TE Vfgh Beschluss 2005/2/28 B455/04, G43/04

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Veröffentlicht am 28.02.2005
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Index

10 Verfassungsrecht
10/07 Verfassungsgerichtshof, Verwaltungsgerichtshof

Norm

B-VG Art140 Abs1 / Individualantrag
B-VG Art144 Abs2
BundesvergabeG 2002 §175, §185
VfGG §88

Spruch

I. Die Behandlung der Beschwerde wird abgelehnt.

Die Beschwerdeführerin ist schuldig, der beteiligten Partei, BDC EDV-Consulting GmbH, zuhanden ihrer Rechtsvertreter, CMS Reich-Rohrwig Hainz Rechtsanwälte, 1010 Wien, Ebendorferstraße 3, die mit Euro 2.160,-- bestimmten Kosten des Verfahrens binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

II. Der Individualantrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. Der Verfassungsgerichtshof kann die Behandlung einer Beschwerde in einer nicht von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossenen Angelegenheit ablehnen, wenn sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat oder von der Entscheidung die Klärung einer verfassungsrechtlichen Frage nicht zu erwarten ist (Art144 Abs2 B-VG). Eine solche Klärung ist dann nicht zu erwarten, wenn zur Beantwortung der maßgebenden Fragen spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen nicht erforderlich sind.

Die vorliegende Beschwerde rügt die Verletzung in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten. Nach den Beschwerdebehauptungen wären diese Rechtsverletzungen aber zum erheblichen Teil nur die Folge einer - allenfalls grob - unrichtigen Anwendung des einfachen Gesetzes. Die Beschwerdeführerin hat es verabsäumt, einen Teilnahmeantrag nach §165 Abs2 BVergG zu stellen und wurde daher vom BVA nicht als Partei behandelt. Zu der in der Beschwerde aufgeworfenen Frage, ob eine Parteistellung allenfalls auch aus anderen Bestimmungen abzuleiten ist und ob das Verfahren allenfalls an sonstigen Mängeln leidet, sind spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen nicht anzustellen.

Soweit die Beschwerde aber insofern verfassungsrechtliche Fragen berührt, als die Rechtswidrigkeit der §§175 Abs1 und 2 und 185 BVergG oder Teilen davon behauptet wird, lässt ihr Vorbringen die Verletzung in einem Recht wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat. Die gegen diese Bestimmungen geäußerten Bedenken lassen nicht erkennen, gegen welche Verfassungsbestimmung die genannten Bestimmungen verstoßen sollten. Soweit die Bedenken sich aber auf die mangelnde Behandlung der Beschwerdeführerin als Partei beziehen, gehen sie von der unrichtigen Prämisse aus, das BVergG sehe im Nachprüfungsverfahren keine Parteistellung für Bieter vor, denen zuvor der Zuschlag erteilt worden ist (§165 Abs2 BVergG).

Die Angelegenheit ist auch nicht von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossen. Demgemäß wurde beschlossen, von einer Behandlung der Beschwerde abzusehen (§19 Abs3 Z1 VfGG).

Die Kostenentscheidung gründet auf §88 VfGG. Vor dem Hintergrund des vorliegenden Falles ist die Ablehnung der Beschwerdebehandlung dem Unterliegen des Beschwerdeführers iSd §88 VfGG gleichzuhalten. Im zugesprochenen Betrag ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 360,-- enthalten.

II. 1. Im Hinblick auf die Zulässigkeit von Individualanträgen hat der Verfassungsgerichtshof seit dem Beschluss VfSlg. 8009/1977 in ständiger Rechtsprechung den Standpunkt vertreten, die Antragslegitimation nach Art140 Abs1 B-VG setze voraus, dass durch die bekämpfte Bestimmung die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potenziell, sondern aktuell beeinträchtigt werden müssen und dass der durch Art140 Abs1 B-VG dem einzelnen eingeräumte Rechtsbehelf dazu bestimmt ist, Rechtsschutz gegen rechtswidrige generelle Normen nur insoweit zu gewähren, als ein anderer zumutbarer Weg hiefür nicht zur Verfügung steht (vgl. VfSlg. 13.870/1994, VfGH 11.12.2003, G108/03, VfSlg. 17.093/2003 ua.).

Ein solcher - die Antragslegitimation ausschließender - zumutbarer Weg besteht grundsätzlich dann, wenn ein gerichtliches oder verwaltungsbehördliches Verfahren bereits anhängig ist, das den von der generellen Rechtsnorm Betroffenen letztlich Gelegenheit bietet, die Einleitung eines amtswegigen Normprüfungsverfahrens beim Verfassungsgerichtshof anzuregen; eine Ausnahme besteht nur für den Fall besonderer, außergewöhnlicher Umstände. Mit einem Individualantrag nach Art140 Abs1 B-VG soll daher keinesfalls eine Doppelgleisigkeit des Rechtsschutzes eröffnet werden, die mit dem Charakter des Individualantrages eines bloß subsidiären Rechtsbehelfs nicht im Einklang stünde (vgl. VfSlg. 16.332/2001 mwN).

Dass die Beschwerdeführerin neben ihrem Individualantrag auch in der mit dem Antrag verbundenen Beschwerde die Prüfung derselben Bestimmungen von Amts wegen anregt, zeigt, dass ein zumutbarer Weg besteht, Normbedenken an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen. Schon aus diesem Grunde ist daher der Individualantrag unzulässig.

2. Diese - im Spruchpunkt II. gefasste - Entscheidung konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Schlagworte

VfGH / Individualantrag, VfGH / Beteiligter, VfGH / Kosten, Vergabewesen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2005:B455.2004

Dokumentnummer

JFT_09949772_04B00455_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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