RS Vfgh 2000/6/29 B294/00

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Veröffentlicht am 29.06.2000
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Index

32 Steuerrecht
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag

Norm

StGG Art5
EStG 1988 §24
EStG 1988 §117 Abs7, §117a

Leitsatz

Verletzung im - auch ausländischen Staatsangehörigen gewährleisteten - Eigentumsrecht durch gleichheitswidrige Gesetzesauslegung bei Festsetzung der Einkommensteuer aufgrund Nichtberücksichtigung eines Verlustvortrages; außerordentlicher Ertrag aus den Forderungsverzichten im Gefolge eines Zwangsausgleiches einem Aufgabegewinn gleichzuhalten

Rechtssatz

Nach der als Verfassungsbestimmung beschlossenen Norm des §117 Abs7 Z1 EStG 1988 idF BGBl 201/1996 (in Kraft getreten am 01.05.96) ist bei der Veranlagung 1996 und 1997 ein Verlustabzug (§18 Abs6 und Abs7 leg cit) nicht zulässig. Nach §117 Abs7 Z2 leg cit kann der Steuerpflichtige in Fällen, in denen ein Verlust aus vorangegangenen Jahren von einem bei der Veranlagung für die Kalenderjahre 1996 oder 1997 zu berücksichtigenden Veräußerungs-, Aufgabe- oder Liquidationsgewinn abzuziehen wäre, beantragen, daß die steuerliche Erfassung des betreffenden Veräußerungs-, Aufgabe- oder Liquidationsgewinnes insoweit auf das Veranlagungsjahr 1998 verschoben wird, somit auf ein Jahr, in dem Vorjahresverluste wieder abgezogen werden können.

Nach §117a Abs1 EStG 1988 (eingefügt durch das AbgÄG 1996) ist ab dem Jahr 1998 ein Verlustabzug für die in den Kalenderjahren 1989 bis 1996 entstandenen Verluste insoweit nicht zulässig, als bei der Veranlagung für das Jahr 1996 bzw 1997 ein steuerfreier Sanierungsgewinn angefallen ist und unter Außerachtlassung der Bestimmungen des §117 Abs7 Z1 leg cit ein Verlustabzug anzusetzen wäre.

Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage muß es als unsachlich und daher als Verstoß gegen den Gleichheitssatz angesehen werden, wenn die belangte Behörde dem in Rede stehenden (zweifellos als atypisch zu bezeichnenden) Gewinn einerseits die Eigenschaft eines steuerfreien Sanierungsgewinnes, andererseits aber auch die Qualität eines Aufgabe- oder Liquidationsgewinnes (dessen Versteuerung auf 1998 verschoben werden könnte) abspricht.

Der Verfassungsgerichtshof vermag keinen Grund zu sehen, warum die in §117 Abs7 Z2 EStG 1988 für "Veräußerungs-, Aufgabe- oder Liquidationsgewinn(e)" getroffene Regelung nicht auch für einen Gewinn gelten könnte, der durch Forderungsverzichte der Gläubiger im Wege eines Zwangsausgleiches entstanden ist, wenn diesem Zwangsausgleich die Eignung zur Sanierung abzusprechen ist, weil eine Betriebsfortführung nicht in Betracht kommt.

Der Verfassungsgerichtshof ist daher der Meinung, daß auch dann, wenn der strittige außerordentliche Ertrag aus den Forderungsverzichten im Gefolge des Zwangsausgleiches nicht als Aufgabegewinn im spezifisch steuerrechtlichen Verständnis (des §117 Abs7 Z2 iVm §24 EStG 1988) anzusehen ist, dieser Ertrag aus Gründen der verfassungskonformen Behandlung einem "Veräußerungs-, Aufgabe- oder Liquidationsgewinn" gleichzuhalten ist, weshalb auch für ihn eine Verschiebung der steuerlichen Erfassung in das Jahr 1998 möglich sein muß.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Einkommensteuer, Gewinn, Sonderausgaben, Verlustvortrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2000:B294.2000

Dokumentnummer

JFR_09999371_00B00294_2_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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