RS Vfgh 1995/6/16 B395/93

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Veröffentlicht am 16.06.1995
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Index

L9 Sozial- und Gesundheitsrecht
L9440 Krankenanstalt, Spital

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Bescheid
EMRK Art6 Abs1 / Tribunal
EMRK Art6 Abs1 / Verfahrensgarantien
EMRK Art6 Abs1 / Verwaltungsakt
AVG §18 Abs4
AVG §62
Krnt KAO 1978 §48 Abs5
Krnt KAO 1978 §66 Abs3
Krnt KAO 1978 §67
Krnt KAO 1992 §73

Leitsatz

Verletzung im Recht auf Gehör durch ein unabhängiges undunparteiisches Gericht durch Entscheidung der Schiedskommission gemäßder Krnt KAO über die Höhe der seitens der Sozialversicherungsträgeran eine öffentliche geistliche Krankenanstalt zu leistendenPflegegebührenersätze infolge Annahme einer Bindung an einen von derKrnt Landesregierung erlassenen Gleichstellungsbescheid; keineUnparteilichkeit eines Tribunals wegen Ernennung von Schiedsrichterndurch die Parteien bei gleichem Einfluß beider Parteien auf dieZusammensetzung des Gremiums

Rechtssatz

Der angefochtene Bescheid wurde mündlich verkündet, die Niederschrift hierüber ist gemäß §18 Abs4 AVG unterschrieben, unter leserlicher Beifügung des Namens. Der angefochtene Bescheid wurde daher rechtswirksam erlassen.

Die Schiedskommission gemäß §67 Krnt KAO 1978 idF LGBl 97/1992 (§73 Krnt KAO 1992) genügt den Anforderungen des Art6 EMRK.

Verfehlt ist der Einwand der Beschwerde, daß mit der nach Art6 EMRK gebotenen Unparteilichkeit eines Tribunals unvereinbar sei, daß die Beisitzer der Schiedskommission von den Parteien für den jeweiligen Rechtsstreit zu berufen sind.

Selbst wenn die Ernennung von Schiedsrichtern durch die Parteien erfolgt, steht eine solche Konstruktion mit Art6 EMRK dann nicht im Widerspruch, wenn beide Parteien auf die Zusammensetzung dieses Gremiums gleichen Einfluß haben (siehe den Bericht der EKMR im Fall Bramelid und Malmström vom 12.12.83, DR 38 (1984), insbes S 18 und S 40).

Verletzung im Recht auf Gehör durch ein unparteiisches und unabhängiges Gericht durch Entscheidung der Schiedskommission gemäß §67 Krnt KAO 1978 (§73 Krnt KAO 1992) über die Höhe der seitens der Sozialversicherungsträger an eine öffentliche geistliche Krankenanstalt zu leistenden Pflegegebührenersätze.

Entscheidungswesentlich war im angefochtenen Bescheid, ob Gleichartigkeit oder annähernde Gleichwertigkeit zwischen dem allgemeinen öffentlichen Krankenhaus der Barmherzigen Brüder in St. Veit/Glan und dem allgemeinen öffentlichen Landeskrankenhaus Villach besteht. Mit dem Gleichstellungsbescheid der Krnt Landesregierung vom 27.06.89 wurde eine solche Gleichwertigkeit festgestellt; in diesem Verfahren kam jedoch den beschwerdeführenden Sozialversicherungsträgern keine Parteistellung zu. Die Annahme der Bindung der Schiedskommission an den von der Landesregierung erlassenen Gleichstellungsbescheid ist demnach mit Art6 EMRK unvereinbar. Ausgehend von ihrer verfehlten Auffassung über das Vorliegen der Bindung hat die belangte Behörde den Beschwerdeführern zur Frage der Gleichartigkeit oder annähernden Gleichwertigkeit des allgemeinen öffentlichen Krankenhauses der Barmherzigen Brüder in St. Veit/Glan und des allgemeinen öffentlichen Landeskrankenhauses Villach das nach Art6 Abs1 EMRK jedermann gewährleistete Recht, von einem unparteiischen Gericht gehört zu werden, verwehrt.

(vgl auch B367/94, E v 25.09.95).

Entscheidungstexte

Schlagworte

Bescheiderlassung, Bescheid Unterschrift, Unterschrift Bescheid,Bindung (der Gerichte), Krankenanstalten, Pflegegebühren,rechtliches Gehör, Verwaltungsverfahren,Ermittlungsverfahren Parteiengehör, Parteiengehör,Parteistellung Krankenanstalten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1995:B395.1993

Zuletzt aktualisiert am

13.08.2010
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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