RS Vfgh 2002/12/11 B941/02

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Veröffentlicht am 11.12.2002
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Index

32 Steuerrecht
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag

Norm

StGG Art5
EStG 1988 §30 Abs4
VfGG §88

Leitsatz

Verletzung im Eigentumsrecht durch Nichtberücksichtigung späterer im Zusammenhang mit der Kontaminierung eines Grundstücks stehender Kosten bei Ermittlung eines Spekulationsgewinnes; Berücksichtigung nachträglicher Werbungskosten und Erlösminderungen zur Vermeidung eines Konfliktes mit dem Prinzip der Besteuerung der persönlichen Leistungsfähigkeit bis zum Betrag des Gewinnes durch Verlustausgleich mit anderen Einkünften geboten; Abweisung der Beschwerde hinsichtlich der Steuerfestsetzung für die Jahre 1991 und 1995

Rechtssatz

Wenn der Gesetzgeber in §30 Abs4 letzter Satz EStG 1988 anordnet, daß dann, wenn die Spekulationsgeschäfte innerhalb eines Kalenderjahres insgesamt zu einem Verlust führen, dieser nicht ausgleichsfähig ist, so muß diese Norm (einschränkend) auf jene Fälle bezogen werden, in denen aus einem Spekulationsgeschäft insgesamt ein Verlust erzielt wurde. Ist aus dem Spekulationsgeschäft hingegen im Veräußerungsjahr ein Gewinn erzielt und der Besteuerung unterworfen worden, wobei spätere Abflüsse noch nicht berücksichtigt wurden, so müssen, um ein verfassungswidriges Ergebnis zu vermeiden, nachträgliche Werbungskosten oder Erlösminderungen im Abflußjahr bis zum Betrag dieses Gewinnes zum Ausgleich mit anderen Einkünften (Einkunftsarten) zugelassen werden.

Das der Beschwerde zugrundeliegende Veräußerungsgeschäft hat gesamthaft betrachtet (d.h. auch unter Berücksichtigung der zu ersetzenden Entsorgungskosten sowie der Rechtsanwaltskosten) zu einem (Total)Gewinn geführt. Daß diese Kosten einkommensteuerlich den Charakter von Werbungskosten bzw. Erlösminderungen haben, wird nicht bestritten. In einem solchen Fall geht es aber nicht an, die steuerliche Berücksichtigung dieser Kosten im Jahr des Abfließens im Wege eines Verlustausgleiches auf jenen Betrag zu beschränken, der in diesem Jahr durch allfällige positive Einkünfte aus anderen Spekulationsgeschäften abgedeckt ist, somit den Verlustausgleich mit anderen Einkünften zu versagen und auch sonst keine Möglichkeit der Verlustverrechnung zu eröffnen.

Die belangte Behörde hat damit dem Gesetz einen Inhalt unterstellt, der - hätte ihn das Gesetz tatsächlich - es verfassungswidrig machen würde. Sie hat damit den Beschwerdeführer im Recht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt.

Weiters Unterlassung der Ermittlungstätigkeit hinsichtlich der Frage des Zeitpunktes der Inanspruchnahme einer Bankgarantie durch den Begünstigten bei der Einkommensteuerfestsetzung für das Jahr 1993.

Beim Auftraggeber der Bankgarantie kann es erst im Zuge des Regresses der Bank - der idR durch Belastung eines Kreditkontos des Auftraggebers in Höhe des abgerufenen Garantiebetrages erfolgt - und somit erst bei Inanspruchnahme der Bankgarantie durch den Begünstigten zu einem Mittelabfluß kommen.

Abweisung der Beschwerde hinsichtlich der Steuerfestsetzung für 1991 und 1995; verfassungsrechtliche Bedenken weder vorgebracht noch hervorgekommen.

Kostenzuspruch; die teilweise Erfolglosigkeit der Beschwerde kann dabei außer Betracht bleiben, da dieser Teil keinen zusätzlichen Prozeßaufwand verursacht hat.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Bescheid Trennbarkeit, Einkommensteuer, Einkünfte außerordentliche, Werbungskosten, VfGH / Bedenken, VfGH / Kosten, Spekulationsgeschäft, Auslegung verfassungskonforme

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2002:B941.2002

Dokumentnummer

JFR_09978789_02B00941_2_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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