RS Vfgh 2000/3/15 B2767/97 ua

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Veröffentlicht am 15.03.2000
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Index

82 Gesundheitsrecht
82/03 Ärzte, sonstiges Sanitätspersonal

Norm

B-VG Art83 Abs2
StGG Art6 Abs1 / Erwerbsausübung
StGG Art17 Abs2
AusbildungsvorbehaltsG §1
EG-Vertrag Art47 (ex Art57)
EG-Vertrag Art234
Zweite Anerkennungsrichtlinie. 92/51/EWG

Leitsatz

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch Verhängung von Verwaltungsstrafen über Anbieter von Kursen zur Heilpraktikerausbildung wegen Verstoßes gegen das AusbildungsvorbehaltsG; kein Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht; Unabhängiger Verwaltungssenat kein vorlagepflichtiges Gericht

Rechtssatz

Die belangten Behörden durften schon aufgrund der Ankündigungen der Beschwerdeführer denkmöglich davon ausgehen, daß die jeweils beworbenen Ausbildungsveranstaltungen auch Tätigkeiten, die dem Berufsbild des Arztes zugehören, umfaßten, sowie ferner, daß der gesetzliche Ausbildungsvorbehalt für jede zum Berufsbild eines Arztes gehörige Tätigkeit gilt.

Der Verfassungsgerichtshof hegt keine Bedenken dagegen, daß der Gesetzgeber, der die Ausübung der Heilkunde den Ärzten vorbehalten und den Beruf eines Heilpraktikers nicht zugelassen hat, dementsprechende Beschränkungen auch hinsichtlich der Ausbildung zu diesem Beruf vorsieht, wie sie in den genannten Bestimmungen des Ausbildungsvorbehaltsgesetzes enthalten sind.

Es ist nämlich aufgrund des schon im Erkenntnis VfSlg. 13.485/1993 herausgestellten Zusammenhanges zwischen berufsrechtlicher Regelung und Ausbildungsregelung sowohl unter dem Gesichtspunkt des Art6 als auch unter jenem des Art17 Abs2 StGG verfassungsrechtlich zulässig, die Ausbildungsvorschriften an den jeweiligen Berufsbildern zu orientieren, und es ist insoweit folgerichtig, die Ausbildung zu Tätigkeiten im Sinne des in Österreich nicht zugelassenen Berufs eines Heilpraktikers ausschließlich der ärztlichen Ausbildung vorzubehalten.

Art47 EG-Vertrag unterscheidet zwischen Richtlinien über die gegenseitige Anerkennung von Ausbildungen in Abs1 (vgl die Zweite Anerkennungsrichtlinie, 92/51/EWG, vom 18.06.92) und Richtlinien zur "Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Aufnahme und Ausübung selbständiger Tätigkeiten" in Abs2. Eine auf Art47 Abs2 EG-Vertrag gestützte Richtlinie zur Koordinierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten betreffend arztähnliche Berufe gibt es aber derzeit noch nicht, sodaß iS des Urteils des EuGH in der Rechtssache Bouchoucha, RS C-61/89, vom 03.10.90, bis zur Erlassung einer Harmonisierungsrichtlinie iS des Art47 Abs2 EG-Vertrag weiterhin davon auszugehen ist, daß Österreich gemeinschaftsrechtlich zulässigerweise Tätigkeiten, wie sie in Deutschland zugelassene Heilpraktiker verrichten, den Ärzten vorbehält.

Es verstößt auch nicht gegen das Gemeinschaftsrecht, die Ausbildung zu (Teil)Tätigkeiten des ärztlichen Berufes in jener Weise der ärztlichen Ausbildung vorzubehalten, wie dies im AusbildungsvorbehaltsG vorgesehen ist.

Unabhängige Verwaltungssenate, gegen deren Entscheidungen das Beschwerderecht an den (iS des Art234 Abs3 EG-Vertrag vorlagepflichtigen) Verwaltungsgerichtshof eröffnet ist, sind nicht als vorlagepflichtige Gerichte iSd Art234 Abs3 EG-Vertrag zu qualifizieren.

Daher keine Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter.

Entscheidungstexte

  • B 2767/97 ua
    Entscheidungstext VfGH Erkenntnis 15.03.2000 B 2767/97 ua

Schlagworte

Ärzte, Berufsrecht Ärzte, Erwerbsausübungsfreiheit, EU-Recht Richtlinie, EU-Recht, Unabhängiger Verwaltungssenat, Unterrichtsfreiheit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2000:B2767.1997

Dokumentnummer

JFR_09999685_97B02767_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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