RS Vfgh 2003/11/27 B669/02 ua

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Veröffentlicht am 27.11.2003
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Index

10 Verfassungsrecht
10/04 Wahlen

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art26 Abs1, Abs5
NRWO 1992 §22
WählerevidenzG §2 Abs1
ZPO §64 Abs3

Leitsatz

Keine Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Wahlrecht zum Nationalrat durch die Aberkennung des Wahlrechts durch Nichtaufnahme in das Wählerverzeichnis infolge einer gerichtlichen Verurteilung; keine Bedenken gegen die betreffende Regelung der Nationalratswahlordnung aufgrund der verfassungsrechtlichen Grundlage der einfachgesetzlichen Regelungen im B-VG

Rechtssatz

Gewährung der Verfahrenshilfe in Form der Gebührenbefreiung.

Keine Bedenken gegen die diesbezügliche Regelung des §22 NRWO 1992; verfassungsrechtliche Grundlage in Art26 Abs5 B-VG.

Ausgehend vom historischen Normenbestand (vgl das Gesetz über die Wahlordnung für die Nationalversammlung vom 20.07.20, StGBl 351, das im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Art26 Abs5 B-VG idF BGBl 1/1920, wonach "die Ausschließung vom Wahlrecht und von der Wählbarkeit nur die Folge einer gerichtlichen Verurteilung oder Verfügung sein kann", in Geltung stand) ist der Verfassungsgerichtshof der Auffassung, dass der Verfassungsgesetzgeber in Ansehung des hier relevanten Tatbestandselementes "gerichtliche Verurteilung" (in Art26 Abs5 B-VG) bloß auf die Verurteilung durch ein inländisches Gericht abstellen wollte.

Keine sachlich nicht gerechtfertigte unterschiedliche Behandlung von in Österreich verurteilten Österreichern gegenüber in Österreich verurteilten Ausländern. Ein Ausschluss vom Wahlrecht kommt nur für österreichische Staatsbürger in Betracht, nicht aber für Angehörige anderer Staaten, die von vornherein nicht Träger dieses Rechtes sind.

Als Anknüpfungspunkt für den Ausschluss vom Wahlrecht in §22 Abs1 NRWO eine rechtskräftige Verurteilung (durch ein inländisches Gericht wegen ein oder mehrerer mit Vorsatz begangener strafbarer Handlungen) zu einer mehr als einjährigen Freiheitsstrafe zu normieren, liegt nach der Auffassung des Verfassungsgerichtshofes im Bereich des dem Gesetzgeber zustehenden rechtspolitischen Spielraumes. Dass in Folge dieser Regelung Staatsbürger, die zu einer knapp mehr als einjährigen Freiheitsstrafe wegen eines Vorsatzdeliktes verurteilt wurden, vom Wahlrecht ausgeschlossen sind und solche Staatsbürger, die zu einer knapp unter einem Jahr liegenden Freiheitsstrafe (wegen einer mit Vorsatz begangenen strafbaren Handlung) verurteilt wurden, vom Wahlrechtsausschluss nicht betroffen sind, macht die in Rede stehende gesetzliche Bestimmung dabei nicht verfassungswidrig (vgl VfSlg 13822/1994 mwH).

Die Bezirkswahlbehörde Kufstein hat in zutreffender Anwendung der Bestimmungen des §22 Abs1 zweiter und dritter Satz NRWO das für den vorliegenden Fall zu beurteilende Ende der Frist für den Ausschluss des Beschwerdeführers vom Wahlrecht - gerechnet ab dem Datum seiner bedingten Entlassung am 18.06.02 - mit dem 18.12.02 rechtsrichtig angenommen.

Entscheidungstexte

  • B 669/02 ua
    Entscheidungstext VfGH Erkenntnis 27.11.2003 B 669/02 ua

Schlagworte

Auslegung historische, VfGH / Verfahrenshilfe, Wahlen, Wahlrecht, Wählerevidenz, Inländerdiskriminierung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2003:B669.2002

Dokumentnummer

JFR_09968873_02B00669_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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