RS Vfgh 1997/6/14 B184/96, B324/96

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Veröffentlicht am 14.06.1997
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Index

32 Steuerrecht
32/06 Verkehrsteuern

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
StGG Art5
BewG 1955 §6
ErbStG 1955 §20
EStG 1988 §28 Abs5 idF vor StrukturanpassungsG 1996

Leitsatz

Keine willkürliche oder denkunmögliche Gesetzesanwendung bei Vorschreibung von Erbschaftssteuer ohne Abzug der Mietzinsrücklage bzw der darauf entfallenden latenten Steuer als Passivpost vom Vermögenserwerb; keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Rechtsgrundlagen des angefochtenen Bescheides im Bewertungsgesetz und im Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz sowie gegen die Erhebung von Einkommensteuer neben der Erbschaftssteuer

Rechtssatz

Aus der - verfassungsrechtlich unbedenklichen (s. VfSlg. 11664/1988) - Regelung des §6 BewG 1955 folgt, daß aufschiebend bedingte Lasten nicht vom Nachlaß abzugsfähig sind. Bei der in Rede stehenden Einkommensteuerschuld, die bei Auflösung der Mietzinsrücklage entsteht, handelt es sich um eine aufschiebend bedingte Last, weil sie nur dann anfällt, wenn die Mietzinsrücklage nicht widmungsgemäß mit Instandsetzungsaufwendungen gegenverrechnet wird (vgl. auch VwGH 30.8.1995, Zlen. 95/16/0172, 95/16/0173). Dem Gesetzgeber kann aber nicht entgegengetreten werden, wenn er hinsichtlich nicht sicher eintretender Steuerschulden eine Abzugsmöglichkeit vom Nachlaß nicht vorsieht (vgl. dazu VfSlg. 11664/1988).

Hinsichtlich einer Regelung, welche Schulden und Lasten nur dann als vom Nachlaß abzugsfähig bewertet, wenn diese Lasten (Schulden) bereits im Zeitpunkt der Entstehung der Steuerschuld bestanden haben, bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken.

Das gilt umso mehr, als der Erbe die Mietzinsrücklage - entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerinnen - keineswegs zwingend einkünfteerhöhend aufzulösen hat. Es begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn hinsichtlich einer Einkommensteuerbelastung, die erst nach dem für das Entstehen und die Wertermittlung der Erbschaftssteuer relevanten Stichtag anfällt und deren Entstehen der Erbe überdies maßgeblich beeinflussen kann, keine Abzugsmöglichkeit als latente Steuer vorgesehen ist (vgl. dazu auch VfSlg. 11664/1988). Dies entspricht auch dem Wesen der Erbschaftssteuer, welche auf dem Stichtagsprinzip basiert. Nach Ansicht des Gerichtshofes ist es auch nicht unsachlich, daß §20 Abs5 ErbStG 1955 den Abzug von Schulden und Lasten, die in wirtschaftlicher Beziehung zu nicht steuerbaren Teilen des Erwerbes stehen, ausschließt. Dem Gesetzgeber steht es frei, eine Abzugsmöglichkeit nur für jene Schulden und Lasten zu normieren, die sich wirtschaftlich und rechtlich auf das überhaupt der Besteuerung unterworfene Vermögen beziehen.

Vor dem Hintergrund der Judikatur des Gerichtshofes zu den gerügten Grundrechtsverletzungen hält der Verfassungsgerichtshof den Nichtabzug der Mietzinsrücklage bzw. der darauf entfallenden Einkommensteuer als abzugsfähige latente Einkommensteuerschuld vom Vermögenserwerb auch dann nicht für verfassungsrechtlich bedenklich, wenn beim Erben in der Folge durch die Auflösung der Mietzinsrücklage eine Einkommensteuerbelastung anfällt bzw. die widmungsgemäße Gegenverrechnung mit Instandsetzungsaufwendungen und Verlusten einkommensteuererhöhende Auswirkungen hat. Diese (sich möglicherweise ergebenden) zusätzlichen Steuerbelastungen sind in Zusammenhang mit der seinerzeitigen Einkommensteuerersparnis und dem erlangten Steuervorteil - mit der Bildung des steuerfreien Betrages wird eine Stundungswirkung erzielt - beim Erblasser zu sehen. In den Beschwerdefällen findet also eine Nachbesteuerung eines für ein bestimmtes Gebäude zunächst steuerfrei gebliebenen Ertrages statt, die - da das Gebäude weitervererbt wurde - beim Rechtsnachfolger vorzunehmen ist. Zu beachten ist auch der Umstand, daß es der Erbe durchaus beeinflussen kann, ob und in welcher Höhe die Einkommensteuerschuld anfällt, weshalb von einer verfassungswidrigen Doppelbelastung keinesfalls die Rede sein kann.

Der Verfassungsgerichtshof hat aber auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn die Einkommensteuer neben der Erbschaftssteuer erhoben wird. Es kann nicht als unsachlich bezeichnet oder als verfassungswidriger Eingriff in das Eigentumsrecht gewertet werden, wenn bei Auflösung der in Rede stehenden Mietzinsrücklagen Vermögensbestandteile ein zweites Mal besteuert werden, wenn sich die Besteuerung jeweils auf verschiedene Vorgänge gründet (vgl. dazu auch VfSlg. 10827/1986).

Entscheidungstexte

Schlagworte

Erbschafts- und Schenkungssteuer, Bewertung, Einkommensteuer, Einkunftsarten Vermietung und Verpachtung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1997:B184.1996

Dokumentnummer

JFR_10029386_96B00184_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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