.

Der Gleichheitssatz zwingt den Gesetzgeber nicht dazu, für alle Bewerber um einen Dauerparkplatz, die - aus welchen Gründen auch immer - ein faktisches Bedürfnis danach nachweisen können, die Erteilung einer Ausnahmebewilligung von der verordneten Kurzparkzone vorzusehen (vgl E v 17.12.93, B 1491/92). Auch die vor der 19. StVO-Nov bestehende Rechtslage, die ausschließlich für die Bewohner die Möglichkeit einer Ausnahmebewilligung von der Kurzparkzone zum Zwecke des Dauerparkens vorsah, war nicht gleichheitswidrig.

Die belangte Behörde hat daher nicht den Gleichheitssatz verletzt, wenn sie in Anbetracht der erschwerten Voraussetzungen, die §45 Abs2 StVO 1960 für die Erteilung von Ausnahmebewilligungen an Nicht-Bewohner aufstellt, diese Ausnahmebewilligungen verweigerte.

Keine Verletzung im Recht auf Freiheit der Erwerbsbetätigung und im Eigentumsrecht.

Da die Rechtsgrundlagen der angefochtenen Bescheide unbedenklich sind und diese Rechtsgrundlagen auch nicht in denkunmöglicher Weise angewendet wurden, kann dahingestellt bleiben, ob und inwieweit durch die Verweigerung einer Ausnahmebewilligung von einer Kurzparkzone überhaupt in die verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Freiheit der Erwerbsbetätigung und der Unversehrtheit des Eigentums eingegriffen wird.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Straßenpolizei, Kurzparkzone, Erwerbsausübungsfreiheit, Straßenverkehrszeichen, Verordnung Kundmachung, Kundmachung Verordnung, Gemeinderecht, Wirkungsbereich eigener, Straßenpolizei örtliche, Behördenzuständigkeit, Parkometerabgabe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1995:B291.1994

Dokumentnummer

JFR_10049690_94B00291_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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