RS Vfgh 2003/3/3 B773/02

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Veröffentlicht am 03.03.2003
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Index

L3 Finanzrecht
L3400 Abgabenordnung

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
WAO §5, §6
WAO §51
WAO §185 Abs3, Abs4 idF LGBl 7/2001
Wr AnkündigungsabgabeV §6 Abs3

Leitsatz

Verletzung im Gleichheitsrecht durch Versagung der Rückerstattung von seitens eines Rundfunkunternehmens erstatteter Ankündigungsabgaben durch verfassungswidrige Gesetzesauslegung der Rückzahlungssperre in der Wiener Abgabenordnung; Entlastung der durch die Einziehung durch das Rundfunkunternehmen belasteten Unternehmen im Falle einer rechtswidrigen Abgabenerhebung bei der Ankündigungsabgabe möglich

Rechtssatz

Verletzung im Gleichheitsrecht durch Versagung der Rückerstattung von seitens eines Rundfunkunternehmens erstatteter Ankündigungsabgaben durch verfassungswidrige Gesetzesauslegung der Rückzahlungssperre in §185 Abs3 und Abs4 WAO idF LGBl 7/2001.

Der Verordnungsgeber (siehe §6 Abs3 Wr AnkündigungsabgabeV) hat eine Abgabe konzipiert, bei der er aus leicht nachvollziehbaren Gründen der Einhebungsvereinfachung die Entrichtungspflicht (und damit die formale Abgabenschuldnerschaft) zwar den Inhabern der Rundfunkunternehmen, somit einer kleinen Gruppe von Abgabepflichtigen, auferlegt hat. Ausdrücklich wird der Entrichtungspflichtige aber ermächtigt, die Abgabe bei den Ankündigenden einzuziehen. Der Zugriff auf diese - die auch nicht im Sinn der hg Entscheidung VfSlg 16022/2000 als Letztverbraucher zu betrachten sind - wird dem Abgabengläubiger derart offen gehalten, daß den Ankündigenden eine persönliche Haftung auferlegt wird, der überdies durch die Wendung "zur ungeteilten Hand" besonderes verbales Gewicht verliehen wird (obwohl die persönlich Haftenden bereits nach §5 Abs1 WAO durch die Geltendmachung der Haftung zu Gesamtschuldnern werden). Dem Inhaber des Rundfunkunternehmens kommt damit formal zwar die Position eines Steuerschuldners zu, wirtschaftlich ist er hingegen bloß die Entrichtungsstelle für die eigentlich abgabepflichtigen werbenden Unternehmen.

Anders als im Fall der (dem hg Erkenntnis VfSlg 16022/2000 zugrundeliegenden) Getränkesteuer liegt hier somit keine Abgabe auf den Letztverbrauch vor, bei der die Steuerträger in der Anonymität des Marktes verborgen bleiben und die Überwälzung als Ergebnis eines marktabhängigen Preisbildungsprozesses anzusehen ist. Nach der Art der hier zu beurteilenden Abgabe und der ihr zugrundeliegenden Sachverhalte ist vielmehr im Falle einer rechtswidrigen Abgabenerhebung eine Entlastung der durch die Einziehung Belasteten möglich und zu erwarten (siehe hiezu auch VwGH v 21.05.01, Zl 2001/17/0043).

Bei einer solchen Rechts- und Sachlage gibt es aber keinen Grund, der es rechtfertigen könnte, im Fall der gesetzwidrigen Abgabenerhebung den Abgabenertrag dem Abgabengläubiger zu belassen.

Bei dem zweifelhaften Wortlaut des §51 WAO betreffend persönlich Haftende und Abgabepflichtige gebieten die oben angestellten Überlegungen zur Vermeidung eines gleichheitswidrigen Ergebnisses aber eine verfassungskonforme Interpretation der Art, daß Rückzahlungsansprüche bei der hier zu beurteilenden Ankündigungsabgabe von §185 Abs3 WAO nicht erfaßt sind.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Ankündigungsabgaben, Auslegung verfassungskonforme, Finanzverfahren, Haftung, Rückzahlung, Rundfunk, Werbung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2003:B773.2002

Dokumentnummer

JFR_09969697_02B00773_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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