TE Vfgh Beschluss 2005/6/7 A24/04

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Veröffentlicht am 07.06.2005
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Index

63 Allgemeines Dienst- und Besoldungsrecht
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979

Norm

B-VG Art137 / Bescheid
B-VG Art137 / Liquidierungsklage
BDG 1979 §112
GehG 1956 §13

Leitsatz

Zurückweisung einer Klage gegen den Bund auf Auszahlung einbehaltener Bezugsbestandteile eines Universitätsprofessors; keine bloße Liquidierung von Bezügen angesichts der strittigen Rechtsfragen der Handhabung dienst- und besoldungsrechtlicher Bestimmungen im Zusammenhang mit der Suspendierung des Klägers

Spruch

Die Klage wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1. Unter Berufung auf Art137 B-VG begehrt der Kläger mit der am 28. Oktober 2004 eingelangten Klage, der Verfassungsgerichtshof möge aussprechen, der Bund als beklagte Partei sei schuldig, ihm den Betrag von EUR 8.324,90 samt 4 % Zinsen seit 22. Oktober 2004 sowie die Kosten des verfassungsgerichtlichen Verfahrens binnen 14 Tagen bei Zwang zu ersetzen.

In der Klage wird iW Folgendes vorgebracht:

"Ich bin ordentlicher Universitätsprofessor an der Universität Linz und Bundesbeamter.

Der Rektor der Universität Linz ... verweigert als Leiter des Amtes der Universität Linz rechtsgrundlos seit August 2004 die Auszahlung meiner vollen Bezüge. Mit Schreiben vom 4. Oktober 2004 an den Rektor forderte ich die Anweisung der einbehaltenen Bezugsteile ein und setzte für den Eingang auf meinem Konto eine Frist bis 22. Oktober 2004. Mit Antwort vom 21. Oktober 2004 verweigerte der Rektor rechtswidrig die geforderte Auszahlung.

...

Der gegenständliche Rechtsstreit hat folgenden Hintergrund:

Als ehemaliger Vizerektor für Lehre konzipierte ich das Multimedia-Diplomstudium der Rechtswissenschaften der Universität Linz, das als erstes und bisher europaweit einziges virtuelles Studium international anerkannt ist. Als Vorstand des Instituts für Fernunterricht in den Rechtswissenschaften setzte ich das Studium um, was nur im Schutz der Institutsautonomie des Universitäts-Organisationsgesetzes 1993 gegen den Willen des zur Zeit amtierenden ... Rektors A möglich war. Nach Aufhebung der Institutsautonomie durch das Universitätsgesetz 2002 diffamierte mich A insbesondere mit der frei erfundenen Anschuldigung, ich hätte der Universität wirtschaftlichen Schaden zugefügt und damit den Straftatbestand der Untreue nach §153 StGB begangen. Die Anschuldigung veröffentlichte er in einer Presseaussendung und verfügte meine vorläufige Suspendierung. ...

        A's Anschuldigungen und 'Beweise' beeindruckten ... die

Disziplinarkommission, die mich - ohne mir die bezüglichen

Disziplinaranzeigen bekannt zu machen, ohne mich dazu anzuhören und

ohne mir Akteneinsicht zu gewähren - mit Bescheid vom 4. Juni 2004,

... zugestellt am 29. Juni 2004, suspendierte.

        Die Disziplinaroberkommission beim Bundeskanzleramt hob die

Suspendierung mit Bescheid vom 9. September 2004, ... zugestellt am

1. Oktober 2004, auf. Sie kam nach Prüfung der Anschuldigungen zum Ergebnis, dass die Universität Linz durch meine Tätigkeit nie wirtschaftliche Nachteile, sondern nur wirtschaftliche Vorteile hatte; dass Gegenteiliges nicht nur nicht erwiesen, sondern nicht einmal ein begründeter Verdacht für die angeschuldigte Straftat besteht; und dass Suspendierungsgründe nie vorgelegen sind.

Auf Grund des Bescheides der Disziplinarkommission vom 4. Juni 2004 behielt A ab August 2004 die hier strittigen Bezugsteile ein. In seinem oben angeführten Schreiben vom 21. Oktober 2004 will er die Aufhebung der Suspendierung durch die Disziplinaroberkommission nicht wahr haben. Er hält deren Bescheid vom 9. September 2004 unter Hinweis auf - offenkundige - Schreibfehler in der Bescheidbegründung für 'nicht zweifelsfrei' und weigert sich, der durch den Bescheid geschaffenen eindeutigen Rechtslage zu entsprechen."

2. Der Bund (Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur) erstattete eine Gegenschrift, in der er die Zurückweisung, in eventu die Abweisung der Klage beantragte.

3. Mit Schriftsatz vom 15. April 2005 gab der Kläger bekannt, dass die beklagte Partei den eingeklagten Betrag am 11. Feber 2005 zur Anweisung gebracht habe; er schränke daher das Klagebegehren auf Zahlung von 4 % Zinsen aus EUR 8.324,90 vom 22. Oktober 2004 bis 11. Feber 2005 sowie den Ersatz der Prozesskosten ein.

Gleichzeitig replizierte er auf die Gegenschrift und führte u. a. Folgendes aus:

"Die Disziplinaroberkommission beim Bundeskanzleramt hob die vom Rektor betriebene gesetzwidrige Suspendierung mit Bescheid vom 9.9.2004 ex tunc auf, sodass rechtlich nie eine Suspendierung bestand. Mit Rechtskraft des genannten Bescheides hätten die gesetzwidrig einbehaltenen Gehaltsbestandteile ausbezahlt werden müssen. ...

        Als ... Ausrede, sich der Liquidierungsverpflichtung aus der

gesetzwidrigen Suspendierung zu entziehen, berief sich der Rektor auf

§13 GG. ... §13 GG findet aber nur auf Bezüge Anwendung, die auf

Grund einer rechtmäßigen und rechtskräftig gewordenen Suspendierung einbehalten wurden. Die über mich verhängte gesetzwidrige Suspendierung hatte rechtlich nie bestanden, sie wurde von der Disziplinaroberkommission ex tunc beseitigt. Ohne Bedeutung für den geltend gemachten Liquidierungsanspruch ist daher der förmliche weitere Verlauf des gesetzwidrig eingeleiteten, vom Rektor mit frei erfundenen Anschuldigungen gegen mich betriebenen Disziplinarverfahrens, das die Berufungskommission beim Bundeskanzleramt ohnehin rechtskräftig einstellte."

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die Zulässigkeit der Klage erwogen:

1. Gemäß Art137 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über vermögensrechtliche Ansprüche an den Bund, die Länder, die Bezirke, die Gemeinden und Gemeindeverbände, die weder im ordentlichen Rechtsweg auszutragen noch durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erledigen sind. Art137 B-VG enthält demnach für vermögensrechtliche Ansprüche gegen Gebietskörperschaften eine suppletorische Zuständigkeitsordnung, hat aber nicht den Sinn, neben bereits bestehenden Zuständigkeiten eine konkurrierende Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes einzuführen oder jene abzuändern (vgl. bereits VfSlg. 3287/1957).

2.1. Mit der Klage wird ein vermögensrechtlicher Anspruch gegen den Bund geltend gemacht. Er gründet sich auf das Bestehen eines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses zu dieser Gebietskörperschaft. Da es sich somit um einen öffentlich-rechtlichen Anspruch, also nicht um eine bürgerliche Rechtssache iS des §1 JN handelt, ist eine Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte zur Entscheidung hierüber nicht gegeben.

2.2. Es ist aber zu prüfen, ob über den mit Klage geltend gemachten Anspruch durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erkennen ist.

Besoldungsrechtliche Ansprüche eines Beamten werden in der Regel in drei Phasen - Schaffung eines Rechtstitels, Bemessung und Liquidierung - verwirklicht. Die letzte Phase (Liquidierung, Auszahlung) ist ein technischer Vorgang, der nur der Verwirklichung der vorangegangenen Bescheide dient, also selbst nicht durch Bescheid der Verwaltungsbehörde zu erledigen ist, sodass für die Entscheidung eines solchen Liquidierungsbegehrens die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes gemäß Art137 B-VG gegeben ist (so die ständige, mit VfSlg. 3259/1957 eingeleitete Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes). Geht es nicht bloß um die Liquidierung eines besoldungsrechtlichen Anspruches, sondern um die Rechtsfrage der Gebührlichkeit, so ist darüber im Streitfall durch Bescheid der zuständigen (Dienst-)Behörde zu entscheiden (vgl. die mit den Erkenntnissen VfSlg. 7172/1973 und 7173/1973 beginnende Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, etwa VfSlg. 10.756/1986, 11.395/1987, 12.313/1990).

3.1. Die vorliegende Klage wurde mit Schriftsatz vom 25. Oktober 2004, beim Verfassungsgerichtshof eingegangen am 28. Oktober 2004, eingebracht. Sie ist darauf gerichtet, auf diesem Wege die Auszahlung von Bezugsbestandteilen zu erreichen, die im Hinblick auf die Suspendierung des Klägers - aus seiner Sicht von vornherein rechtsgrundlos und rechtswidrig - einbehalten wurden. Für ein solches Verständnis - und nicht etwa ein Begehren gemäß §13 GehaltsG 1956 auf Liquidierung der infolge einer Bezugskürzung iZm. einer Suspendierung einbehaltenen und unter bestimmten Voraussetzungen nachzuzahlenden Beträge - sprechen sowohl die eindeutigen Ausführungen des Klägers in Klage und Replik als auch der Zeitpunkt der Klagserhebung (die Klage wurde vor der Entscheidung der Berufungskommission beim Bundeskanzleramt in dem gegen den Kläger anhängigen Disziplinarverfahren [Einstellung mit Bescheid vom 19. November 2004] eingebracht).

Der Kläger gründet den von ihm behaupteten Auszahlungsanspruch darauf, dass auf Grund der näheren Umstände seiner Suspendierung, wie sie die Disziplinaroberkommission beim Bundeskanzleramt mit Bescheid vom 9. September 2004 festgestellt habe, die gemäß §112 BDG 1979 verfügte Bezugskürzung von vornherein nicht zulässig gewesen sei. Es geht bei der vorliegenden Klage daher nicht (bloß) um die Liquidierung von Bezügen, nämlich den technischen Vorgang ihrer Auszahlung, sondern um Rechtsfragen der Handhabung dienst- und besoldungsrechtlicher Bestimmungen. Darüber ist aber im Streitfall durch Bescheid der zuständigen Dienstbehörde zu entscheiden (vgl. zB VfSlg. 11.395/1987, 15.711/2000 mwN).

Der Umstand, dass das Disziplinarverfahren in weiterer Folge eingestellt wurde und im Hinblick darauf - mit Blick auf §13 GehaltsG 1956 - ein Anspruch des Beamten auf Nachzahlung der einbehaltenen Bezugsbestandteile besteht (der gegebenenfalls mit Klage gemäß Art137 B-VG hätte geltend gemacht werden können), ändert daran nichts.

Da sohin über den vom Kläger geltend gemachten Anspruch mit Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu entscheiden ist, sind die Prozessvoraussetzungen des Art137 B-VG nicht gegeben.

3.2. Das Gesagte gilt in gleicher Weise für das aus dem Hauptbegehren hergeleitete Begehren auf Zahlung von Zinsen aus dem behauptetermaßen geschuldeten Betrag sowie auf Erstattung der Kosten des verfassungsgerichtlichen Verfahrens (entsprechend der Klagseinschränkung vom 15. April 2005).

4. Die Klage war daher wegen Nichtzuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes zurückzuweisen.

5. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lita VfGG ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Schlagworte

Feststellungsbescheid, Dienstrecht, Bezüge, Hochschullehrer, VfGH / Klagen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2005:A24.2004

Dokumentnummer

JFT_09949393_04A00024_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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