RS Vfgh 1996/11/30 G1381/95, G1382/95

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Veröffentlicht am 30.11.1996
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Index

66 Sozialversicherung
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
BAO §14
HGB §25
ASVG §67 Abs5
ABGB §1409

Leitsatz

Verfassungswidrigkeit der Regelung der Haftung für Sozialversicherungsbeiträge bei Betriebsübergang; keine sachliche Rechtfertigung der Privilegierung nur des Sozialversicherungsträgers als Gläubiger des Betriebsvorgängers bei einer Veräußerung des Betriebes allein im Ausgleichsverfahren nicht aber im Konkursverfahren

Rechtssatz

§67 Abs5 ASVG idF BGBl. Nr. 111/1986 war verfassungswidrig.

Der Gesetzgeber hat durch die mit dem InsolvenzrechtsänderungsG 1982, BGBl. Nr. 370/1982, vorgenommene Novellierung des ABGB und des HGB sowie durch die Neufassung des §14 BAO mit BGBl. Nr. 448/1992 das ursprünglich vorhanden gewesene Ordnungssystem betreffend die Haftung von Personen für Schulden beim Erwerb eines Betriebes oder Teilbetriebes im Wege eines Ausgleichsverfahrens grundlegend geändert. Durch das InsolvenzrechtsänderungsG 1982 ist im ABGB und HGB die zivilrechtliche Haftung für Schulden u.a. im Falle des Erwerbes eines Vermögens oder Unternehmens bzw. eines Handelsgeschäftes im Wege des Ausgleichsverfahrens ausgeschlossen worden. Dieser Haftungsausschluß ging über den in §14 Abs2 BAO, BGBl. Nr. 194/1961, angeordneten, sich nur auf die Fälle des Erwerbes aus der Konkursmasse oder im Zuge eines Vollstreckungsverfahrens beziehenden hinaus. Mit der 41. ASVG-Novelle, BGBl. Nr. 111/1986, wurde der hier angefochtene §67 Abs5 ASVG in ausdrücklicher Orientierung an §14 Abs2 BAO geschaffen. §14 BAO wurde in weiterer Folge mit dem BGBl. Nr. 448/1992 in der Form neu erlassen, daß er in seinem Abs2 nunmehr auch einen Haftungsausschluß für Fälle des Erwerbes eines Unternehmens im Wege des Ausgleichsverfahrens enthält.

Es sind keine sachlichen Gesichtspunkte für die Privilegierung nur des Sozialversicherungsträgers als Gläubiger des Betriebsvorgängers bei einer Veräußerung des Betriebes allein im Ausgleichsverfahren, nicht aber auch im Konkursverfahren, ersichtlich. Insbesondere ist unter dem Gesichtspunkt der Sanierung von Unternehmen zu beachten, daß einem geringeren Eingang von Sozialversicherungsbeiträgen bei Entfallen der Haftung für solche Beiträge künftige Einnahmen an Sozialversicherungsbeiträgen gegenüberstehen, wenn eine Sanierung und Fortführung des Unternehmens durch den Wegfall der Haftung ermöglicht wird.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Sozialversicherung, Beiträge (Sozialversicherung), Haftung, Insolvenzrecht, Finanzverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1996:G1381.1995

Dokumentnummer

JFR_10038870_95G01381_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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