RS Vfgh 2004/6/18 G210/03, V108/03

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 18.06.2004
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Index

90 Straßenverkehrsrecht, Kraftfahrrecht
90/02 Kraftfahrgesetz 1967, Führerscheingesetz

Norm

B-VG Art18 Abs2
B-VG Art139 Abs1 / Präjudizialität
FührerscheinG-GesundheitsV §11 Abs1
FührerscheinG §8 Abs6 Z1
Führerscheinrichtlinie 2000/56/EG
VfGG §57 Abs1
VfGG §62 Abs1

Leitsatz

Abweisung des Antrags eines Unabhängigen Verwaltungssenates auf Aufhebung von Bestimmungen der Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung betreffend die Verpflichtung des Führerscheinwerbers zur Bekanntgabe des Vorliegens einer Zuckerkrankheit; Bekanntgabe von Gesundheitsdaten vom gesetzlichen Erfordernis einer ärztlichen Untersuchung gedeckt; Zurückweisung des Gesetzesprüfungsantrags hinsichtlich der Verordnungsermächtigung mangels Darlegung der Bedenken im einzelnen

Rechtssatz

Zurückweisung des Antrags des UVS Wien auf Aufhebung des §8 Abs6 Z1 FührerscheinG mangels Darlegung der Bedenken im einzelnen.

Der vorliegende Antrag behauptet nur, dass die angefochtene Vorschrift eine "formalgesetzliche Delegation" sei. Damit legt der Antrag die Verfassungswidrigkeit der Gesetzesbestimmung keineswegs ausreichend dar. Gänzlich undeutlich wird die Behauptung der formalgesetzlichen Delegation schließlich durch die Unklarheit des beigefügten Zusatzes "... deren Inhalt nicht ausdrücklich auf eine bestimmte Grundlage abstimmt".

Zwar hat der UVS sowohl bei der Anfechtung einer Wortfolge in der Anlage zur FührerscheinG-GesundheitsV als auch bei Anfechtung des §11 Abs1 FührerscheinG-GesundheitsV eine offenkundig unrichtige Fassung dieser Bestimmungen genannt, weil die vom UVS genannten Novellen andere Teile der Verordnung betrafen. Da die angefochtenen Verordnungsbestimmungen jedoch noch in der Stammfassung der Verordnung in Geltung stehen und seither nicht geändert wurden, besteht keine Unklarheit darüber, welche Fassung aufgehoben werden soll.

Es ist nicht hervorgekommen, dass die Annahme des UVS zur Präjudizialität der angefochtenen Verordnungsbestimmungen denkunmöglich wäre. Insbesondere ist die implizite Annahme des UVS nicht denkunmöglich, dass sich das Gemeinschaftsrecht (insbesondere die relevanten Bestimmungen der EG-Führerscheinrichtlinie 2000/56/EG) auf den zu beurteilenden Fall nicht in solcher Weise auswirkt, dass die Anwendung der angefochtenen Bestimmungen verdrängt wäre.

Abweisung der Anträge des UVS auf Aufhebung der Wortfolge "Ich bin zuckerkrank / Imam šecernu bolest / Seker hastaligi" in der Anlage zur FührerscheinG-GesundheitsV, BGBl II 322/1997, sowie des §11 Abs1 FührerscheinG-GesundheitsV.

Dass die angefochtenen Verordnungsbestimmungen insofern "keine rechtliche Grundlage" haben, als sie im Rahmen des Verfahrens zur Erteilung einer Lenkberechtigung die Bekanntgabe von Gesundheitsdaten anordnen, ist schon deswegen unzutreffend, weil das Erfordernis einer ärztlichen Untersuchung im Führerscheingesetz, sohin in der "rechtlichen Grundlage" der Verordnung, vorgesehen ist. Die Bekanntgabe von Angaben zur Gesundheit dem Arzt gegenüber ist vom Gesetzesbegriff einer "ärztlichen Untersuchung" gedeckt (vgl §8 Abs6 Z1 FührerscheinG).

Die im Formblatt gemäß dem Anhang zur FührerscheinG-GesundheitsV enthaltene Frage nach einer Diabeteserkrankung ist Teil eines 9 Punkte umfassenden Katalogs gesundheitsbezogener Fragen. Diese Fragen wenden sich - ohne Unterschied - an alle Führerscheinwerber, sodass allein in der Fragestellung keine "Diskriminierung" liegt. Dass Diabetes für die Sicherheit des Lenkens von Kraftfahrzeugen von Bedeutung ist, bestreitet auch der antragstellende UVS nicht. Der Fragebogen ersetzt das ärztliche Gutachten nicht, sondern dient lediglich seiner Vorbereitung. Ob und in welchem Ausmaß die Erkrankung an Diabetes im Einzelfall für die Erteilung einer Lenkberechtigung relevant ist, ist eine medizinische Fachfrage. Daher ist weder die vorgeschriebene Fragestellung noch die ärztliche Untersuchung zu beanstanden. Eine "Einschränkung der Lenkberechtigung von Diabetikern" ist nicht Inhalt der vom UVS angefochtenen Normen.

Entscheidungstexte

Schlagworte

EU-Recht Richtlinie, Kraftfahrrecht, Lenkerberechtigung, VfGH / Formerfordernisse, VfGH / Bedenken, VfGH / Präjudizialität

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2004:G210.2003

Dokumentnummer

JFR_09959382_03G00210_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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