RS Vfgh 2001/10/3 WI-2/01

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Veröffentlicht am 03.10.2001
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Index

L0 Verfassungs- und Organisationsrecht
L0350 Gemeindewahl

Norm

B-VG Art141 Abs1 lita
Stmk GdWO 1960 §13 Abs3
Stmk GdWO 1960 §17 Abs3
Stmk GdWO 1960 §67 Abs2
Stmk GdWO 1960 §69 Abs1 Z4, Z6
Stmk GdWO 1960 §81
VfGG §17 Abs4
VfGG §68 Abs1
VfGG §70 Abs1
VfGG §70 Abs4

Leitsatz

Stattgabe einer neuerlichen Wahlanfechtung der Gemeinderatswahl in Mühlen vom 19.03.00 nach teilweiser Aufhebung des Wahlverfahrens durch den Verfassungsgerichtshof; keine unrichtige Zusammensetzung der Landeswahlbehörde bei ihrer Entscheidung über Einsprüche im zweiten Rechtsgang angesichts der - gemäß einer verfassungsrechtlich unbedenklichen Bestimmung der Stmk GdWO 1960 vorzunehmenden - "Umbildung" dieser Behörde nach durchgeführter Landtagswahl; Anfechtungslegitimation im Hinblick auf zwei im ersten Rechtsgang von einer anderen Anfechtungswerberin nicht bekämpfte Stimmzettel gegeben; rechtswidrige Bewertung dieser Stimmzettel als gültig für die FPÖ abgegeben; vielmehr gültige Ausfüllung für die SPÖ; Auswirkung der Rechtswidrigkeit auf das Wahlverfahren

Rechtssatz

Der vom zustellungsbevollmächtigten Vertreter der SPÖ am 22.03.00 gemäß §81 Stmk GdWO 1960 wegen Rechtswidrigkeit des Wahlverfahrens ergriffene Einspruch wurde mit dem nach teilweiser Aufhebung des Verfahrens zur Wahl des Gemeinderates der Gemeinde Mühlen durch den Verfassungsgerichtshof (WI-10/00) erlassenen Bescheid der Landeswahlbehörde (2. Rechtsgang) vom 27.04.01 erledigt.

Maßgebender Zeitpunkt für den Beginn des Laufes der vierwöchigen Frist zur Anfechtung der in Rede stehenden Gemeinderatswahl vor dem Verfassungsgerichtshof ist somit der 02.05.01, das ist der Tag der Zustellung des Bescheides der Landeswahlbehörde an den zustellungsbevollmächtigten Vertreter der SPÖ.

Die am 07.05.01 beim Verfassungsgerichtshof eingereichte Wahlanfechtung wurde demnach rechtzeitig eingebracht.

Keine unrichtige Zusammensetzung der Landeswahlbehörde; keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen §17 Abs3 Stmk GdWO 1960.

§17 Abs3 Stmk GdWO 1960 ordnet an, dass dann, wenn die Zusammensetzung einer Wahlbehörde auf Grund des Ergebnisses einer nach deren Bildung durchgeführten Landtagswahl nicht mehr den Vorschriften des §13 Abs3 leg. cit. entspricht, die der neuen Parteienstärke entsprechenden Änderungen durchzuführen sind. Aus welchen Gründen eine "Umbildung" der Landeswahlbehörde vor dem Zeitpunkt einer Entscheidung über eine Wahlanfechtung nach §81 Stmk GdWO 1960 (im zweiten Rechtsgang) die vom Verfassungsgerichtshof in seinem E v 15.03.01, WI-10/00, geforderte "Gesamtschau" der angefochtenen Wahl "unmöglich machen würde", ist für den Verfassungsgerichtshof nicht zu ersehen. Ebenso bleibt es unerfindlich, warum eine iSd §17 Abs3 Stmk GdWO 1960 geänderte Landeswahlbehörde nicht in der Lage sein sollte, dem Gesetzesauftrag des §70 Abs4 VfGG nachzukommen. Die spekulative Erwägung der Anfechtungswerberin, "die veränderte Zahl der auf die einzelnen Parteien entfallenden Sitze in der Wahlbehörde" könnte einen anderen Ausgang der neuerlichen Entscheidung im Einspruchsverfahren zur Folge haben, ist im vorliegenden Zusammenhang ohne Relevanz.

Im E v 15.03.01, WI-10/00, war die Frage der rechtsrichtigen Beurteilung der beiden nunmehr in Streit stehenden Stimmzettel im Hinblick auf die durch das damalige Anfechtungsvorbringen begrenzte Prüfungsbefugnis des Verfassungsgerichtshofes nicht zu untersuchen.

Die Anfechtungswerberin hat sich ihres Rechtes auf Anfechtung der Gemeinderatswahl im Hinblick auf die beiden Stimmzettel vor dem Verfassungsgerichtshof nicht dadurch begeben, dass sie die Bewertung dieser Stimmzettel durch die Landeswahlbehörde im ersten Rechtsgang nicht mittels Anfechtung nach Art141 B-VG vor dem Verfassungsgerichtshof bekämpft hatte. Nach dem Ergebnis der Gemeinderatswahl im Sinne der Mandatsvergabe durch die Gemeindewahlbehörde auf Grund der landeswahlbehördlichen Entscheidung im ersten Rechtsgang hatte die Anfechtungswerberin nämlich gar keine Veranlassung, (überhaupt) eine Wahlanfechtung beim Verfassungsgerichtshof anhängig zu machen, wogegen sich die Sachlage nunmehr, auf Grund der Entscheidung der Landeswahlbehörde im zweiten Rechtsgang für die SPÖ anders darstellt.

Die Voraussetzung einer gültigen Ausfüllung der Stimmzettel gemäß §67 Abs2 Stmk GdWO 1960 trifft zu; beide Stimmzettel weisen im Kreis neben der Kurzbezeichnung der SPÖ ein liegendes Kreuz auf. Diesem Ergebnis vermag auch der Umstand keinen Abbruch zu tun, dass auf beiden Stimmzetteln die der Listennummer 6 zugeordnete Zeile durchgestrichen (bzw. beschrieben) wurde, weil damit weder der Ungültigkeitsgrund des §69 Abs1 Z4 Stmk GdWO 1960 (Anzeichnung zweier oder mehrerer Parteilisten) hergestellt wurde noch der der Z6 leg. cit. (aus dem vom Wähler angebrachten Zeichen oder der sonstigen Kennzeichnung geht nicht unzweideutig hervor, welche Parteiliste er wählen wollte); dabei ist auch zu berücksichtigen, dass das Durchstreichen einer wahlwerbenden Partei nach §67 Abs2 Stmk GdWO 1960 ausdrücklich als negatives Votum vorgesehen ist.

Einfluss der Rechtswidrigkeit auf das Wahlverfahren.

Legt man der Wahlzahlberechnung das im Sinne des nunmehrigen Erkenntnisses korrigierte Wahlergebnis zu Grunde, so ergibt sich als Wahlzahl die Zahl 42,25. Diese Zahl entspricht dem 1/8 der Parteisumme der SPÖ, weshalb dieser Wählergruppe - anders als nach der Begründung des im zweiten Rechtsgang erlassenen Bescheides der Landeswahlbehörde vom 27.04.01 - ein 8. Mandat zufällt.

Entscheidungstexte

  • W I-2/01
    Entscheidungstext VfGH Erkenntnis 03.10.2001 W I-2/01

Schlagworte

VfGH / Aufhebung Wirkung, VfGH / Legitimation, VfGH / Wahlanfechtung, Wahlen, Wahlbehörden, Ermittlungsverfahren, Stimmzettel, Wahlanfechtung administrative, Wahlergebnis, Rechtskraft

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2001:WI2.2001

Dokumentnummer

JFR_09988997_01W00I02_2_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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