RS Vfgh 1997/6/12 B20/96

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Veröffentlicht am 12.06.1997
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Index

L9 Sozial- und Gesundheitsrecht
L9200 Altenheime, Pflegeheime, Sozialhilfe

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz Durchschnittsbetrachtung
B-VG Art7 Abs1 / Gesetz Härtefall
B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
B-VG Art144 Abs1 / Legitimation
ZPO §35 Abs1
Wr SozialhilfeG §3
Wr SozialhilfeG §15
Wr SozialhilfeG §31

Leitsatz

Keine willkürliche bzw gleichheitswidrige Gesetzesauslegung durch Abweisung eines Antrags auf Ersatz der Pflegekosten für die Unterbringung des Vaters des Zweitbeschwerdeführers in einem privaten Pflegeheim mit Zimmern für Ehegatten; keine Verpflichtung des Gesetzgebers zur Sicherstellung der gemeinsamen Pflege von Ehepartnern im Rahmen der Sozialhilfe im Sinne einer zulässigen Durchschnittsbetrachtung und aufgrund der Inkaufnahme von Härtefällen

Rechtssatz

Zurückweisung der erst nach dem Tod des Erstbeschwerdeführers (auch) in dessen Namen erhobenen Beschwerde betreffs Ersatz von Pflegekosten.

Mit dem Tod des Erstbeschwerdeführers endete auch dessen Parteifähigkeit; namens des Erstbeschwerdeführers konnte daher nach dessen Tod nicht mehr wirksam Beschwerde erhoben werden. Eine Richtigstellung der Parteibezeichnung auf die Verlassenschaft nach dem Erstbeschwerdeführer (bzw. in weiterer Folge auf den Erben) kommt aber deshalb nicht in Betracht, weil die vom Erstbeschwerdeführer dem einschreitenden Rechtsanwalt zur Erhebung einer Verfassungsbeschwerde erteilte Vollmacht weder als nach §35 Abs1 ZPO weitergeltend angesehen werden kann, wenn das Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof im Zeitpunkt des Todes noch gar nicht eingeleitet wurde, noch ein Fall der Vollendung eines angefangenen Geschäftes iS des §1022 ABGB vorliegt.

Es kann dem Gesetz keine Verpflichtung des Landes entnommen werden, über den zu erwartenden Pflegebedarf hinaus Verträge mit allen privaten Heimbetreibern zu schließen, um pflegebedürftigen Personen, die der Sozialhilfe bedürfen, ein uneingeschränktes Wahlrecht hinsichtlich ihres Pflegeplatzes einzuräumen. Auch aus §3 Wr SozialhilfeG (Rücksichtnahme auf die persönlichen, insbesondere auch auf familiäre Verhältnisse) können derart weitreichende Folgerungen nicht abgeleitet werden.

Im Hinblick auf §15 Abs2 Wr SozialhilfeG kann es auch nicht als willkürlich angesehen werden, wenn die belangte Behörde unter Zugrundelegung des Sachleistungsprinzips bei der Pflege einen Anspruch auf Geldleistungen zu diesem Zweck (in Form von Zuschüssen zur Inanspruchnahme von Pflege auf einem Pflegeplatz, der mangels Vertrages nicht als Sachleistung zur Verfügung gestellt werden kann) verneint hat.

Es ist nicht unsachlich, eine Verpflichtung des Landes Wien zum Abschluß von Verträgen mit privaten Betreibern von Pflegeheimen nur insoweit anzunehmen, als dies zur Deckung des Bedarfs unbedingt erforderlich ist. Es gibt keinen Verfassungsgrundsatz, der den Gesetzgeber oder die Vollziehung dazu verpflichtet, im Rahmen der Sozialhilfe Einrichtungen zur Pflege in solcher Menge und Qualität bereitzustellen, daß entweder der gemeinsame Aufenthalt oder gar die gemeinsame Pflege von Ehepartnern unter allen Umständen jederzeit sichergestellt werden kann.

Von Verfassungs wegen ist der Gesetzgeber nicht verpflichtet, im Rahmen der Sozialhilfe bei der Leistungserbringung die in jedem Einzelfall bestmögliche Lösung zu bieten und jedes möglichen Härtefalls zu gedenken.

Es ist daher auch die Gewährung der Pflege nur als Sachleistung mit der Konsequenz der Unzulässigkeit einer Geldleistung (und damit eines Zuschusses zur Inanspruchnahme anderweitiger Pflegeplätze) jedenfalls dann nicht unsachlich, wenn prinzipiell eine Unterbringungsmöglichkeit auf einem geeigneten Pflegeplatz innerhalb einer angemessenen Zeit (wenn auch getrennt von der Ehegattin) besteht. Eine Bereitschaft zu einer solchen Unterbringung wird in der Beschwerde in Ansehung des Erstbeschwerdeführers nicht bestritten und ist auch nach der Aktenlage nicht zu bezweifeln.

Entscheidungstexte

Schlagworte

VfGH / Legitimation, Sozialhilfe, Pflegekosten (Heimunterbringung), VfGH / Prozeßvollmacht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1997:B20.1996

Dokumentnummer

JFR_10029388_96B00020_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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