TE Vfgh Erkenntnis 2005/6/7 B1204/04

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Veröffentlicht am 07.06.2005
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Index

63 Allgemeines Dienst- und Besoldungsrecht
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
B-VG Art83 Abs2
BDG 1979 §38

Leitsatz

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch die Versetzung öffentlich Bediensteter zu einem Zollamt nach Auflösung der Zollwache

Spruch

Die Beschwerdeführerin ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1.1. Die Beschwerdeführerin steht - seit 1999 im Ressortbereich des Bundesministeriums für Finanzen - in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund; sie wurde bis zum 30. April 2004 als Überwachungsorgan der Zollwachabteilung Feistritz ob Bleiburg/Mobile Überwachungsgruppe (MÜG) verwendet.

1.2. Mit - auf die §§3 bis 5 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 (BDG) gestütztem - Bescheid des Bundesministers für Finanzen vom 2. April 2004 wurde die Beschwerdeführerin mit Wirksamkeit vom 1. Mai 2004 (von einer Planstelle des Exekutivdienstes) auf eine Planstelle des Allgemeinen Verwaltungsdienstes, Verwendungsgruppe A 3, Funktionsgruppe 5, im Ressortbereich des Bundesministeriums für Finanzen überstellt.

1.3. In der Folge wurde die Beschwerdeführerin mit Bescheid der Finanzlandesdirektion für Kärnten vom 28. April 2004 gemäß §38 BDG mit Wirksamkeit vom 1. Mai 2004 zum Zollamt Klagenfurt versetzt.

Begründend wurde dazu - im Wesentlichen - ausgeführt, der bisherige Arbeitsplatz der - nunmehrigen - Beschwerdeführerin entfalle auf Grund der Auflösung der Zollwache sowie der Zusammenfassung der Amtsbereiche der Zollämter mit der Wirtschaftsraum-Zollämter-Verordnung, BGBl. II 2004/121, und der damit verbundenen Auflösung der Zollwachabteilung Feistritz ob Bleiburg/MÜG mit Ablauf des 30. April 2004. Diese Änderung der Verwaltungsorganisation begründe daher iSd. §38 Abs2 und 3 Z1 BDG ein wichtiges dienstliches Interesse an der Versetzung der Beschwerdeführerin zum Zollamt Klagenfurt.

1.4. Der dagegen von der Beschwerdeführerin erhobenen Berufung, in der diese beantragte, "den angefochtenen Bescheid ... auf[zu]heben bzw. dahingehend ab[zu]ändern, dass [die Beschwerdeführerin] in den Planstellenbereich des BMI versetzt werde", gab die Berufungskommission beim Bundeskanzleramt mit Bescheid vom 29. Juli 2004 keine Folge.

Die Berufungskommission begründete diesen Bescheid wie folgt:

"Die BW [(Berufungswerberin)] wurde mit ihrer Zustimmung gemäß §§3 und 5 BDG mit Wirksamkeit vom 1. Mai 2004 auf eine Planstelle der Verwendungsgruppe A3, Funktionsgruppe 5, im Planstellenbereich des BM für Finanzen ernannt.

Mit der Bundesministeriengesetz-Novelle 2003 wurde die Kompetenz in Angelegenheiten der Organisation und des Dienstbetriebes der Zollwache dem Bundesministerium für Inneres zugeordnet (siehe Ziffer 16 zu Abschnitt F); eine korrespondierende Änderung erfolgte bezüglich des Bundesministeriums für Finanzen (siehe Ziffer 11 zu Abschnitt D). Mit Wirkung vom 1. Mai 2004 wurden 988 Zollwachebeamte in den Bereich des Bundesministeriums für Inneres zugewiesen, aber alle Beamten wurden in die bestehenden Strukturen der Sicherheitswache, der Gendarmerie oder der Kriminalpolizei übernommen, sodass es im Bereich des BM für Inneres keine Zollwachebeamte mehr gibt und damit auch keine Zollwache. Im Bereich des BM für Finanzen wurden mit Wirkung vom 1. Mai 2004 infolge des Inkrafttretens der 5. ZollR-DG-Novelle alle die Zollwache betreffenden Bestimmungen im Zollrechts-Durchführungsgesetz aufgehoben. Somit trifft es zu, dass der Wachkörper Zollwache mit Wirkung vom 1. Mai 2004 aufgelöst wurde (vgl auch IA 368/A, XXII. GP).

Die BW bestreitet auch gar nicht, dass ihr bisheriger Arbeitsplatz aufgelassen wurde und daher ein wichtiges dienstliches Interesse an ihrer Versetzung besteht. Sie strebt allerdings eine Versetzung in den Planstellenbereich des BM für Inneres an, weil das die von der Behörde zu wählende 'schonendeste Variante' darstelle.

Nun trifft es zwar zu, dass die Dienstbehörde nach der Rechtsprechung der Berufungskommission bei der Zuweisung der neuen Verwendung von mehreren Möglichkeiten die für den Beamten 'schonendste Variante' zu wählen hat, weil die Verwendungsänderung auf Grund organisatorischer Gründe im Sinne des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes möglichst keine Benachteiligung des davon betroffenen Beamten bewirken soll (BerK 11.3.2003, GZ 3/8-BK/03; 3.7.2003, GZ 149/11-BK/03; 17.4.1998, GZ 15/10-BK/98 uva). Dies ändert aber nichts daran, dass - wie §38 Abs5 BDG unmissverständlich normiert - eine Versetzung des Beamten von Amts wegen durch das Ressort, dem der Beamte angehört, in ein anderes Ressort bei sonstiger Nichtigkeit des Bescheides der schriftlichen Zustimmung des Leiters dieses [aufnehmenden] Ressorts bedarf. Eine solche schriftliche Zustimmung des Bundesministers für Inneres wird von der BW nicht einmal behauptet und liegt auch hier nicht vor, was sich zwingend daraus ergibt, dass die Auswahl der in den Planstellenbereich des BM für Inneres übernommenen Beamten auf entsprechende Absprachen der beteiligten Ressorts zurückgeht und die BW nicht zu den nach diesen Vereinbarungen übernommenen Beamten zählt. Auf die auf der Ebene der Zentralstellen über die Anzahl der zum BM für Inneres wechselnden Beamten und auf die Ressortabsprachen hinsichtlich der in Frage kommenden einzelnen Beamten hat die BW keine Ingerenz. Ein subjektives Recht, dass der Leiter des von ihm angestrebten Ressorts eine solche Zustimmung erteilt bzw das Ressort, dem er angehört, um eine solche Zustimmung einkommt, räumt das Gesetz dem Beamten nicht ein. Damit kommt aber eine Versetzung der BW in den Planstellenbereich des BMI von Vornherein nicht in Betracht.

Die BW lässt weiters unbeachtet, dass sie mit Wirksamkeit vom 1. Mai 2004 auf eine Planstelle des Allgemeinen Verwaltungsdienstes ernannt wurde, sodass sie nicht mehr Exekutivbeamtin ist und daher auch nicht eine solche bleiben kann.

Da das einzige Ziel der Berufung die Versetzung der BW in den Planstellenbereich des BMI ist, muss ihr daher ein Erfolg versagt bleiben."

2. Gegen diesen Bescheid der Berufungskommission wendet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, in der die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides begehrt wird.

Dazu führt die Beschwerdeführerin - im Wesentlichen - das Folgende aus:

"Ich war bis April 2004 Zollwachebeamtin. Im Hinblick auf die Reduzierung des Bedarfes an Zollwachebeamten durch die EU-Osterweiterung ist man seitens des Dienstgebers an uns Zollwachebeamte herangetreten und hat uns im Wesentlichen folgende Alternative angeboten:

1. Verbleib im Exekutivdienst unter Transferierung ins Bundesministerium für Inneres

2. Überstellung in den allgemeinen Verwaltungsdienst ohne Bezugsreduzierung.

Die konkrete weitere Verwendung samt Laufbahnmöglichkeiten blieb in beiden Fällen offen. Eine Entscheidung war daher schwer zu treffen. Bei den Informationsveranstaltungen zu dieser Thematik, die gemeinsam von Beamten der beiden Ministerien (für Finanzen und für Inneres) abgehalten wurden, wurde die ausdrückliche Zusage gemacht, dass die Bekundung eines Interesses an einer Überleitung in den allgemeinen Verwaltungsdienst keinen Nachteil nach sich ziehen würde und insbesondere absolut nicht behindern würde, dass man sich dann doch für die Transferierung ins Bundesministerium für Inneres entscheiden würde.

Ausgehend davon habe ich eine entsprechende Erklärung abgegeben und wurde rückwirkend mit 1.5.2004 in den allgemeinen Verwaltungsdienst übergeleitet und zwar durch Ernennung in die Verwendungsgruppe A3, Funktionsgruppe 5. Im Vertrauen darauf, dass das nicht meine Möglichkeiten beeinträchtigen würde, mich letztlich doch für den Exekutivdienst im Bundesministerium für Inneres zu entscheiden, habe ich dagegen nicht remonstriert.

Als sich herausgestellt hatte, dass ich bei A3-Verwendung im BMF unter Berücksichtigung von Nebengebühren und anderen besonderen Bezügebestandteilen nach Auslaufen der Ergänzungszulage und des Differenzausgleiches nach §113g GehG einen beträchtlichen Einkommensverlust erleiden würde - von Anfang an mindestens ca. € 100,-- netto monatlich und nach einschlägigen Modellberechnungen in der Lebensgesamtsumme im Ausmaß von zehntausenden Euro - entschloss ich mich für die Transferierung ins BMI mit Exekutivdienstverwendung. Ich vertraute darauf, dass der Dienstgeber die diesbezügliche Zusage einhalten werde, gerade weil sich auch das Ziel ungeschmälerter Bezüge nur dadurch (einigermaßen) erreichen lassen würde. Der Dienstgeber hat jedoch dieses Vertrauen und seine Zusagen gebrochen, ich wurde mit Bescheid der Finanzlandesdirektion für Kärnten vom 28.4.2004 von meiner früheren Dienststelle Zollamt Feistritz ob Bleiburg/MÜG zum Zollamt Klagenfurt versetzt. Nicht nur gemäß dieser Entscheidung selbst ist davon auszugehen, dass dies Dauercharakter haben soll, sondern auch alle anderen Umstände lassen keinen Zweifel daran offen.

...

Es ist unbestritten, dass mein bisheriger Arbeitsplatz weggefallen ist und dass das auf eine Organisationsänderung zurückzuführen ist, die ihrerseits objektive Gründe hat, nämlich den Wegfall eines Großteiles des Bedarfes an Zollwachbeamten wegen der geänderten Situation an den Grenzen zu den Nachbarstaaten, die mit 01.05.2004 EU-Mitgliedsstaaten geworden sind. Dementsprechend ist eine große Zahl von Zollwachbeamten betroffen. Ein wesentlicher Fehler der in der Bescheidbegründung zum Ausdruck kommenden Betrachtungsweise der belangten Behörde besteht darin, dass sie den ihr bei einer solchen Konstellation obliegenden Willkürschutz zu eng interpretiert und in diesem Zusammenhang auch eine gesetzwidrige Einschränkung ihrer eigenen Zuständigkeit zugrunde legt.

...

Entsprechend der obigen Sachverhaltsdarstellung geht es in meinem Fall um eine derartige Transferierung in ein anderes Ressort, wodurch ich die Exekutivdienstzugehörigkeit hätte aufrecht erhalten können, was ich angestrebt habe und was mir durch den beschwerdegegenständlichen Bescheid auf Dauer versagt wird. Begründet wird diese Entscheidung von der belangten Behörde, abgesehen von der Anführung der im vorerwähnten Sinne unbestrittenen Gegebenheiten und einigen Unrichtigkeiten (siehe unten), im Wesentlichen damit, dass es die erforderliche Zustimmung des Bundesministers für Inneres für meine Transferierung in sein Ministerium nicht gäbe und dass der Beamte kein subjektives Recht darauf hat, dass (sinngemäß) der Leiter des Herkunftsressorts (BMF) um eine Zustimmung zur Transferierung ersucht, bzw. dass der Leiter des übernehmenden Ressorts (BMI) diese Zustimmung erteilt.

Die belangte Behörde übersieht hiebei anscheinend ihre übergeordnete Zuständigkeit. Sie ist kein abgehobenes Forum (kein 'Tribunal' - siehe VfSlg. 14.854), sondern eine voll gültige Berufungsinstanz im Sinne der Bestimmungen des AVG und des DVG. Sie ist daher gemäß §66 Abs4 AVG nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet, ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern. Da der Verfahrensgegenstand gemäß meinem Vorbringen die Transferierung ins BMI mit umfasste, war die belangte Behörde auch aus dieser Sicht nicht gehindert, die nach objektiven Kriterien richtige Entscheidung mit der Maßgabe zu treffen, dass als eine der hiefür in Frage kommenden Varianten auch meine Versetzung in den Bereich des Bundesministeriums für Inneres gehörte. Sie benötigte dazu nicht die Zustimmung des Bundesministers für Inneres, da eine solche gemäß dem eindeutigen Gesetzeswortlaut nur vorgesehen ist, wenn die Versetzung 'durch' das Herkunftsressort verfügt wird. Die belangte Behörde wird davon in Übereinstimmung mit ihrer übergeordneten Funktion nicht betroffen. Ihre Aufgabe bestand demgemäß darin, den maßgeblichen Sachverhalt zu ermitteln, um beurteilen zu können, welche Versetzung in meinem Fall unter Willkürvermeidung angebracht ist. Sie wäre zum Ergebnis gelangt, dass das meine Versetzung in den Bereich des Bundesministeriums für Inneres ist.

Dass es dazu nicht kam, hat seine primäre Ursache darin, dass die belangte Behörde sich für eine solche Entscheidungsgestaltung nicht für zuständig hielt, sondern meinte, das Fehlen einer Zustimmung des Bundesministers für Inneres stelle auch auf der Ebene der von ihr zu treffenden Berufungsentscheidung ein Hindernis für eine Versetzung in das von ihm geleitete Ressort dar. Ich bin daher durch den beschwerdegegenständlichen Bescheid im verfassungsgesetzlich geschützten Recht auf den gesetzlichen Richter (Art83 Abs2 B-VG) verletzt.

Selbst wenn die Zustimmung des übernehmenden Ressorts auch auf der Ebene 2. Instanz der belangten Behörde erforderlich wäre, hat die belangte Behörde ihrer Entscheidung wesentliche fehlerhafte Annahmen zugrunde gelegt. Es sind hiebei die Besonderheiten des gegenständlichen Falles zu berücksichtigen. Diese sind der belangten Behörde grundsätzlich bekannt. Sie führt selbst an, dass es hier um Absprachen zwischen den beteiligten Ressorts geht. Im vorangegangenen Verfahren, sowie auch in der Berufung, habe ich mich auf die Zusagen bei Informationsveranstaltungen berufen. Diese wurden nicht in Abrede gestellt. Hiebei habe ich ausdrücklich geltend gemacht, dass ausschlaggebend einzig und allein war, wer vom Bundesministerium für Finanzen auf die Liste der zum BMI zu transferierenden Beamten gesetzt wurde und dass ich persönlich mit Sicherheit auch vom letzteren Ressort übernommen worden wäre, wenn ich vom BMF auf diese Liste gesetzt worden wäre.

In der Begründung des beschwerdegegenständlichen Bescheides wird dieses Vorbringen von mir überhaupt nicht erwähnt und anstatt dessen nur die oben schon dargestellte Bemerkung gemacht, dass es diesbezüglich keine Rechtsansprüche gäbe, sowie weiters auch noch, dass mündliche Zusagen keine rechtsverbindliche Wirkung hätten. Darin liegt ebenfalls eine Verletzung des Rechtes auf den gesetzlichen Richter, weil sich die belangte Behörde damit ihrer absolut essentiellen Funktion gänzlich entzieht, die erstinstanzliche Entscheidung darauf zu prüfen, ob sie von sachbezogenen Gründen getragen wird oder ein Akt der Willkür vorliegt.

Die zu enge Betrachtungsweise der belangten Behörde hängt damit zusammen, dass sie rein schematisch von Versetzungsverfahren der üblichen Art ausgeht. In einem solchen Fall mag es (gewöhnlich) genügen, wenn geprüft wird, ob die Organisationsänderung selbst objektiv begründet ist und nicht ihr eigentlicher Zweck darin besteht, einem Beamten den Versetzungsschutz zu entziehen. Hier geht es um sehr viele Beamte, was spezifische Probleme mit sich bringt. Es ist einerseits die adäquate Lösung nicht aus einer isolierten Betrachtung eines Einzelfalles zu finden, sondern es sind breitere organisatorische Maßnahmen erforderlich. Das wiederum bringt die Gefahr mit sich, dass auf individuelle Fallgerechtigkeit überhaupt nicht mehr geachtet, sondern nach irgend einem Belieben vorgegangen wird. Genau das habe ich in meiner Berufung geltend gemacht und die belangte Behörde hat es gänzlich abgelehnt, darauf auch nur einzugehen, auch nur die Frage zu erörtern, weshalb ich nicht dem von mir deponierten Begehren entsprechend als einer der Hunderten von Beamten mit der Konsequenz zum BMI versetzt wurde, dort weiterhin als Exekutivdienstbeamter verwendet zu werden und mir anstatt dessen der allgemeine Verwaltungsdienst im BMF aufgenötigt wird. Die belangte Behörde argumentiert gänzlich und ausnahmslos so, als ob es in einer solchen Situation überhaupt keinen Rechtsanspruch mehr auf eine Entscheidung nach Sachkriterien gäbe, sondern nur deshalb die Versetzung ohne jegliche Prüfung der Einzelfallfaktoren vorgenommen werden dürfte, weil es sich um eine Organisationsänderung mit vielen Betroffenen handelt. Ein hiebei abgeschlossenes Ressortübereinkommen scheint die belangte Behörde geradezu für etwas Sakrosanktes zu halten. Sie verkennt, dass ihre eigene Spruchpraxis, wonach bei Arbeitsplatzwegfall durch Organisationsänderung eine den Beamten möglichst schonende neue Verwendung realisiert werden muss, essentiell auf der Grundlage beruht, dass der Beamte auch unter dieser Voraussetzung vor unbegründeten Benachteiligungen geschützt ist, was sogar noch weiter geht, als der bloße Willkürschutz, der sich aus Art7 B-VG/Art 2 StGG ergibt.

Hätte sich die belangte Behörde mit meinem Berufungsvorbringen betreffend das Fehlen der Rücksichtnahme auf die Interessen der Beamten auseinander gesetzt, so wäre sie zum Ergebnis gekommen, dass dieses Vorbringen richtig ist, nicht nur die individuelle Prüfung unterblieb, sondern auch direkt gänzlich in den Willkürbereich fallende Motive maßgeblich waren.

Dabei spielt die oben angeführte Zusage im Zusammenhang mit der Überstellung in den allgemeinen Verwaltungsdienst eine wesentliche Rolle. Es versteht sich von selbst, dass ebenso leicht wie ihre Durchführung auch ihre (faktische) Rückgängigmachung durch neuerliche Überstellung in den Exekutivdienst vorgenommen werden kann. Daher hatte ich keinen Grund an der Redlichkeit (oder gar Erfüllbarkeit) der Zusage zu zweifeln, dass unbeschadet eines diesbezüglichen Antrages von mir auch für mich der Weg der Fortsetzung des Exekutivdienstes auf der Basis einer Transferierung zum BMI in absolut gleicher Weise offen bleiben werde, wie bei Beamten, die einen solchen Antrag nicht stellen. Tatsächlich wurde jedoch direkt konträr zu dieser Zusage gehandelt es wurden gerade jene Beamten nicht zum BMI transferiert, die einen solchen Antrag abgegeben hatten. Damit ist in dieser Beziehung ein ganz besonders eklatantes Willkürelement gegeben. Jemanden mit einer Versprechung zu etwas veranlassen, was man dann als Grund dafür nimmt, gerade das zu tun, was man für diesen Fall zu unterlassen versprochen hat, ist nicht nur moralisch-ethisch negativ zu beurteilen, sondern auch im rechtlichen Bereich in adäquater Weise zu beachten und zu behandeln, was eben mindestens bedeutet, es als Akt der Willkür zu qualifizieren der eine rechtliche Entscheidung nicht zu tragen vermag, sondern im Gegenteil einen allein ausreichenden Grund für ihre Beseitigung darstellt.

Was ganz konkret die Art der Motive des Bundesministers für Finanzen waren, kann der beiliegenden Kurzinformation vom 25.3.2004 über eine Besprechung mit ihm, verfasst vom Schriftführer der Zollwachegewerkschaft Tirol B R, entnommen werden. Die daraus hervorgehenden, völlig unsachlichen Verknüpfungen und Ankündigungen von nachteiligen Maßnahmen nach Kollektivkriterien zeigen unmittelbar die bestimmende Bedeutung willkürlicher Motive mit eigenartigen emotionalen Komponenten. Einen ganz besonderen Ausdruck hat diese Haltung sogar darin gefunden, dass Beamte ins BMI überstellt wurden, hinsichtlich welcher in ihrer Richtigkeit unbestrittene Gutachten über Exekutivdienstuntauglichkeit vorlagen. Das Fehlen jedweder sachbezogenen Abgrenzung zur Entscheidung in meinem und einigen ähnlichen Fällen ist besonders evident. Hätte die belangte Behörde überhaupt ein Ermittlungsverfahren dazu durchgeführt, wäre ihr diese Willkür nicht verborgen geblieben.

Gänzlich ohne Belang ist es, inwieweit es im Bereich des BMI nun (noch) Zollwachbeamte gibt oder nicht. Ich habe meine dortige Verwendung als Exekutivdienstbeamtin angestrebt und nicht speziell als Zollwachbeamtin. Dazu habe ich geltend gemacht, dass eine Versetzung in diesem Sinne die einzige gesetzeskonforme Entscheidung wäre. Nichts desto weniger sei angemerkt, dass die Ausführungen der belangten Behörde über einen gänzlichen Wegfall der Zollwache teils unrichtig, teils unvollständig sind. Die Zollwache besteht nicht nur als eigenständiger Wachkörper im Bereich des BMF weiter, sondern auch beim BMI ist eine entsprechende Zuständigkeit gegeben (Anlage 2F des Bundesministeriengesetzes 1986). Der Bescheidbegründung ist nichts zu entnehmen, auf welcher Beweisgrundlage die belangte Behörde die Behauptung aufstellt, dass es tatsächlich im BMI keine Zollwachbeamten gibt. Selbst wenn die Behauptung richtig wäre, wäre die weitere Behauptung falsch, dass der 'Wachkörper Zollwache mit Wirkung vom 01.05.2004 aufgelöst' wurde - es gibt ihn vielmehr am Flughafen Schwechat weiterhin.

Zusammenfassend hat die belangte Behörde somit ihre Zuständigkeit sowohl dadurch nicht wahrgenommen, dass sie sich nicht dafür zuständig hält, mich ohne Zustimmung des Bundesministers für Inneres in sein Ressort zu versetzen, wie auch dadurch, dass sie jede individuelle Prüfung der bei mir gegebenen, für die Versetzung relevanten Umstände abgelehnt hat. Dadurch hat sie selbst Willkür geübt, hätte sie sich mit der Sache gehörig befasst, so wäre sie zum Ergebnis gelangt, dass meine Versetzung einen Willkürakt darstellt.

Ich werde daher durch den beschwerdegegenständlichen Bescheid in den verfassungsgesetzlich geschützten Rechten auf den gesetzlichen Richter und auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt."

3. Die Berufungskommission legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie den Ausführungen der Beschwerdeführerin entgegentritt und die Abweisung der Beschwerde beantragt.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Der die "Versetzung" regelnde §38 BDG lautet - auszugsweise - wie folgt:

"§38. (1) Eine Versetzung liegt vor, wenn der Beamte einer anderen Dienststelle zur dauernden Dienstleistung zugewiesen wird.

(2) Die Versetzung ist von Amts wegen zulässig, wenn ein wichtiges dienstliches Interesse daran besteht. Während des provisorischen Dienstverhältnisses ist eine Versetzung auch ohne wichtiges dienstliches Interesse zulässig.

(3) Ein wichtiges dienstliches Interesse liegt insbesondere vor

1. bei Änderungen der Verwaltungsorganisation einschließlich der Auflassung von Arbeitsplätzen oder

...

(4) Bei einer Versetzung an einen anderen Dienstort von Amts wegen sind die persönlichen, familiären und sozialen Verhältnisse des Beamten zu berücksichtigen. Eine Versetzung ist - ausgenommen in den Fällen des Abs3 Z3 und 4 wie in jenen Fällen, in denen abweichend vom Abs3 Z4 noch keine rechtskräftige Disziplinarstrafe verhängt worden ist - unzulässig, wenn sie für den Beamten einen wesentlichen wirtschaftlichen Nachteil bedeuten würde und ein anderer geeigneter Beamter, bei dem dies nicht der Fall ist, zur Verfügung steht.

(5) Eine Versetzung des Beamten von Amts wegen durch das Ressort, dem der Beamte angehört, in ein anderes Ressort bedarf bei sonstiger Nichtigkeit des Bescheides der schriftlichen Zustimmung des Leiters dieses Ressorts.

(6) Ist die Versetzung des Beamten von Amts wegen in Aussicht genommen, so ist er hievon schriftlich unter Bekanntgabe seiner neuen Dienststelle und seiner neuen Verwendung mit dem Beifügen zu verständigen, daß es ihm freisteht, gegen die beabsichtigte Maßnahme binnen zwei Wochen nach Zustellung Einwendungen vorzubringen. Werden innerhalb der angegebenen Frist solche Einwendungen nicht vorgebracht, so gilt dies als Zustimmung zur Versetzung.

(7) Die Versetzung ist mit Bescheid zu verfügen; in diesem ist festzustellen, ob der Beamte die für die Versetzung maßgebenden Gründe gemäß §§141a, 145b oder 152c BDG 1979 zu vertreten hat oder nicht. Eine Berufung gegen diesen Bescheid hat keine aufschiebende Wirkung. Der vom Beamten zuletzt innegehabte Arbeitsplatz darf bis zur Rechtskraft des Bescheides nicht auf Dauer besetzt werden.

(8) Im Fall der Versetzung an einen anderen Dienstort ist dem Beamten eine angemessene Übersiedlungsfrist zu gewähren.

2.1. In der Beschwerde wird - auf das Wesentliche zusammengefasst - kritisiert, dass sich die "belangte Behörde ... nicht dafür zuständig hält, [die Beschwerdeführerin] ohne Zustimmung des Bundesministers für Inneres in sein Ressort zu versetzen, ... [und] dass [die belangte Behörde] jede individuelle Prüfung der bei [der Beschwerdeführerin] gegebenen, für die Versetzung relevanten Umstände abgelehnt" habe; damit habe die belangte Behörde insbesondere "ihre eigene Spruchpraxis [verkannt], wonach bei Arbeitsplatzwegfall durch Organisationsänderung eine den Beamten möglichst schonende neue Verwendung realisiert werden muss". Der angefochtene Bescheid verletze daher die Beschwerdeführerin in ihren verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz sowie auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter.

Mit diesem Vorbringen ist die Beschwerdeführerin auf Grund der nachstehenden Erwägungen nicht im Recht:

2.2.1. Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg. 10.413/1985, 11.682/1988) nur vorliegen, wenn der angefochtene Bescheid auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn die Behörde den angewendeten Rechtsvorschriften fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellte oder wenn sie bei der Erlassung des Bescheides Willkür übte.

2.2.2. Da der Verfassungsgerichtshof gegen die den angefochtenen Bescheid tragenden Rechtsvorschriften, im Besonderen gegen §38 BDG (vgl. zB VfSlg. 14.573/1996, 16.336/2001 mwH), keine verfassungsrechtlichen Bedenken hegt und die Bescheidbegründung keinen Anhaltspunkt für die Annahme liefert, dass die Berufungskommission den angewendeten Rechtsvorschriften einen verfassungswidrigen Inhalt beigemessen hätte, könnte die Beschwerdeführerin durch den bekämpften Bescheid im genannten Grundrecht nur verletzt worden sein, wenn der Berufungskommission Willkür zum Vorwurf zu machen wäre.

Darüber, welche Umstände gegeben sein müssen, damit einer Behörde Willkür anzulasten ist, lässt sich keine allgemeine Aussage treffen. Ob Willkür vorliegt, kann nur dem Gesamtbild des Verhaltens der Behörde im einzelnen Fall entnommen werden (zB VfSlg. 5491/1967, 6404/1971, 6471/1971, 8808/1980, 14.573/1996 uva.).

Ein willkürliches Verhalten der Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt ua. in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg. 8808/1980 und die dort angeführte Rechtsprechung; VfSlg. 10.338/1985, 11.213/1987). Auch eine denkunmögliche Gesetzesanwendung kann Willkür indizieren (VfSlg. 9561/1982, 14.573/1996).

2.2.3. Keiner dieser Mängel liegt jedoch hier vor. Der Verfassungsgerichtshof vermag nicht zu erkennen, dass das Ermittlungsverfahren mit einem in die Verfassungssphäre reichenden Mangel behaftet wäre; auch kann weder von einem gehäuften Verkennen der Rechtslage noch von denkunmöglicher Gesetzesanwendung die Rede sein.

Insbesondere ist es nicht unvertretbar, wenn die Berufungskommission zu der Auffassung gelangte, dass eine Versetzung der Beschwerdeführerin auf eine Planstelle des Exekutivdienstes im Planstellenbereich des Bundesministeriums für Inneres im Hinblick auf §38 Abs5 BDG nur mit schriftlicher Zustimmung des Leiters dieses Ressorts in Betracht komme und die Beschwerdeführerin kein subjektives Recht auf die Erteilung dieser Zustimmung habe.

2.3. Auch die von der Beschwerdeführerin behauptete Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter liegt nicht vor. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes wird nämlich durch die - von der Beschwerdeführerin der Sache nach gerügte - unrichtige Anwendung der materiellen Bestimmungen eines Gesetzes das genannte Grundrecht nicht verletzt, weil dieses Recht nicht die Gesetzmäßigkeit des Inhalts des betreffenden Verwaltungsaktes gewährleistet (vgl. zB VfSlg. 15.068/1998 mwH).

3. Ob der Entscheidung darüber hinaus eine in jeder Hinsicht richtige Gesetzesanwendung - etwa in der Frage der Einhaltung der Verfahrensvorschriften des §38 BDG - zu Grunde liegt, hat der Verfassungsgerichtshof nicht zu prüfen, und zwar auch nicht in dem - hier vorliegenden - Fall, dass eine Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof nicht in Betracht kommt (vgl. VfSlg. 9541/1982 und die dort angeführte Rechtsprechung; VfSlg. 15.831/2000 uvam.).

4. Die Beschwerdeführerin wurde sohin aus den in der Beschwerde vorgetragenen Erwägungen weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt.

Das Beschwerdeverfahren hat auch nicht ergeben, dass dies aus anderen, in der Beschwerde nicht dargelegten Gründen der Fall gewesen wäre.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

5. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Schlagworte

Dienstrecht, Versetzung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2005:B1204.2004

Dokumentnummer

JFT_09949393_04B01204_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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