RS Vwgh 2002/2/28 2000/16/0317

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Veröffentlicht am 28.02.2002
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Index

E3R E02202000
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht

Norm

31992R2913 ZK 1992 Art243 Abs2;
BAO §276;
BAO §289 Abs1;
BAO §50;

Rechtssatz

Nach der stRsp des VwGH (Hinweis E 27. Oktober 1983, 82/16/0158) darf die Abgabenbehörde zweiter Instanz in einer Angelegenheit, die überhaupt noch nicht oder in der von der Rechtsmittelbehörde in Aussicht genommenen rechtlichen Art nicht Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens gewesen war, nicht einen Sachbescheid im Ergebnis erstmals erlassen. Sie darf beispielsweise nicht erstmals eine Abgabe überhaupt oder eine andere Abgabe an Stelle der festgesetzten Abgabe vorschreiben oder jemanden erstmals in eine Schuldnerposition verweisen. Würde die Rechtsmittelbehörde diese Befugnis für sich in Anspruch nehmen, dann wäre dies ein Eingriff in die sachliche Zuständigkeit der Behörde erster Instanz. Mit der Berufungsvorentscheidung, einer Entscheidung über den nicht aufsteigenden Rechtsbehelf der Berufung durch die auf Grund des Artikels 243 Abs 2 ZK auf der ersten Stufe eingerichtete Zollbehörde, wurde die Partei erstmals in die Schuldnerposition verwiesen. Damit wurde von der Rechtsbehelfsbehörde in die sachliche Zuständigkeit der Behörde erster Instanz eingegriffen. Ein solcher Eingriff ist auch dann gegeben, wenn aus organisatorischen Gründen sowohl die Entscheidung erster Instanz als auch die der Rechtsbehelfsbehörde vom Hauptzollamt getroffen wird, weil auch die funktionelle Zuständigkeit der entscheidenden Behörde zu beachten ist. Im Fall der Erlassung einer Berufungsvorentscheidung entscheidet das Hauptzollamt funktionell als Rechtsmittel- bzw -behelfsbehörde. Die funktionelle Zuständigkeit wird auch als eine besondere sachliche Zuständigkeit bezeichnet. Die Abgabenbehörden haben daher die funktionelle Zuständigkeit ebenso wie die örtliche und sachliche Zuständigkeit von Amts wegen wahrzunehmen, wie auch die Folgen der Verletzung der Vorschriften über die funktionelle Zuständigkeit dieselben sind, wie die der Verletzung der sachlichen Zuständigkeit - im engeren Sinn verstanden. Diese nationale Rechtsprechung steht dem Gemeinschaftsrecht, das im Bereich der Zölle auch Bestimmungen über das Rechtsbehelfsverfahren enthält, nicht entgegen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2000160317.X01

Im RIS seit

08.07.2002

Zuletzt aktualisiert am

30.07.2015
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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