RS Vfgh 1999/10/2 B1620/97

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Veröffentlicht am 02.10.1999
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Index

L3 Finanzrecht
L3701 Getränkeabgabe, Speiseeissteuer

Norm

B-VG Art18 Abs2
B-VG Art118 Abs2
GetränkesteuerV der Marktgemeinde Wartberg / Krems vom 14.12.90
GetränkesteuerV der Marktgemeinde Wartberg / Krems vom 27.02.92
F-VG 1948 §7 Abs5
F-VG 1948 §8 Abs6
FAG 1989 §14 Abs1 Z7
FAG 1989 §14 Abs2 idF BGBl 693/1991
FAG 1989 §15
FAG 1989 §15 Abs6 idF BGBl 693/1991
FAG 1989 §17
Oö Gemeinde-GetränkesteuerG 1950 §2a Abs3
Oö GemeindeO 1979 §76
Oö GemeindeO 1979 §94

Leitsatz

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch eine Getränkesteuernachforderung; keine Bedenken gegen die dem Bescheid zugrundeliegenden Getränkesteuerverordnungen; keine Gesetzwidrigkeit trotz verfehlter Wortwahl; Verweis auf gesetzliche Grundlage angesichts des freien Beschlußrechts der Gemeinde aufgrund der Finanzverfassung nicht erforderlich; keine Verfassungswidrigkeit der rückwirkenden Inkraftsetzung der zweiten Getränkesteuerverordnung aufgrund finanzausgleichsgesetzlicher Deckung der Rückwirkung; kein Verstoß gegen das Erfordernis der Bezeichnung der Angelegenheit als eine des eigenen Wirkungsbereichs der Gemeinde aufgrund ausdrücklicher Bestimmung im Finanzausgleich; ausreichende gesetzliche Deckung; materielle Derogation der früheren durch die spätere Verordnung

Rechtssatz

Verordnungscharakter der Kundmachung des Gemeinderates der Marktgemeinde Wartberg/Krems betreffend die "Festsetzung der Hebesätze ... der Gemeindegetränkesteuer".

Finanzverfassungsrechtliche Grundlage des freien Beschlußrechts der Gemeinde hinsichtlich der Getränkesteuer in §7 Abs5 und §8 Abs6 F-VG 1948.

Im Hinblick auf die Zuständigkeitsnorm des §8 Abs1 F-VG 1948 ist die Landesgesetzgebung nicht gehindert, gesetzliche Regelungen auch auf dem Gebiet von solchen ausschließlichen Gemeindeabgaben zu treffen, die der Bundesgesetzgeber gemäß §7 Abs5 F-VG dem freien Beschlußrecht der Gemeinden anheim gestellt hat, soferne derartige Regelungen die bundesgesetzlich erteilte Ermächtigung lediglich konkretisieren und nicht einschränken (VfSlg. 2170/1951, 8099/1977, 10.738/1985, 11.273/1987, 11.294/1987 ua.). Ab Inkrafttreten eines solchen Landesgesetzes hat die Abgabenerhebung der Gemeinde nach Maßgabe der landesgesetzlichen Vorschriften zu erfolgen und die Verordnung der Gemeinde ist im zeitlichen und sachlichen Geltungsbereich des Landesgesetzes unanwendbar. Andererseits enthebt eine solche landesgesetzliche Regelung die Gemeinde der Notwendigkeit, selbst die für die Abgabenerhebung erforderliche materiellrechtliche Regelung durch Gemeindeverordnung zu treffen, so daß sich die Gemeinde in diesem Fall bei Ausübung ihres freien Beschlußrechtes auf das "Ob" der Abgabenerhebung beschränken kann.

Die in §76 Abs4 der Oö GemeindeO 1979 vorgesehenen Beschlüsse sind solche, die die Gemeinde in Ausübung der ihr durch §15 FAG erteilten Ermächtigungen fassen darf; diese Beschlüsse sind nicht Teil des - bloß Innenwirkung entfaltenden - Gemeindevoranschlages und ihre Rechtswirksamkeit ist daher nach den für Gemeindeverordnungen allgemein geltenden Vorschriften zu beurteilen (vgl. auch VwGH 5.12.1991, Zl. 91/17/0110).

Ungeachtet der verfehlten Wortwahl ("Hebesätze") ist dem Beschluß der eindeutige Wille des Verordnungsgebers zu entnehmen, die Getränkesteuer sowie Abgaben für Speiseeis in der vom FAG vorgesehenen Höhe zu erheben. Eine darüber hinausgehende materiellrechtliche Regelung durch die Gemeinde war im Hinblick auf die in Gestalt des Oö Gemeinde-GetränkesteuerG, LGBl. 15/1950 in der jeweils geltenden Fassung, vorhandene landesgesetzliche Regelung weder erforderlich noch sinnvoll, könnte doch eine solche Regelung auf Ebene der Gemeinde einer landesgesetzlichen Regelung nicht derogieren. Verweis auf landesgesetzliche Regelung nicht erforderlich.

Keine Verfassungswidrigkeit der rückwirkenden Inkraftsetzung der GetränkesteuerV der Marktgemeinde Wartberg/Krems vom 27.02.92.

Der Verfassungsgerichtshof ist zwar nicht der Auffassung, daß diese Rückwirkung durch die in der Verordnung zitierte Bestimmung des ArtII, §1 des FAG (gemeint ist offenbar die FAG-Novelle BGBl. 693/1991) gedeckt ist, weil diese hinsichtlich der Getränkesteuer lediglich den Entfall des §14 Abs1 Z7 FAG 1989 anordnet, hält im vorliegenden Fall das rückwirkende Inkraftsetzen aber dennoch für unbedenklich: Bereits auf Grund des §15 Abs5 FAG 1989 (der durch BGBl. 693/1991 die Absatzbezeichnung 6 erhielt) dürfen Verordnungen der Gemeinden, die erst nach Inkrafttreten dieses Gesetzes erlassen werden, rückwirkend mit Inkrafttreten dieses Gesetzes in Kraft gesetzt werden. Der Verfassungsgerichtshof hat im Hinblick auf den ersichtlichen Zweck der Vorschrift, Rechtskontinuität zu wahren, keine Bedenken, diese Vorschrift sinngemäß auf Änderungen des FAG 1989 im Bereich des freien Beschlußrechtes anzuwenden, die eine Anpassung von Gemeindeverordnungen erfordern.

Kein Erfordernis der ausdrücklichen Bezeichnung des eigenen Wirkungsbereichs der Gemeinde in der GetränkesteuerV der Marktgemeinde Wartberg/Krems vom 27.02.92.

Bereits §17 FAG 1989 (ebenso auch §17 FAG 1993) bezeichnet ua. die in §15 Abs1 und 3 geregelten Aufgaben als solche des eigenen Wirkungsbereiches, wodurch (auch) die Erhebung der Getränkeabgabe durch die Gemeinde in verfassungsrechtlich einwandfreier Weise als Angelegenheit des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde bezeichnet ist. Landesgesetze, die eine solche Ermächtigung konkretisieren, regeln daher lediglich eine Angelegenheit, deren Zugehörigkeit zum eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde bereits feststeht (VfSlg. 9749/1983).

Die in §2a Abs3 Oö Gemeinde-GetränkesteuerG 1950 idF der Gemeinde-GetränkesteuerG-Nov 1966, LGBl. 12/1967 (welcher durch die Novelle LGBl. 28/1992 die Absatzbezeichnung 2 erhielt), angeführten Bestimmungen bilden eine ausreichende materiellrechtliche Grundlage, um - in Verbindung mit dem Erhebungsbeschluß der Gemeinde - eine Einhebung der Steuer auf Speiseeis in verfassungsrechtlich einwandfreier Weise zu gewährleisten.

Materielle Derogation der GetränkesteuerV vom 14.12.90 durch die Verordnung vom 27.02.92.

Kein Aufgreifen behaupteter Gemeinschaftsrechtswidrigkeit mangels Vorliegen einer Verfassungsverletzung; kein offenkundiger Widerspruch zum Gemeinschaftsrecht.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Finanzverfassung, Abgabenwesen, Abgaben Gemeinde-, Getränkesteuer Oberösterreich, Verordnung, Kundmachung, Verordnungsbegriff, Geltungsbereich (zeitlicher) einer Verordnung, Gemeinderecht, Wirkungsbereich eigener, EU-Recht, Derogation materielle

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1999:B1620.1997

Dokumentnummer

JFR_10008998_97B01620_2_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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