TE Vfgh Beschluss 2005/3/4 B728/04

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Veröffentlicht am 04.03.2005
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Index

L7 Wirtschaftsrecht
L7200 Beschaffung, Vergabe

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Gegenstandslosigkeit
Stmk Vergabe-NachprüfungsG §6, §8 Abs2
VfGG §86
VfGG §88

Leitsatz

Einstellung des Beschwerdeverfahrens gegen die Zurückweisung eines Antrags auf Teilnahme am Nachprüfungsverfahren als verspätet in Folge materieller Klaglosstellung durch Stattgabe des in der mündlichen Verhandlung neuerlich gestellten Teilnahmeantrags; kein Kostenzuspruch

Spruch

Die Beschwerde wird als gegenstandslos erklärt und das Verfahren eingestellt.

Kosten werden nicht zugesprochen.

Begründung

Begründung:

I. 1. Das Amt der Steiermärkischen Landesregierung führte im Auftrag des Landes Steiermark ein Vergabeverfahren in Form des Verhandlungsverfahrens mit vorheriger Bekanntmachung betreffend "Beschaffung, Betrieb und Wartung von Druckern samt Verbrauchsmaterialien für die Dienststellen des Landes Steiermark auf Basis einer pauschalen Kostenabrechnung" durch. Als Ergebnis des Verfahrens wurde das Anbot der Beschwerdeführerin für die Zuschlagserteilung ausgewählt. Diese Entscheidung wurden den Bietern am 30. März 2004 zeitgleich mitgeteilt. Die Auftraggeberin setzte am 9. April 2004 die Beschwerdeführerin von der Einbringung des Nachprüfungsantrages der Mitbieterin Lexmark HandelsgesmbH in Kenntnis. Am 15. April 2004 langte der Teilnahmeantrag der Beschwerdeführerin beim Unabhängigen Verwaltungssenat für die Steiermark (UVS) per Fax ein.

Mit Bescheid vom 13. Mai 2004 wies der UVS den Antrag auf Teilnahme am Nachprüfungsverfahren als verspätet zurück. Die Zurückweisung wurde damit begründet, dass gemäß §8 Abs2 Steiermärkisches Vergabenachprüfungsgesetz, Stmk. LGBl. Nr. 43/2003 (StVergNaG), ein Teilnahmeantrag unzulässig ist, wenn er nicht innerhalb der in den §§6 Abs2 oder 4 und 10 genannten Fristen gestellt werde. Es seien dies die einwöchige Frist nach §6 Abs2 StVergNaG und die vierzehntägige Stillhaltefrist gemäß §10 StVergNaG iVm §100 Abs2 Bundesvergabegesetz (BVergG).

Die Mitteilung der Zuschlagserteilung durch den Auftraggeber sei am 30. März 2004 erfolgt, der Teilnahmeantrag sei jedoch erst am 15. April 2004 eingebracht worden. Die Stillhaltefrist habe aber bereits am 13. März 2004 geendet.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, in der die Verletzung in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes, nämlich des §8 Abs2 Z2 StVergNaG bzw. der Wortfolge "und 10" in dieser Bestimmung, behauptet wird.

2. Die Bestimmung des §8 Abs2 Z2 StVergNaG lautet folgendermaßen:

"(2) Der Antrag ist in folgenden Fällen unzulässig:

...

2. wenn er nicht innerhalb der in den §§6 Abs2 oder 4 und 10 genannten Fristen oder in der mündlichen Verhandlung gestellt wird.

..."

Nach §6 Abs2 StVergNaG erlangt ein Bieter, dessen rechtliches Interesse durch die Entscheidung des UVS unmittelbar berührt wird, Parteistellung im Nachprüfungsverfahren, wenn er spätestens binnen einer Frist von einer Woche nach der Verständigung von der Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens einen Teilnahmeantrag stellt. §6 Abs4 StVergNaG betrifft die Parteistellung im Feststellungsverfahren. §10 Abs1 StVergNaG bestimmt, dass Anträge auf Nachprüfung vor Zuschlagserteilung beim UVS innerhalb der in der Anlage genannten Fristen einzubringen sind. Damit ist die Stillhaltefrist nach Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung gemeint, welche 14 Tage beträgt (§100 Abs3 BVergG).

3. Die belangte Behörde verfasste eine Gegenschrift, in der sie ausführt, dass die Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung vom 3. Juni 2004 neuerlich einen Teilnahmeantrag gestellt habe, dem stattgegeben wurde. Die Beschwerdeführerin sei nicht beschwert, da sie volle Parteistellung im Nachprüfungsverfahren erlangt habe.

Die Beschwerdeführerin nahm in ihrer Gegenäußerung vom 17. Jänner 2005 zu diesem Vorbringen Stellung. Sie bestritt nicht, dass ihr in der mündlichen Verhandlung vom 3. Juni 2004 gestellter Teilnahmeantrag zur Erlangung der Parteistellung im Nachprüfungsverfahren geführt hat; sie meint aber, dass sie nach wie vor durch den angefochtenen Bescheid beschwert sei, da dieser mit gebührenrechtlichen Folgen verbunden war: Die Beschwerdeführerin habe den ersten (zurückgewiesenen) Teilnahmeantrag mit EURO 800,-- vergebührt und müsse für ihren mündlichen Teilnahmeantrag neuerlich die Gebühr entrichten. Durch den angefochtenen Bescheid sei sie veranlasst worden, einen zweiten Teilnahmeantrag zu stellen und diesen nochmals zu vergebühren. Im Falle der Stattgebung der Beschwerde sei eine der beiden Gebühren an sie zurück zu überweisen. Auch bestehe keine Möglichkeit, Kostenersatz für die zweimal bezahlte Gebühr von der Antragstellerin im Nachprüfungsverfahren zu erhalten.

II. Das verfassungsgerichtliche Beschwerdeverfahren ist einzustellen:

1. Ziel der Beschwerde war es, durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides Parteistellung im Nachprüfungsverfahren zu erlangen. Durch die neuerliche Antragstellung in der mündlichen Verhandlung hat die Beschwerdeführerin dieses Ziel trotz Zurückweisung des ersten Teilnahmeantrages erreicht. Dies kommt einer Klaglosstellung gleich.

2. Daran können auch die gebührenrechtlichen Folgen nichts ändern. Die Gebührenpflicht für den Teilnahmeantrag besteht unabhängig von seiner Zulässigkeit. Selbst eine Aufhebung des angefochtenen Bescheides würde demnach an der Vergebührung des Antrags nichts ändern. Ob die (sich im Falle einer Aufhebung des Bescheides als nicht notwendig erweisende) bloße Wiederholung des Teilnahmeantrages überhaupt gebührenpflichtig ist und ob - unter welchen Voraussetzungen immer - der Antragsteller im Nachprüfungsverfahren zweimal die Gebühr zu ersetzen hat, ist nicht Gegenstand der Beschwerde und wäre auch nicht die Folge einer allfälligen Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Infolge der durch die Stattgabe des zweiten Teilnahmeantrages bewirkten (materiellen) Klaglosstellung war die Beschwerde gemäß §86 VfGG daher als gegenstandslos geworden zu erklären und das Beschwerdeverfahren einzustellen.

III. 1. Da ein Fall der Klaglosstellung iSd §88 VfGG nicht vorliegt, kommt ein Kostenzuspruch an die beschwerdeführende Partei nicht in Betracht (VfSlg. 12.254/1990, 16.251/2001, VfGH 8.6.2004, B1369/01 ua.).

2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs3 Z2 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Schlagworte

Vergabewesen, Parteistellung Vergabewesen, VfGH / Gegenstandslosigkeit, VfGH / Klaglosstellung, VfGH / Kosten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2005:B728.2004

Dokumentnummer

JFT_09949696_04B00728_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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