RS Vwgh 2003/2/18 2001/01/0457

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Veröffentlicht am 18.02.2003
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Index

10/10 Grundrechte
25/01 Strafprozess

Norm

HausRSchG 1862 §2 Abs1;
HausRSchG 1862 §2 Abs2;
StGG Art9;
StPO 1975 §141 Abs2;

Rechtssatz

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat die Legitimität der vorliegenden Hausdurchsuchung vor dem Hintergrund des § 141 Abs. 2 StPO 1975 deshalb bejaht, weil Gefahr im Verzug vorgelegen habe. Er ging also davon aus, dass es jedenfalls dieses Erfordernisses bedürfe, um eine durch die Sicherheitsorgane aus eigener Macht vorgenommene Hausdurchsuchung zu rechtfertigen. Das ist freilich nicht unumstritten. Stolzlechner zufolge (in: Grund- und Menschenrechte in Österreich II (1992), 326) ist von "Gefahr im Verzug" gemäß § 2 Abs. 2 des Gesetzes vom 27. Oktober 1862 zum Schutze des Hausrechtes, RGBl. Nr. 88 (im Folgenden: HausrechtsG), - entspricht § 141 Abs. 2 StPO 1975 - nur bei Vorliegen der in dieser Gesetzesstelle erwähnten typischen Situationen (Vorführungs- oder Verhaftbefehl; Betreten auf frischer Tat; öffentliche Nacheile oder öffentlicher Ruf; im Besitz von Gegenständen betreten) auszugehen. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen sei im Einzelfall zu prüfen; eine darüber hinausgehende Prüfung von "Gefahr im Verzug" sei im Rahmen dieser Bestimmung jedoch weder zulässig noch erforderlich, weil die gesetzlichen Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 HausrechtsG Konkretisierungen von "Gefahr im Verzug" seien. Wiederin (in: Korinek/Holoubek, Bundesverfassungsrecht, Rz 61 zu Art. 9 StGG (2001)) hat sich dieser Ansicht angeschlossen. Er merkt allerdings zutreffend an, dass sich die Interpretation der Fälle des Abs. 2 daran zu orientieren habe, dass selbständiges Einschreiten von Exekutivorganen eine gegenüber § 2 Abs. 1 HausrechtsG (§ 141 Abs. 1 StPO 1975) gesteigerte Dringlichkeit voraussetze. An anderer Stelle (aaO., Rz 67) führt er weiter aus, dass der hier zu beurteilende Fall der Existenz eines (gerichtlichen) Haftbefehls im Rahmen des § 2 Abs. 2 HausrechtsG (§ 141 Abs. 2 StPO 1975) einen Fremdkörper darstelle; seitens des Gesetzgebers sei ausschließlich an Nacheilekonstellationen gedacht worden. Entgegen den beiden eben erwähnten Autoren vertritt Mayer (in: B-VG3 (2002), Art. 9 StGG V. 2.) die Ansicht, dass auch im Fall des § 2 Abs. 2 HausrechtsG (§ 141 Abs. 2 StPO 1975) neben den dort genannten besonderen Umständen gesondert "Gefahr im Verzug" vorliegen muss (in diesem Sinn auch Foregger/Fabrizy, StPO8, Rz 2 zu § 141, Bertel/Venier, Strafprozessrecht7 (2002), Rz 481, Hauer/Keplinger, Kommentar zum Sicherheitspolizeigesetz2 (2001), Anm. B. 1. zu § 141 StPO 1975 und Demmelbauer/Hauer, Sicherheitspolizeirecht (2002), Rz 223).

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2001010457.X02

Im RIS seit

05.05.2003

Zuletzt aktualisiert am

07.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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