TE Vfgh Beschluss 2005/3/4 B111/05

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Veröffentlicht am 04.03.2005
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Index

L1 Gemeinderecht
L1000 Gemeindeordnung

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Legitimation
Stmk GdO 1967 §43, §44, §45
VfGG §18

Leitsatz

Zurückweisung der Beschwerde einer Gemeinde betreffend ein Elektrizitätswerk mangels innerhalb der Beschwerdefrist gefassten Beschlusses des nach der Steiermärkischen Gemeindeordnung hiefür zuständigen Gemeinderates

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Eventualantrag auf Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wird abgewiesen.

Begründung

Begründung:

1. Die vorliegende, am 26. Jänner 2005 zur Post gegebene und auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde einer Gemeinde richtet sich gegen einen - gemäß dem Beschwerdevorbringen - jedenfalls nach dem 15. Dezember 2004 der Gemeinde zugestellten Bescheid.

2. Gemäß §43 Abs1 der Steiermärkischen Gemeindeordnung 1967, LGBl. Nr. 115/1967 idF LGBl. Nr. 57/2002 (in der Folge kurz: Stmk. GemO), obliegt dem Gemeinderat "die Beschlussfassung über alle zum eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde gehörigen Angelegenheiten, soweit diese nicht gesetzlich ausdrücklich anderen Organen der Gemeinde vorbehalten sind". Da aus der vorliegenden Beschwerde nicht hervorging, ob ihre Einbringung auf einen entsprechenden Beschluss des Gemeinderates beruht, forderte der Verfassungsgerichtshof die beschwerdeführende Gemeinde unter Androhung von Säumnisfolgen auf, innerhalb von vier Wochen den Nachweis des Beschlusses durch einen diesbezüglichen Auszug aus dem Sitzungsprotokoll des zuständigen Gemeindeorgans vorzulegen.

3. Mit Schriftsatz vom 14. Februar 2005 brachte die beschwerdeführende Gemeinde Folgendes vor:

"Die Beschwerdeführerin erlaubt sich darauf hinzuweisen, dass für die Einbringung der gegenständlichen Beschwerde ein Gemeinderatsbeschluss nicht vorliegt, ein solcher aber auch nicht erforderlich ist.

Die Beschwerdeführerin ist im gegenständlichen Fall als Bergwerksberechtigte und Betreiberin eines Schaubergwerks rein privatwirtschaftlich tätig.

Gemäß §45 Abs2 litc Steiermärkische Gemeindeordnung obliegt die laufende Verwaltung insbesondere hinsichtlich des Gemeindeeigentums dem Bürgermeister. Gemäß §43 Abs2 litd Steiermärkische Gemeindeordnung kann der Gemeinderat durch Verordnung einzelne Agenden dem Gemeindevorstand übertragen, so auch das Einschreiten bei Gericht und Verwaltungsbehörden, sofern dies nicht zur laufenden Verwaltung (§45 Abs2 litc) gehört, die Bestellung von Rechtsvertretern, sowie Stellungnahmen im Anhörungsverfahren in bestimmten Angelegenheiten.

Aus diesen Bestimmungen ergibt sich somit, dass grundsätzlich der Bürgermeister für die laufende Verwaltung, insbesondere hinsichtlich des Gemeindeeigentums - dies ist das gegenständliche Bergwerk - zuständig ist, somit auch für das Einschreiten bei Gerichten und Verwaltungsbehörden, samt der Bestellung von Rechtsvertretern im Rahmen der laufenden Verfahren."

4. Die Auffassung der beschwerdeführenden Gemeinde, dass zur Erhebung einer Verfassungsgerichtsbeschwerde ein Gemeinderatsbeschluss nicht erforderlich sei, ist verfehlt:

§43 bis §45 Stmk.GemO lauten folgendermaßen:

"§43

Wirkungskreis des Gemeinderates

(1) Dem Gemeinderat obliegt die Beschlußfassung über alle zum eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde gehörigen Angelegenheiten, soweit diese nicht gesetzlich ausdrücklich anderen Organen der Gemeinde vorbehalten sind.

(2) Der Gemeinderat kann, sofern dies im Interesse der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis gelegen ist, das ihm zustehende Beschlußrecht in nachstehenden Angelegenheiten durch Verordnung dem Gemeindevorstand übertragen:

a) [...]

d) das Einschreiten bei Gerichten und Verwaltungsbehörden, sofern dies nicht zur laufenden Verwaltung (§45 Abs2 litc) gehört, die Bestellung von Rechtsvertretern sowie Stellungnahmen im Anhörungsverfahren in bestimmten Angelegenheiten;

e) [...]

§44

Wirkungskreis des Gemeindevorstandes

(1) Dem Gemeindevorstand obliegt:

a) [...]

e) die Verwaltung der öffentlichen Einrichtungen und wirtschaftlichen Unternehmungen der Gemeinde, ausgenommen die laufende Verwaltung (§45 Abs2 litc);

f) [...]

§45

Wirkungskreis des Bürgermeisters

(1) Der Bürgermeister vertritt die Gemeinde nach außen. [...]

(2) Dem Bürgermeister obliegen:

a) [...]

c) die laufende Verwaltung, insbesondere hinsichtlich des Gemeindeeigentums;

d) [...]"

Ausgehend von seiner bisherigen Rechtsprechung hat der Verfassungsgerichtshof erst jüngst in seinem Beschluss vom 8. Juni 2004, B70/04, seine Auffassung bekräftigt, dass gemäß der Stmk. GemO die Erhebung einer Beschwerde nach Art144 B-VG dem Gemeinderat vorbehalten sei. Dies gilt auch für den vorliegenden Fall, da gemäß §43 Abs2 litd Stmk. GemO das Beschlussrecht über "das Einschreiten bei Gerichten und Verwaltungsbehörden, sofern dies nicht zur laufenden Verwaltung (§45 Abs2 litc) gehört" und "die Bestellung von Rechtsvertretern [...] in bestimmten Angelegenheiten" dem Gemeinderat zusteht, wenn er diese Kompetenzen nicht durch Verordnung dem Gemeindevorstand überträgt, was - wie dem Vorbringen im Schriftsatz vom 14. Februar 2005 zu entnehmen ist - hier nicht geschehen ist.

Die Erhebung einer Beschwerde nach Art144 B-VG an den Verfassungsgerichtshof kann im vorliegenden Fall - entgegen der Behauptung der beschwerdeführenden Gemeinde - schon deshalb nicht als "laufende Verwaltung" iSd §45 Abs2 litc Stmk. GemO in den Aufgabenbereich des Bürgermeisters fallen, weil für die Beschwerdeerhebung ein Rechtsvertreter zu bestellen ist und sich auf den Tatbestand des §43 Abs2 litd zweite Alt. Stmk. GemO ("Bestellung von Rechtsvertretern") der einschränkende Hinweis auf die "laufende Verwaltung" gemäß dem eindeutigen Wortlaut nicht bezieht (vgl. ausführlich VfGH 8.6.2004, B70/04).

Die beschwerdeführende Gemeinde teilte in ihrem Schriftsatz vom 14. Februar 2005 mit, dass ein entsprechender Gemeinderatsbeschluss für die Einbringung der vorliegenden Beschwerde bislang nicht gefasst worden sei. Da nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes der Beschwerde nach Art144 B-VG ein innerhalb der Beschwerdefrist gefasster Beschluss des dafür zuständigen Gemeinderates zugrunde zu liegen hat (VfSlg. 10.646/1985, 13.792/1994, 14.583/1996, 15.563/1999 sowie zuletzt VfGH 8.6.2004, B70/04), war auf das Ersuchen der beschwerdeführenden Gemeinde auf Fristverlängerung zur nachträglichen Fassung eines Gemeinderatsbeschlusses nicht mehr einzugehen und die vorliegende Beschwerde daher als unzulässig zurückzuweisen.

5. Der Antrag, die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abzutreten, war abzuweisen, da eine solche Abtretung nur im Fall einer abweisenden Sachentscheidung oder Ablehnung der Beschwerdebehandlung in Betracht kommt.

Im Hinblick auf das vorliegende Verfahrensergebnis erübrigt sich das Eingehen auf den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

6. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 litc und e VfGG ohne weiteres Verfahren und ohne vorangegangene Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Schlagworte

Energierecht, Elektrizitätswesen, Gemeinderecht, Gemeindevorstand, Bürgermeister, Vertretung nach außen, VfGH / Legitimation, VfGH / Mängelbehebung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2005:B111.2005

Dokumentnummer

JFT_09949696_05B00111_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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