RS Vfgh 2003/10/3 B1408/02

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Veröffentlicht am 03.10.2003
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Index

41 Innere Angelegenheiten
41/03 Personenstandsrecht

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
StGG Art15
EMRK Art9
EMRK Art14
AnerkennungsG §2
BG über die Rechtspersönlichkeit von religiösen Bekenntnisgemeinschaften §11
PersonenstandsG §24

Leitsatz

Keine Verletzung der Religionsfreiheit und des Gleichheitsrechtes durch die Versagung der Eintragung des gemeinsamen Religionsbekenntnisses eines Ehepaares (Jehovas Zeugen) in eine Personenstandsurkunde (Heiratsurkunde); Eintragung nur der Zugehörigkeit zu einer gesetzlich anerkannten Kirche oder Religionsgesellschaft; keine unsachliche Differenzierung; grundsätzliche Freiheit des Gesetzgebers in der Gestaltung der staatlichen Personenstandsbücher

Rechtssatz

Die Unterscheidung zwischen anerkannten und nicht anerkannten Kirchen oder Religionsgesellschaften ist durch Art15 StGG verfassungsrechtlich vorgegeben (vgl schon VfSlg 9185/1981). Die Möglichkeit, im Rechtsverkehr gleich anderen Vereinigungen als organisatorische Einheit aufzutreten, ist nunmehr durch einen dem System des Vereinsrechts nachgebildeten Erwerb der Rechtspersönlichkeit nach dem (der Bedeutung und Eigenart der religiösen Bekenntnisgemeinschaften Rechnung zu tragen suchenden) BG über die Rechtspersönlichkeit von religiösen Bekenntnisgemeinschaften gewährleistet (Änderung der Rechtslage gegenüber VfSlg 13134/1992).

In der Gestaltung der staatlichen Personenstandsbücher und -urkunden ist der Gesetzgeber grundsätzlich frei. Keine Verfassungsbestimmung gebietet die Aufnahme eines Hinweises auf das Religionsbekenntnis in einer Geburts-, Heirats- oder Sterbeurkunde.

Religions- und Bekenntnisfreiheit iSd Art9 EMRK durch Entscheidung des Gesetzgebers nicht berührt und auch nicht unter Blickwinkel des Art14 EMRK zu beurteilen.

Von einer unsachlichen Diskriminierung nicht gesetzlich anerkannter Kirchen und Religionsgesellschaften kann indessen hier nicht die Rede sein. Es ist verfassungsrechtlich auch zulässig, die Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft nur dann in die öffentlichen Urkunden aufzunehmen, wenn diese einen öffentlich-rechtlichen Status genießt.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Glaubens- und Gewissensfreiheit, Religionsfreiheit, Personenstandswesen, Religionsgesellschaften

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2003:B1408.2002

Dokumentnummer

JFR_09968997_02B01408_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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