RS Vfgh 1999/3/10 WI-1/98

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 10.03.1999
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Index

L1 Gemeinderecht
L1000 Gemeindeordnung

Norm

B-VG Art117 Abs5
B-VG Art141 Abs1 litb
VfGG §68 Abs1
Krnt Allgemeine GemeindeO 1998 §21
Krnt Allgemeine GemeindeO 1993 §23a, §24

Leitsatz

Rechtswidrigkeit der Wahl der Vizebürgermeister und sonstiger Mitglieder eines Gemeindevorstands; Abgabe von Wahlvorschlägen der Fraktionen sowie Fraktionswahl durch Gewählterklärung des Bürgermeisters nicht auf der Tagesordnung

Rechtssatz

Rechtzeitigkeit der Wahlanfechtung.

Mit Rücksicht auf die Rechtsschutzverheißung des Art141 Abs1 litb B-VG ist davon auszugehen, dass die Wahl der Vizebürgermeister und sonstigen Mitglieder (Ersatzmitglieder) des Stadtrats der Gemeinde Wolfsberg, soweit sie vor der Unterbrechung der Sitzung des Gemeinderats am 06.05.97 erfolgte, erst mit der Angelobung dieser Stadtratsmitglieder am 07.01.98 abgeschlossen war.

Die im Erkenntnis vom 12.12.97, WI-1/97 getroffene Aussage, dass "es sich bei der gemäß §24 Abs1 und 2 Krnt Allgemeine GemeindeO 1993 durchgeführten (Fraktions-)Wahl um ein abgeschlossenes Wahlverfahren" handelte, hat - im Zusammenhang gelesen - lediglich den Sinn und die argumentative Bedeutung, der Behauptung entgegen zu treten, wonach die Fraktionswahl am 06.05.97 "keine rechtliche Wirkung" hatte und "daher als absolut nichtiger Akt zu werten" war.

Die am 06.05.97 vor der Unterbrechung der Sitzung des Gemeinderats der Gemeinde Wolfsberg durch Erklärung des Bürgermeisters stattgefundene Wahl der Vizebürgermeister und der sonstigen Mitglieder (Ersatzmitglieder) des Stadtrats der Gemeinde Wolfsberg wird aufgehoben.

Da die Unterschriften der Angehörigen der jeweils anspruchsberechtigten Gemeinderatspartei auf ihrem Wahlvorschlag dem dritten Satz des §24 Abs2 Krnt Allgemeine GemeindeO 1993 zufolge "im Rahmen der Gemeinderatssitzung zu leisten" sind und die Gewählterklärung durch den Vorsitzenden dem vierten Satz der zitierten Bestimmung zufolge gültige Wahlvorschläge voraussetzt, bedarf es zur Durchführung beider Teilakte der Fraktionswahl der Mitglieder des Gemeindevorstands eines entsprechenden Tagesordnungspunkts für die Sitzung des Gemeinderats, in der die Fraktionswahl stattfinden soll (siehe VfSlg. 12398/1990).

Im Wege verfassungskonformer Auslegung (auch im Hinblick auf §21 Abs1a Krnt Allgemeine GemeindeO 1998, LGBl. Nr. 66) wird Art117 Abs5 B-VG zufolge davon auszugehen sein, dass die für die Gemeindevorstandswahl durch Fraktionswahl vorgesehene, "auf die Wahl des Bürgermeisters folgende Sitzung des Gemeinderates" (im Sinn des §24 Abs7a Krnt Allgemeine GemeindeO 1993) erst jene Gemeinderatssitzung ist, deren Tagesordnung die Fraktionswahl des Gemeindevorstands vorsieht und damit ermöglicht. Die Rechtsfolge der Mehrheitswahl der Mitglieder des Gemeindevorstands gemäß der dargestellten Vorschrift des §24 Abs7a Krnt Allgemeine GemeindeO 1993 tritt wegen Art117 Abs5 B-VG erst ein, wenn auf Grund eines entsprechenden Tagesordnungspunkts für die Gemeinderatsparteien die rechtliche Möglichkeit bestand, die Mitglieder des Gemeindevorstands durch Fraktionswahl zu bestimmen, und sie - aus welchen Gründen immer - kraft eigenem Entschluss von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch machten.

In der Sitzung des Gemeinderats am 20.03.97 kam es schon mangels eines entsprechenden Tagesordnungspunkts zu keiner Wahl der Mitglieder des Stadtrats. Die betreffende Sitzung wurde auch nicht unterbrochen oder zur Fortsetzung auf einen anderen Termin erstreckt. Mangels eines entsprechenden Tagesordnungspunkts war die bei dieser Sitzung stattgefundene Abgabe von Wahlvorschlägen (der ÖVP- und FPÖ-Gemeinderatsfraktionen) rechtswidrig.

Aber auch die Fraktionswahl durch Gewählterklärung des Bürgermeisters am 06.05.97 war durch die Tagesordnung der an jenem Tag stattgefundenen Sitzung des Gemeinderats nicht gedeckt und daher rechtswidrig.

Einfluss der Rechtswidrigkeiten auf das Wahlergebnis.

Entscheidungstexte

  • W I-1/98
    Entscheidungstext VfGH Erkenntnis 10.03.1999 W I-1/98

Schlagworte

VfGH / Fristen, VfGH / Wahlanfechtung, Wahlen, Gemeindevollziehungsorgane, Gemeindevorstand, Fraktionswahlrecht, Gemeinderecht, Gemeinderat, Auslegung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1999:WI1.1998

Dokumentnummer

JFR_10009690_98W00I01_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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