TE Vfgh Beschluss 2005/9/27 B222/05

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Veröffentlicht am 27.09.2005
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Index

10 Verfassungsrecht
10/07 Verfassungsgerichtshof, Verwaltungsgerichtshof

Norm

VfGG §82 Abs1
ZPO §63 Abs1
ZustellG §17

Leitsatz

Abweisung des (neuerlichen) Antrags auf Bewilligung der Verfahrenshilfe als aussichtslos nach Zurückweisung des ersten Verfahrenshilfeantrags wegen nicht fristgerechter Erfüllung eines Verbesserungsauftrages

Spruch

Der (neuerliche) Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe wird abgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1.1. Mit Eingabe vom 12. Jänner 2005, zur Post gegeben am 22. Feber 2005 und beim Verfassungsgerichtshof eingelangt am 23. Feber 2005, begehrte der Einschreiter die Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Erhebung einer Beschwerde gegen einen Bescheid des Senates der Medizinischen Universität Wien, mit dem sein Antrag auf Anerkennung von Praktika im Rahmen eines zahnmedizinischen Lehrganges mangels Gleichwertigkeit abgewiesen wurde.

Mit Schreiben vom 28. Feber 2005 - zugestellt durch Hinterlegung am 2. März 2005 - wurde der Einschreiter unter Hiweis auf die Säumnisfolgen aufgefordert, innerhalb von zwei Wochen ein Vermögensbekenntnis abzugeben und den Tag der Zustellung des angefochtenen Bescheides bekanntzugeben.

Mit einem am 4. April 2005 zur Post gegebenen Schriftsatz (die Frist zur Verbesserung endete am 16. März 2005) übermittelte der Einschreiter ein Vermögensbekenntnis und gab bekannt, dass der angefochtene Bescheid am 10. Jänner 2005 per Selbstabholung am Postamt entgegengenommen worden sei.

Da der Verbesserungsauftrag nicht fristgerecht erfüllt worden war, wurde der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 7. Juni 2005 zurückgewiesen.

1.2. Nach Zustellung dieses Beschlusses wandte sich der Einschreiter mit Eingabe vom 15. August 2005 erneut an den Verfassungsgerichtshof; er führt darin iW Folgendes aus:

"Die schriftliche Aufforderung des Verfassungsgerichtshofes, ein Vermögensbekenntnis vorzulegen, wurde am 2. März 2005 hinterlegt. Da ich an der obigen Anschrift nicht immer anwesend bin (berufsbedingt auch oft in Wien), habe ich das Schriftstück rechtzeitig am 21.3.2005 am Postamt übernommen. ...

Das Vermögensbekenntnis wurde daher rechtzeitig innerhalb der 14-tägigen Frist am 4.4.2005 abgeschickt. ...

Ich beantrage daher noch einmal Verfahrenshilfe im vollen Umfang für das gegenständliche Verfahren und ersuche neuerlich um schriftliche Ausfertigung."

II. Der Verfassungsgerichtshof hat dazu erwogen:

1. Zur Zustellung des Verbesserungsauftrages vom 28. Feber 2005:

1.1. Die im vorliegenden Fall vor allem maßgeblichen Abs1 und 3 des §17 Zustellgesetz lauten (samt Überschrift) wie folgt:

"Hinterlegung

§17. (1) Kann die Sendung an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des §13 Abs3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Schriftstück im Falle der Zustellung durch die Post beim zuständigen Postamt, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.

...

(3) Die hinterlegte Sendung ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem die Sendung erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Sendungen gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des §13 Abs3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem die hinterlegte Sendung behoben werden könnte."

1.2. In §17 Abs1 ZustellG wird die Zulässigkeit der Hinterlegung nicht von der tatsächlichen An- oder Abwesenheit des Empfängers abhängig gemacht, sondern davon, ob der Zusteller "Grund zur Annahme" hatte, dass sich der Empfänger regelmäßig an der Abgabestelle aufhalte. Dabei machen vorübergehende berufsbedingte regelmäßige Abwesenheiten von der Abgabestelle zu bestimmten Stunden oder an bestimmten Werktagen (zB im Falle von beruflichen "Pendlern") die Annahme einer Regelmäßigkeit der Anwesenheit an der Abgabestelle nicht unzulässig (vgl. VwGH 19.4.2001, 99/06/0049; 20.9.2001, 2001/11/0130 mwN).

Nach Abs3 dieser Bestimmung gilt eine Zustellung - ungeachtet einer solchen berechtigten Annahme des Zustellers - nur dann als nicht vollzogen, wenn der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle vom Zustellvorgang nicht rechtzeitig Kenntnis erlangen konnte. Der Einschreiter führt in diesem Zusammenhang aus, er sei an der Abgabestelle "nicht immer" anwesend, sondern aus beruflichen Gründen "auch oft in Wien". Damit hat der Einschreiter aber nicht einmal behauptet, im Zeitpunkt der erfolgten Hinterlegung ortsabwesend gewesen zu sein. Er zeigt damit keinen Umstand auf, der die Unwirksamkeit der durch Hinterlegung bewirkten Zustellung hätte herbeiführen können. Der Zustellvorgang war daher mit der Hinterlegung abgeschlossen; der Umstand, dass der Einschreiter die hinterlegte Sendung behoben hat, war für den Zustellvorgang nicht von Bedeutung, weil die Abholung nicht mehr zur Zustellung gehört (vgl. VwGH 9.11.2004, 2004/05/0078 mwN). Der Einschreiter ist dem Verbesserungsauftrag des Verfassungsgerichtshofes vom 28. Feber 2005 somit nicht fristgerecht nachgekommen, weshalb der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zurückgewiesen wurde.

2. Zum (neuerlichen) Verfahrenshilfeantrag:

Soweit der Einschreiter erneut die Bewilligung der Verfahrenshilfe beantragt, ist auszuführen, dass sein erster Verfahrenshilfeantrag vom 12. Jänner 2005, beim Verfassungsgerichtshof eingelangt am 23. Feber 2005, wegen Nichterfüllung des Verbesserungsauftrages zur meritorischen Behandlung durch den Verfassungsgerichtshof nicht geeignet und daher zurückzuweisen war, weshalb eine Unterbrechung der sechswöchigen Beschwerdefrist des §82 Abs1 VfGG nicht eintrat. Eine künftige Beschwerde erwiese sich daher als verspätet (vgl. in diesem Zusammenhang auch unten Pkt. 3.).

Die vom Einschreiter beabsichtigte Rechtsverfolgung erweist sich in Anbetracht dieser Sach- und Rechtslage als offenbar aussichtslos. Der neuerlich mit Schreiben vom 15. August 2005 an den Verfassungsgerichtshof gerichtete Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe war daher gemäß §63 Abs1 ZPO iVm. §35 Abs1 VfGG abzuweisen (vgl. zB VfGH 26.2.2002 B1569/01 mwN).

3. Abschließend darf der Einschreiter darauf hingewiesen werden, dass - wie sich aus seinen Angaben in der aufgetragenen Verbesserung ergibt - der Bescheid des Senates der Medizinischen Universität Wien, der mit der beabsichtigten Beschwerde gemäß Art144 B-VG bekämpft werden sollte, "am 10.01.2005 per Selbstabholung am Postamt entgegengenommen" wurde. Der Bescheid ist dem Einschreiter somit spätestens an diesem Tag zugestellt worden; demnach war bereits der am 22. Feber 2005 (somit nach Ablauf der sechswöchigen Beschwerdefrist gemäß §82 Abs1 VfGG) zur Post gegebene (erste) Antrag auf Bewilligung von Verfahrenshilfe verspätet.

4. Dieser Beschluss konnte gemäß §19 Abs4 Z2 VfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gefasst werden.

Schlagworte

VfGH / Fristen, Beschwerdefrist, VfGH / Mängelbehebung, VfGH / Verfahrenshilfe, Zustellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2005:B222.2005

Dokumentnummer

JFT_09949073_05B00222_2_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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