RS Vfgh 2002/12/3 B1256/01

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Veröffentlicht am 03.12.2002
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Index

L8 Boden- und Verkehrsrecht
L8200 Bauordnung

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
B-VG Art140 Abs7 zweiter Satz
Nö BauO §20
Nö BauO §113 Abs2a, Abs2b
Nö BauO 1996 §70 Abs1

Leitsatz

Verletzung im Gleichheitsrecht durch Anwendung einer vom Verfassungsgerichtshof als gleichheitswidrig aufgehobenen Bestimmung der Nö Bauordnung betreffend die Amnestie für Schwarzbauten auf einen vor der Aufhebung noch nicht verwirklichten Tatbestand; konstitutive Wirkung eines sogenannten Feststellungsbescheides über das Nichtbestehen eines Bauverbotes als Voraussetzung für den Entfall der Anordnung des Abbruchs eines nicht genehmigten Baues; Verwirklichung des Tatbestandes erst im Vorgang der behördlichen Entscheidung; keine Bindungswirkung der Ausführungen hinsichtlich der anzuwendenden Rechtslage in einem unbekämpft gebliebenen Vorstellungsbescheid in einem früheren Rechtsgang

Rechtssatz

§113 Abs2a vierter Unterpunkt Nö BauO 1976 knüpft den Entfall der Anordnung des Abbruches des betreffenden Gebäudes durch den Verweis auf ein etwaiges Bauverbot in bestimmten Gefährdungsfällen an eine erst im Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung beurteilbare Voraussetzung; eine Verwirklichung des gesamten Tatbestandes des §113 Abs2a Nö BauO 1976 kann daher offenkundig erst mit der behördlichen Feststellung vorliegen, dass für das betreffende Grundstück kein Bauverbot gemäß §20 Abs2 Z3 Nö BauO 1976 besteht; ein von der Behörde gemäß §113 Abs2b Nö BauO 1976 zu erlassender Bescheid hat insofern - ungeachtet seiner Bezeichnung als Feststellungsbescheid durch den Gesetzgeber - konstitutive Wirkung. Da der Tatbestand in diesem Fall erst im Vorgang der behördlichen Entscheidung verwirklicht wird, sind erst damit alle Voraussetzungen für die Erlassung des Bescheides gegeben (vgl auch VfSlg 4596/1963).

Der Zeitpunkt der behördlichen Beurteilung des Vorliegens aller durch §113 Abs2a Nö BauO 1976 geforderten Voraussetzungen für die Erlassung eines Bescheides nach §113 Abs2b leg. cit. durch die Baubehörde erster Instanz am 17.11.99 lag jedenfalls erst nach der Kundmachung des die Regelung als gleichheitswidrig erkennenden Erkenntnisses VfSlg 15.441/1999 am 30.04.99.

Keine Bindungswirkung der im ersten, unbekämpft gebliebenen Vorstellungsbescheid geäußerten Rechtsansicht, Anträge auf Erlassung eines Feststellungsbescheides, die vor dem 30.04.99 eingebracht worden seien, seien in der Sache selbst zu behandeln. Nachdem der Gemeinderat der Stadtgemeinde Klosterneuburg die Berufung der Beschwerdeführerin mit Bescheid vom 30.06.00 mangels Parteistellung als unzulässig zurückgewiesen hatte, bestand der Prozessgegenstand der im ersten Rechtsgang erlassenen Vorstellungsentscheidung nun nicht in der Sache des Entfalles der Anordnung des Abbruches, sondern ausschließlich in der aufsichtsbehördlichen Überprüfung der Entscheidung des Gemeinderates über die Parteistellung der Beschwerdeführerin im Hinblick auf eine mögliche Verletzung in ihren Rechten. Der Ausspruch der belangten Behörde hinsichtlich der anzuwendenden Rechtslage kann daher Bindungswirkung jedenfalls nur insoweit entfalten, als es dabei um die anzuwendende Rechtslage in Bezug auf die Beurteilung der Parteistellung der Beschwerdeführerin geht. Die darüber hinausgehende, in der Begründung des Vorstellungsbescheides "zur Klarstellung" geäußerte Rechtsauffassung hinsichtlich der zur Erledigung des verfahrenseinleitenden Antrages der mitbeteiligten Parteien heranzuziehenden Rechtslage zählt jedenfalls nicht zu den den Spruch dieses aufsichtsbehördlichen Bescheides vom 20.10.00 tragenden Gründen, zumal der Gemeinderat über die Angelegenheit noch nicht meritorisch entschieden hatte und der Aufsichtsbehörde daher eine diesbezügliche nachprüfende Kontrolle im ersten Rechtsgang gar nicht zukam.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Baurecht, Baubewilligung, Feststellungsbescheid, Bindung (der Verwaltungsbehörden an Bescheide), Übergangsbestimmung, VfGH / Aufhebung Wirkung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2002:B1256.2001

Dokumentnummer

JFR_09978797_01B01256_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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