TE Vfgh Beschluss 2005/10/3 V48/05 ua, G75/05 ua

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Veröffentlicht am 03.10.2005
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Index

66 Sozialversicherung
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz

Norm

B-VG Art139 Abs1 / Individualantrag
B-VG Art140 Abs1 / Individualantrag
ASVG §609 Abs19 idF Sozialrechts-ÄnderungsG 2004
ASVG §351g Abs4 idF 2. Sozialversicherungs-ÄnderungsG 2003
JN §1
Verfahrensordnung zur Herausgabe des Erstattungskodex nach §351g ASVG - VO-EKO XI, und XII. Abschnitt

Leitsatz

Zurückweisung der Individualanträge der Vertreiber von Arzneimittelspezialitäten auf Aufhebung von Bestimmungen des ASVG über die Abgeltung der Bearbeitungskosten für den Erstattungskodex und den Finanzierungs-Sicherungs-Beitrag sowie dazu ergangener Ausführungsbestimmungen in der Verfahrensordnung mangels Legitimation; keine aktuelle Betroffenheit durch eine bereits außer Kraft getretene Norm; im Übrigen keine konkrete Festlegung von Zahlungsverpflichtungen; Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte zur Entscheidung über den pauschalierten Kostenersatz und den nachträglichen Rabatt

Spruch

Die Anträge werden zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1.1. Mit einem beim Verfassungsgerichtshof am 3. Juni 2005 eingelangten Schriftsatz beantragt die zu V48/05 einschreitende Gesellschaft - gestützt auf Art139 B-VG -, den XI. Abschnitt (§§47-51) und den XII. Abschnitt (§§52-55) der vom Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger erlassenen Verfahrensordnung zur Herausgabe des Erstattungskodex gemäß §351g ASVG - VO-EKO, Amtliche Verlautbarung der österreichischen Sozialversicherung im Internet Nr. 47/2004, als gesetzwidrig aufzuheben.

1.2. Die zu G75/05, V50/05 und zu G76/05, V51/05 einschreitenden Gesellschaften wenden sich in ihren Individualanträgen ebenfalls gegen die soeben bezeichneten Abschnitte der Verfahrensordnung zur Herausgabe des Erstattungskodex; darüber hinaus stellen sie den Antrag,

-

§609 Abs19 ASVG idF des Sozialrechts-Änderungsgesetzes 2004, BGBl. I Nr. 105, und

-

§351g Abs4 ASVG idF der 61. Novelle (Art1 des 2. Sozialversicherungs-Änderungsgesetzes 2003 - 2. SVÄG 2003, BGBl. I Nr. 145)

als verfassungswidrig aufzuheben und auszusprechen, dass §609 Abs19 ASVG idF der 61. Novelle verfassungswidrig war.

2. Die angefochtenen Bestimmungen stehen im folgenden rechtlichen Zusammenhang:

2.1. Gemäß §31 Abs3 Z12 ASVG idF der 61. Novelle obliegt dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger die Herausgabe eines "Erstattungskodex der Sozialversicherung" für die Abgabe von Arzneispezialitäten auf Rechnung eines Sozialversicherungsträgers. Die nähere Organisation und das Verfahren zur Herausgabe des Erstattungskodex sind vom Hauptverband durch Verordnung zu regeln (§351g ASVG).

Die im Erstattungskodex angeführten Arzneispezialitäten sind drei Bereichen zuzuordnen: Im roten Bereich (red box) sind zeitlich befristet jene Arzneispezialitäten angeführt, die erstmalig auf dem österreichischen Markt lieferbar sind und deren Aufnahme in den Erstattungskodex beantragt worden ist (§31 Abs3 Z12 lita ASVG). Der gelbe Bereich (yellow box) enthält jene Arzneispezialitäten, die zwar einen wesentlichen zusätzlichen therapeutischen Nutzen aufweisen, jedoch aus medizinischen oder gesundheitsökonomischen Gründen nicht in den grünen Bereich (green box) aufgenommen werden (§31 Abs3 Z12 litb ASVG). Im letztgenannten Bereich finden sich schließlich jene Arzneispezialitäten, die allein auf Grund ärztlicher Verschreibung auf Rechnung der Sozialversicherungsträger - ohne Bewilligung des chef- und kontrollärztlichen Dienstes der Versicherungsträger - abgegeben werden können (§31 Abs3 Z12 litc ASVG).

2.2. §351g ASVG (idF der 61. Novelle) hat samt Überschrift auszugsweise folgenden Wortlaut:

"Verordnungsermächtigung ...

§351g. (1) Die nähere Organisation zur Aufnahme einer Arzneispezialität und das Verfahren zur Herausgabe des Erstattungskodex regelt der Hauptverband durch Verordnung, die der Genehmigung der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen bedarf. Vor Genehmigung hat eine Anhörung der Wirtschaftskammer Österreich zu erfolgen. Diese Verfahrensordnung hat insbesondere Zahl, Qualität und Form der vorzulegenden Unterlagen festzulegen und Regeln darüber zu enthalten, in welchen Fällen weiterführende Studien notwendig sind. Die Verordnung ist vom Hauptverband im Internet kundzumachen.

(2) - (3) ...

(4) Zur Abgeltung der Bearbeitungskosten für den Erstattungskodex ab dem Jahr 2004 zahlen jene vertriebsberechtigten Unternehmen, deren Arzneispezialitäten im Erstattungskodex angeführt sind, insgesamt einen pauschalierten Kostenersatz an den Hauptverband in der Höhe von einer Million Euro. Dieser Betrag unterliegt einer jährlichen Valorisierung auf Basis der Steigerungen der Heilmittelaufwendungen der Krankenversicherungsträger. Die Aufteilung dieses Betrages auf die einzelnen Berufsgruppenmitglieder obliegt der Wirtschaftskammer Österreich. Eine erste Akontierung ist mit 1. Juli 2004 fällig, die Abrechnung ist so rasch wie möglich nach Ende des jeweiligen Kalenderjahres vorzunehmen. Eine weitere Akontierung ist mit 10. Jänner 2005 fällig, in weiterer Folge gelten als Fälligkeitstage jeweils der 1. April und der 1. Oktober. Die Abrechnungsregeln für diese Zahlung sind in der Verordnung nach Abs1 festzulegen.

(5) ..."

Nähere Bestimmungen über die Zahlung dieses pauschalierten Kostenersatzes enthalten die §§47-51 VO-EKO:

"XI. Abschnitt: Bearbeitungskosten

Abgeltung der Bearbeitungskosten

§47. Zur Abgeltung der Bearbeitungskosten für den Erstattungskodex ab dem Jahr 2004 zahlen gemäß §351g Abs4 ASVG jene vertriebsberechtigten Unternehmen, deren Arzneispezialitäten im Erstattungskodex angeführt sind, einen pauschalierten Kostenersatz an den Hauptverband. Für das Jahr 2004 sind die Bearbeitungskosten für den Erstattungskodex von jenen vertriebsberechtigten Unternehmen zu bezahlen, deren Arzneispezialitäten im Erstattungskodex und/oder im Heilmittelverzeichnis angeführt sind. Bereits geleistete Kostenersätze aus dem Jahr 2004 sind anzurechnen (§609 Abs17 ASVG).

Höhe der Bearbeitungskosten

§48. (1) Gemäß §351g Abs4 ASVG beträgt der pauschalierte Kostenersatz für das Jahr 2004 insgesamt eine Million Euro.

(2) Ab dem Jahr 2005 ist dieser Betrag jährlich auf Basis der Steigerungen der Heilmittelaufwendungen der krankenversicherungsträger zu valorisieren.

Regeln über die Abrechnung der Bearbeitungskosten

§49. (1) Der Hauptverband stellt pro vertriebsberechtigtem Unternehmen den Arzneimittelumsatz des jeweiligen Kalenderjahres auf Basis der Meldungen der Krankenversicherungsträger im Rahmen der maschinellen Heilmittelabrechnung und der Fabriks-/Depotabgabepreise fest.

(2) Jene vertriebsberechtigten Unternehmen, deren Arzneimittelumsatz des jeweiligen Kalenderjahres gemäß Abs1 den Betrag von 100.000 Euro nicht übersteigt, leisten keinen Beitrag zu den Bearbeitungskosten an den Hauptverband.

(3) Jene vertriebsberechtigten Unternehmen, deren Arzneimittelumsatz des jeweiligen Kalenderjahres gemäß Abs1 den Betrag von 100.000 Euro übersteigt, zahlen einen Pauschalbetrag von 2.000 Euro pro Jahr an den Hauptverband.

(4) Der allfällig fehlende Betrag auf den pauschalierten Kostenersatz gemäß §48 wird auf Basis des jeweiligen Arzneimittelumsatz des jeweiligen Kalenderjahres gemäß Abs1 anteilig auf die vertriebsberechtigten Unternehmen, deren Arzneimittelumsatz den Betrag von 2 Millionen Euro übersteigt, aufgeteilt.

Mitteilung an die Wirtschaftskammer Österreich

§50. Der Wirtschaftskammer Österreich wird die Aufteilung der Bearbeitungskosten zur Kenntnis gebracht. Der Hauptverband teilt der Wirtschaftskammer Österreich rechtzeitig die Valorisierungsbeträge mit.

Zahlungstermine der Bearbeitungskosten

§51. (1) Gemäß §351g Abs4 vorletzter Satz ASVG haben die vertriebsberechtigten Unternehmen dem Hauptverband Zahlungen wie folgt zu leisten:

Fälligkeits-     Zu bezahlender Betrag         Für Kalenderjahr

zeitpunkt

1. Juli 2004        500.000,-- €                  2004

10. Jänner 2005     500.000,-- €                  2004

1. April 2005       Schlussrechnung               2004

1. April 2005       500.000,-- €                  2005

1. Oktober 2005     1.000.000,-- € plus

                    Valorisierung (2005 auf 2004)

                    minus 500.000,-- €            2005

1. April 2006       Schlussrechnung               2005

1. April 2006       Akontierungsbetrag des

                    1. Oktober 2005               2006

1. Oktober 2006     1.000.000,-- € plus

                    Valorisierung (2006 auf

                    2005) minus Akontierungsbetrag

                    des 1. April 2006             2006

1. April 2007       Schlussrechnung               2006

Ab dem Kalenderjahr 2007 ist sinngemäß wie für das Kalenderjahr 2006 vorzugehen.

(2) Die Aufteilung der Akontierungsbeträge ist nach den Abrechnungsregeln des §49, jedoch auf Basis der Arzneimittelumsätze des vorangegangenen Kalenderjahres durchzuführen. Liegen diese Arzneimittelumsätze nicht rechtzeitig vor, können die Arzneimittelumsätze des zweitvorangegangenen Kalenderjahres herangezogen werden. Statt des Pauschalbetrag gemäß §49 Abs3 in Höhe von 2.000 Euro ist ein Pauschalbetrag in Höhe von 1.000 Euro heranzuziehen. Die Kostenersätze aus dem Jahr 2004 gemäß §609 Abs17 ASVG sind bei der Akontierungsberechnung für den 10. Jänner 2005 zu berücksichtigen.

(3) Die im Rahmen der Schlussrechnung des Hauptverbandes zu berücksichtigenden Differenzbeträge (an oder von vertriebsberechtigten Unternehmen) sind ohne Zinsen zu verrechnen, wenn sie rechtzeitig überwiesen wurden. Die Zahlung ist rechtzeitig erfolgt, wenn die jeweiligen Beträge innerhalb einer Respiro-Frist von 5 Kalendertagen auf dem Konto des Hauptverbandes gutgeschrieben sind."

2.3. §609 Abs19 ASVG hatte idF der 61. Novelle folgenden Wortlaut:

"Die vertriebsberechtigten Unternehmen haben zur Wahrung des finanziellen Gleichgewichts des Systems der sozialen Sicherheit dem Hauptverband beginnend mit dem Jahr 2004 bis einschließlich 2006 jährlich 2 % ihres jährlichen Arzneimittelumsatzes, den sie auf Rechnung der Krankenversicherungsträger erzielen, zu überweisen. Bei jedem Unternehmen bleibt dabei ein Sockelbetrag von zwei Millionen Euro außer Betracht. Dieser Betrag unterliegt einer jährlichen Valorisierung auf Basis der Steigerungen der Heilmittelaufwendungen der Krankenversicherungsträger. Für das Jahr 2004 beträgt die Summe der Überweisungen pauschal 23 Millionen Euro. Eine erste Akontierung ist mit 1. Juli 2004 fällig, die Abrechnung ist so rasch wie möglich nach Ende des jeweiligen Kalenderjahres vorzunehmen. Eine weitere Akontierung ist mit 10. Jänner 2005 fällig, in weiterer Folge gelten als Fälligkeitstage jeweils der 1. April und der 1. Oktober. Die Abrechnungsregeln für diese Zahlung sind in der Verordnung nach §351g Abs1 gemeinsam mit der Wirtschaftskammer Österreich festzulegen."

Mit Art1 SRÄG 2004 wurde §609 Abs19 ASVG - rückwirkend mit 31. Dezember 2003 (vgl. §615 Abs1 Z4 ASVG idF des SRÄG 2004; mit der 62. Novelle zum ASVG, Art2 des Pensionsharmonisierungsgesetzes, BGBl. I Nr. 142/2004, wurde die Paragraphenbezeichnung dieser Schlussbestimmung in "616" geändert) - zur Gänze neu erlassen und lautet nunmehr:

"Die vertriebsberechtigten Unternehmen haben zur Wahrung des finanziellen Gleichgewichts des Systems der sozialen Sicherheit den Krankenversicherungsträgern beginnend mit dem Jahr 2004 bis einschließlich 2006 jährlich einen nachträglichen Rabatt in Höhe von 2 % ihres jährlichen Arzneimittelumsatzes, den sie auf Rechnung der Krankenversicherungsträger erzielen, zu gewähren. Bei jedem Unternehmen bleibt dabei ein Sockelbetrag von zwei Millionen Euro außer Betracht. Dieser Betrag unterliegt einer jährlichen Valorisierung auf Basis der Steigerungen der Heilmittelaufwendungen der Krankenversicherungsträger. Für das Jahr 2004 beträgt die Summe der Überweisungen pauschal 23 Millionen Euro. Eine erste Akontierung ist mit 1. Juli 2004 fällig, die Abrechnung ist so rasch wie möglich nach Ende des jeweiligen Kalenderjahres vorzunehmen. Eine weitere Akontierung ist mit 10. Jänner 2005 fällig, in weiterer Folge gelten als Fälligkeitstage jeweils der 1. April und der 1. Oktober. Die Abrechnung und Einhebung des Betrages erfolgt durch den Hauptverband, der im Namen und auf Rechnung der Krankenversicherungsträger tätig wird."

Die §§52-55 VO-EKO bestimmen dazu Folgendes:

"XII. Abschnitt: Beitrag zur Wahrung des finanziellen Gleichgewichts des Systems der sozialen Sicherheit

gemäß §609 Abs19 ASVG

Finanzierungs-Sicherungs-Beitrag

§52. Die vertriebsberechtigten Unternehmen haben zur Wahrung des finanziellen Gleichgewichts des Systems der sozialen Sicherheit dem Hauptverband beginnend mit dem Jahr 2004 bis einschließlich 2006 einen Beitrag zu überweisen. Der Hauptverband ist im Namen und auf Rechnung der Krankenversicherungsträger tätig.

Höhe des Finanzierungs-Sicherungs-Beitrages

§53. (1) Für das Jahr 2004 beträgt die Summe der Überweisungen pauschal 23 Millionen Euro zuzüglich 20 % Umsatzsteuer.

(2) Für das Jahr 2005 bzw. 2006 beträgt die Summe der jährlichen Überweisungen 2 % des Arzneimittelumsatzes zuzüglich 20 % Umsatzsteuer, den die vertriebsberechtigten Unternehmen im Jahr 2005 bzw. 2006 auf Rechnung der Krankenversicherungsträger erzielt haben. Dabei bleibt bei jedem Unternehmen jährlich ein Sockelbetrag von zwei Millionen Euro außer Betracht.

(3) Der Sockelbetrag unterliegt einer jährlichen Valorisierung auf Basis der Steigerungen der Heilmittelaufwendungen der Krankenversicherungsträger.

Regeln über die Abrechnung des

Finanzierungs-Sicherungs-Beitrages

(gemäß §609 Abs19 ASVG)

§54. (1) Der Hauptverband stellt pro vertriebsberechtigtem Unternehmen den Arzneimittelumsatz des jeweiligen Kalenderjahres auf Basis der Meldungen der Krankenversicherungsträger im Rahmen der maschinellen Heilmittelabrechnung und der Fabriks-/Depotabgabepreise fest. Dieser ist bei der Schlussrechnung des Hauptverbandes für das jeweilige Kalenderjahr heranzuziehen. Für die in §55 vorgesehenen Akontierungen ist der Arzneimittelumsatz des zweitvorangegangenen Kalenderjahres heranzuziehen.

(2) Von diesem Arzneimittelumsatz pro vertriebsberechtigtem Unternehmen wird der Sockelbetrag nach §53 Abs2 abgezogen.

(3) Der Hauptverband stellt in der Folge den betroffenen vertriebsberechtigten Unternehmen Rechnungen zuzüglich 20 % Umsatzsteuer (einschließlich Akontierungen) entsprechend de[n] folgenden Bestimmungen.

(4) Für das Jahr 2004 ist abweichend von den Bestimmungen der Abs1 bis 3 wie folgt vorzugehen:

1. Der Arzneimittelumsatz pro vertriebsberechtigtem Unternehmen ist wie in Abs1 und 2 beschrieben festzustellen.

2. Der pauschale Beitrag in Höhe von 23 Millionen Euro zuzüglich 20 % Umsatzsteuer ist anteilig auf die vertriebsberechtigten Unternehmen zu verteilen, deren Arzneimittelumsatz gemäß Z1 den Sockelbetrag übersteigt.

Zahlungstermine des Finanzierungs-Sicherungs-Beitrages (gemäß §609

Abs19 ASVG)

§55. Gemäß §609 Abs19 ASVG haben die betroffenen vertriebsberechtigten Unternehmen zu folgenden Terminen Zahlungen an den Hauptverband zu leisten:

Fälligkeits-     Zu bezahlender Betrag           Für Kalender-

zeitpunkt        der betroffenen vertriebs-      jahr

                 berechtigten Unternehmen

1. Juli 2004     11.500.000,-- € zuzüglich       2004

                 20 % Umsatzsteuer

10. Jänner 2005  11.500.000,-- € zuzüglich       2004

                 20 % Umsatzsteuer

Im Laufe des     Schlussrechnung des Haupt-      2004

Jahres 2005      verbandes

1. April 2005    50 % des Betrages gemäß §53     2005

                 Abs2, wobei jedoch der Umsatz

                 des Kalenderjahres 2003

                 heranzuziehen ist

1. Oktober 2005  50 % des Betrages gemäß §53     2005

                 Abs2, wobei jedoch der Umsatz

                 des Kalenderjahres 2003

                 heranzuziehen ist

Im Laufe des     Schlussrechnung des Haupt-      2005

Jahres 2006      verbandes

1. April 2006    50 % des Betrages gemäß §53     2006

                 Abs2, wobei jedoch der Umsatz

                 des Kalenderjahres 2004

                 heranzuziehen ist

1. Oktober 2006  50 % des Betrages gemäß §53     2006

                 Abs2, wobei jedoch der Umsatz

                 des Kalenderjahres 2004

                 heranzuziehen ist

Im Laufe des     Schlussrechnung des Haupt-      2006

Jahres 2007      verbandes

Die im Rahmen der Schlussrechnung des Hauptverbandes zu berücksichtigenden Differenzbeträge (an oder von vertriebsberechtigten Unternehmen) sind ohne Zinsen zu berücksichtigen, wenn sie rechtzeitig überwiesen wurden. Die Zahlung ist rechtzeitig erfolgt, wenn die jeweiligen Beträge innerhalb einer Respiro-Frist von 5 Kalendertagen auf dem Konto des Hauptverbandes gutgeschrieben sind."

3. In den Gesetzesprüfungsverfahren erstattete die Bundesregierung eine schriftliche Äußerung; darin verteidigt sie die angefochtenen Gesetzesbestimmungen und begehrt, die Anträge als unzulässig zurück-, in eventu als unbegründet abzuweisen.

In den Verordnungsprüfungsverfahren erstattete der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger, in den Verfahren zu V50/05 und zu V51/05 auch die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen jeweils eine schriftliche Äußerung; die zu V48/05 antragstellende Gesellschaft brachte eine "ergänzende Stellungnahme" ein.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die Zulässigkeit der vorliegenden - gemäß §§404 Abs2, 187 Abs2 ZPO (§35 Abs1 VfGG) zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen - Anträge erwogen:

1. Gemäß den Art140 und 139 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit (Gesetzwidrigkeit) von Gesetzen (Verordnungen) auch auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Rechtswidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern die angefochtene Norm ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung und ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist. Die Antragslegitimation setzt daher voraus, dass die angefochtene Norm in die Rechtssphäre der antragstellenden Partei unmittelbar eingreift und sie - im Falle ihrer Rechtswidrigkeit - verletzt.

Ein solcher, die Antragslegitimation begründender Eingriff in die Rechtssphäre einer Person muss jedenfalls nach Art und Ausmaß durch die Norm eindeutig bestimmt sein und die rechtlich geschützten Interessen des Betroffenen nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigen. Hiebei hat der Verfassungsgerichtshof vom Antragsvorbringen auszugehen und lediglich zu prüfen, ob die vom Antragsteller ins Treffen geführten Wirkungen solche sind, wie sie die Art140 und 139 B-VG als Voraussetzung der Antragslegitimation verlangen (siehe dazu schon VfSlg. 8062/1977 und 8292/1978; zuletzt etwa VfSlg. 16.426/2002 mwN).

2. Die Antragslegitimation ist im vorliegenden Fall - gemessen an den soeben genannten Kriterien - nicht gegeben:

2.1. Wie unter Pkt. I.2.3. dargelegt, ist die zu G75/05 und G76/05 angefochtene Bestimmung des §609 Abs19 ASVG idF der 61. Novelle auf Grund des Sozialrechts-Änderungsgesetzes 2004 rückwirkend außer Kraft getreten.

Eine im Zeitpunkt der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes bereits außer Kraft getretene Norm entfaltet aber für die Rechtssphäre des Antragstellers in der Regel nicht mehr die eine Antragstellung rechtfertigende unmittelbare Wirkung. Das Ziel eines Verfahrens nach Art140 Abs1 letzter Satz B-VG, die rechtswidrige Norm ohne Verzug mit genereller Wirkung aus dem Rechtsbestand zu entfernen, ist vielmehr mit ihrem Außerkrafttreten schon erreicht (vgl. zB VfSlg. 16.618/2002 mwN; zuletzt VfGH 6. Dezember 2004, G111/04).

Den zu G75/05 und G76/05 einschreitenden Gesellschaften fehlt daher die - auch im Zeitpunkt der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes - erforderliche aktuelle Betroffenheit durch die bereits außer Kraft getretene Vorschrift und damit - schon aus diesem Grund - die Legitimation zu deren Anfechtung.

2.2. Die Anträge erweisen sich aber auch im Übrigen als unzulässig:

Keine der von den antragstellenden Gesellschaften angefochtenen Normen legt das Ausmaß der diese Gesellschaften treffenden Zahlungsverpflichtungen konkret fest: Sowohl das Gesetz (§351g Abs4 und §609 Abs19 ASVG) als auch die vom Hauptverband hiezu erlassenen Vorschriften geben lediglich vor, welche Messgrößen für die Festsetzung des pauschalierten Kostenersatzes und des Finanzierungssicherungsbeitrages heranzuziehen sind. Für das Jahr 2004 ist die Gesamthöhe des von allen in Betracht kommenden Unternehmen gemeinsam aufzubringenden Kostenersatzes bzw. Beitrages mit einem ziffernmäßig bestimmten Betrag (1 Million bzw. 23 Millionen Euro) begrenzt, der nach den angefochtenen Bestimmungen der Verordnung des Hauptverbandes in Teilbeträge (einschließlich der Festlegung ihrer Fälligkeit) aufgegliedert wird.

Die Aufteilung jedes dieser Beträge auf die einzelnen vertriebsberechtigten Unternehmen hängt aber von mehreren Kriterien ab, wie vom Überschreiten eines bestimmten Mindestumsatzes und sodann vom Verhältnis des jeweils erzielten Umsatzes zum Gesamtumsatz aller vertriebsberechtigten Unternehmen. Das Ausmaß der Zahlungsverpflichtung und damit des Eingriffs in die Rechtssphäre der antragstellenden Gesellschaften bedarf somit erst der Konkretisierung, wobei Meinungsverschiedenheiten über die Richtigkeit der vom Hauptverband durchgeführten Berechnungen in einem Verfahren geklärt werden müssten (vgl. in diesem Sinne schon - zum Finanzierungssicherungsbeitrag gemäß §609 Abs19 ASVG - VfGH 24. Juni 2005, G133/04 ua.).

2.3. Auch wenn die Entscheidung über Streitigkeiten betreffend die in Rede stehenden Zahlungspflichten nach dem Gesetz weder dem Hauptverband (vgl. VfGH 13. Oktober 2004, B954/04 ua. [pauschalierter Kostenersatz] bzw. B955/04 ua. [Finanzierungssicherungsbeitrag]) noch sonst einer Verwaltungsbehörde zugewiesen ist, steht den antragstellenden Gesellschaften zur Konkretisierung ihrer Zahlungspflicht, aber auch zu deren Abwehr, ein Verfahren zur Verfügung: Da es sich sowohl beim "nachträglichen Rabatt" gemäß §609 Abs19 ASVG als auch beim pauschalierten Kostenersatz gemäß §351g Abs4 ASVG um privatrechtliche Ansprüche handelt, ist darüber gemäß §1 JN von den ordentlichen Gerichten zu entscheiden. Die antragstellenden Gesellschaften hätten daher die Möglichkeit, ihre verfassungsrechtlichen Bedenken gegen Verordnung und Gesetz im Rahmen eines zivilgerichtlichen Verfahrens vorzutragen und beim zuständigen Gericht die Stellung eines entsprechenden Prüfungsantrages an den Verfassungsgerichtshof anzuregen (vgl. VfSlg. 11.759/1988 mwN).

Besondere, außergewöhnliche Umstände, aus denen sich Zweifel daran ergeben könnten, ob den antragstellenden Gesellschaften auf diese Weise ein ausreichender Rechtsschutz zuteil werden kann, sind dem Verfassungsgerichtshof nicht erkennbar.

3. Die Anträge waren daher mangels Legitimation zurückzuweisen (§19 Abs3 Z2 lite VfGG); dies konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Schlagworte

Arzneimittel, Geltungsbereich (zeitlicher) eines Gesetzes, Gericht Zuständigkeit - Abgrenzung von Verwaltung, Sozialversicherung, VfGH / Individualantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2005:V48.2005

Dokumentnummer

JFT_09948997_05V00048_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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