RS Vwgh 2002/9/5 2002/02/0163

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 05.09.2002
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Index

000
001 Verwaltungsrecht allgemein
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren
90/01 Straßenverkehrsordnung

Norm

StVO 1960 §24 Abs1 litd;
VerwaltungsreformG 2001 Art2;
VStG §19 Abs2;
VStG §21 Abs1a idF 2001/I/065;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

Rechtssatz

Die Behörde kann nach dem Wortlaut der Bestimmung des § 21 Abs 1a VStG idF 2001/I/065 nur dann in Anwendung dieser Bestimmung von der (weiteren) Durchführung des Strafverfahrens absehen, wenn ein "Missverhältnis" iSd § 21 Abs 1a legcit vorliegt. Von einem solchen kann jedenfalls nur dann gesprochen werden, wenn der Unrechtsgehalt gering ist und der im Interesse eines rechtsstaatlichen Verfahrens erforderliche Aufwand für die (Einleitung und) Durchführung des gegenständlichen Strafverfahrens jenen Aufwand, der üblicherweise mit einem Strafverfahren betreffend Delikte solcher Art verbunden ist, ERHEBLICH übersteigt. Eine andere Betrachtungsweise würde etwa bei so genannten "Bagatelldelikten" - außer im Fall eines Geständnisses - in der Regel zur Anwendung des § 21 Abs. 1a legcit führen, obwohl der Gesetzgeber von der Strafwürdigkeit eines Verstoßes gegen eine Vorschrift - unter Zugrundelegung öffentlicher Interessen - ausgeht; der Verdächtige hätte es nämlich in der Hand, den Strafanspruch des Staats etwa durch bloßes Bestreiten und Stellen von Beweisanträgen zunichte zu machen. (Hier: Die belBeh hat mit der bloßen Bezugnahme auf die von der Erstbehörde verhängte Geldstrafe die Rechtslage verkannt; dass dies kein wesentliches Kriterium iSd § 21 Abs 1a legcit darstellen kann, erhellt schon daraus, dass u.a. bei der Strafbemessung nach § 19 Abs. 2 letzter Satz VStG auch die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten zu berücksichtigen sind und daher die Strafhöhe mit dem "Aufwand" iSd § 21 Abs. 1a legcit nicht im Zusammenhang steht. Dass der von der belBeh im vorliegenden Fall als erforderlich erachtete Aufwand - selbst wenn von einem geringen Unrechtsgehalt der Tat auszugehen wäre - den üblicherweise mit einem Strafverfahren wegen Verdachtes der Übertretung des § 24 Abs. 1 lit. d StVO 1960 verbundenen Aufwand erheblich übersteigt, ist nicht erkennbar.)

Schlagworte

Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Bindung an den Wortlaut des Gesetzes VwRallg3/2/1 Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2 Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7 Auslegung unbestimmter Begriffe VwRallg3/4 Missverhältnis Allgemein

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2002:2002020163.X01

Im RIS seit

29.10.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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