RS Vfgh 2000/11/28 A9/99

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Veröffentlicht am 28.11.2000
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Index

90 Straßenverkehrsrecht, Kraftfahrrecht
90/01 Straßenverkehrsordnung 1960

Norm

B-VG Art137 / sonstige zulässige Klagen
B-VG Art137 / sonstige Klagen
StVO 1960 §24 Abs1 lite
StVO 1960 §89a

Leitsatz

Abweisung der zulässigen Klage einer Zulassungsbesitzerin auf Erstattung der Kosten für die Abschleppung ihres Autos aufgrund Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen für die Kostenvorschreibung trotz Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens wegen Abstellens des Kfz im Haltestellenbereich einer Straßenbahn; Eintritt einer konkreten Verkehrsbeeinträchtigung vorhersehbar

Rechtssatz

Zulässigkeit der Klage einer Zulassungsbesitzerin auf Erstattung der Kosten für die Entfernung und Aufbewahrung ihres Kfz.

Hinweis auf E v 21.06.00, A1/99.

Im Fall des Regelungskomplexes des §89a StVO 1960 ist der Betroffene nicht gehalten, nach tatsächlich erfolgter Zahlung einen Bescheid über die Kosten für das Entfernen und Aufbewahren des Gegenstandes zu erwirken.

Abweisung der Klage; gesetzliche Voraussetzungen des §89a StVO 1960 erfüllt.

Nach der übereinstimmenden Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts hat die Behörde in einem Kostenvorschreibungsverfahren zwar gleichsam als Vorfrage zu beurteilen, ob eine Verkehrsbeeinträchtigung im Sinn des §89a Abs2 StVO 1960 gegeben und demnach die zwangsweise Entfernung des Fahrzeuges durch die Behörde berechtigt war und erst bei Bejahung dieser Frage zu prüfen, ob auch die Voraussetzungen vorliegen, dem Zulassungsbesitzer die Kosten dafür aufzuerlegen (VfSlg. 13533/1993, 14243/1995, VwGH 21.11.1980, 1093/80). Das Vorliegen einer Verkehrsbeeinträchtigung ist aber nicht Hauptgegenstand eines Kostenverfahrens nach §89a Abs7 StVO 1960, sondern bloß die Voraussetzung für die Kostenvorschreibung (VfSlg. 13533/1993, VwGH 25.4.1985, 85/02/0002).

Gemäß der übereinstimmenden Judikatur des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes ist mit der Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens keine Bindungswirkung verbunden, sondern die für die Kostenvorschreibung zuständige Behörde hat selbst die Voraussetzungen des §89a Abs2 und Abs7 StVO 1960 zu prüfen (vgl. zB VfGH E v 21.06.00, A1/99, VwGH 1.7.1983, 83/02/0144).

Der Verfassungsgerichtshof hegt aufgrund des sich aus dem vorgelegten Verwaltungsstrafakt in eindeutiger Weise ergebenden Sachverhaltes keinerlei Zweifel daran, daß das Kfz der klagenden Partei zum Zeitpunkt der Abschleppung verkehrsbeeinträchtigend im Sinn des §89a Abs2 StVO 1960 abgestellt war.

An dem dem Verwaltungsstrafakt eindeutig entnehmbaren Vorliegen einer Verkehrsbeeinträchtigung im Sinn des §89a Abs2 StVO 1960 vermag auch die Tatsache nichts zu ändern, daß das Abstellen des Kfz der klagenden Partei nicht gegen die Bestimmung des §24 Abs1 lite StVO 1960 verstoßen hat. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann nämlich aus dem Wortlaut des §89a Abs2 StVO 1960 jedenfalls nicht abgeleitet werden, daß ein zumindest objektiver Verstoß gegen eine straßenpolizeiliche Vorschrift Voraussetzung für die zwangsweise Entfernung eines den Verkehr beeinträchtigenden Gegenstandes auf der Straße wäre, weil es hiebei ausschließlich auf das Vorliegen einer Verkehrsbeeinträchtigung ankommt, die eine Beseitigung des betreffenden Hindernisses auf raschestem Weg erfordert (zB VwGH 13.4.1984, 83/02/0287, 25.4.1985, 85/02/0002).

Mag auch im vorliegenden Fall zum Zeitpunkt des Abstellens des Kfz der klagenden Partei noch keine (konkrete) Verkehrsbeeinträchtigung vorgelegen sein, so ergibt sich doch aus dem vom Verfassungsgerichtshof beigeschafften Verwaltungsstrafakt, daß bereits zu diesem Zeitpunkt der Eintritt einer Verkehrsbeeinträchtigung vorhersehbar gewesen sein mußte, weil deutlich erkennbar war, daß sich das Kfz zwar weiter als 15 m von der - im Widerspruch zu §24 Abs1 lite StVO 1960 aufgestellten - Haltestellentafel entfernt, aber immer noch innerhalb des Haltestellenbereiches befand. Zumindest für den Fall des Eintreffens der nächsten Straßenbahn wäre daher mit einer Verkehrsbeeinträchtigung in Form der Behinderung der Fahrgäste beim Ein- und Aussteigen zu rechnen gewesen.

Entscheidungstexte

  • A 9/99
    Entscheidungstext VfGH Erkenntnis 28.11.2000 A 9/99

Schlagworte

Bindung (der Verwaltungsbehörden an Tatbestandsmerkmale), Straßenpolizei, Abschleppung, Halte(Park-)verbot, Verwaltungsverfahren, Vorfrage, VfGH / Klagen, Halteverbot und Parkverbot siehe Halte(Park-)verbot

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2000:A9.1999

Dokumentnummer

JFR_09998872_99A00009_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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