RS Vfgh 2005/6/9 A23/04

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Veröffentlicht am 09.06.2005
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Index

32 Steuerrecht
32/01 Finanzverfahren, allgemeines Abgabenrecht

Norm

B-VG Art137 / ord Rechtsweg
FinStrG §91 Abs2
StPO §113

Leitsatz

Zurückweisung einer Klage gegen den Finanzminister auf Herausgabe im Zuge einer Betriebsprüfung aufgrund richterlichen Befehls beschlagnahmter Unterlagen mangels Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes; Zuständigkeit des ordentlichen Gerichts zu Verfügungen über die verwahrten Gegenstände

Rechtssatz

Der Begriff des ordentlichen Rechtsweges ist nicht auf jene Fälle zu beschränken, die von den ordentlichen Gerichten im Streitverfahren nach den Bestimmungen der ZPO zu entscheiden sind; die Zuständigkeit ist vielmehr auch etwa in solchen Angelegenheiten ausgeschlossen, in denen der vermögensrechtliche Anspruch im Zuge eines strafgerichtlichen Verfahrens geltend gemacht werden kann.

Im vorliegenden Fall beruht die Beschlagnahme durch Organe des Finanzamtes Linz, Prüfungsabteilung für Strafsachen, auf dem Hausdurchsuchungs- und Beschlagnahmebefehl des zuständigen Untersuchungsrichters des Landesgerichtes Wels vom 08.11.01, der, auf "Beschlagnahme sämtlicher Handakten sowie sämtlicher weiterer Unterlagen im Zusammenhang mit der Geschäftstätigkeit" des Geschäftsführers und seiner Firmengruppe lautete. Nur das Gericht ist daher auch zuständig, über die verwahrten Gegenstände zu verfügen. Die Vorschrift des §91 Abs2 FinStrG, wonach beschlagnahmte Gegenstände unverzüglich zurückzugeben sind, wenn die Aufrechterhaltung der Beschlagnahme nicht (mehr) gerechtfertigt ist, kommt dagegen nur im verwaltungsbehördlichen Finanzstrafverfahren in Betracht und findet daher im vorliegenden Fall von vornherein keine Anwendung.

Gegen die Bewilligung einer Beschlagnahme durch den Untersuchungsrichter steht gemäß der auch im gerichtlichen Finanzstrafverfahren anwendbaren Vorschrift des §113 StPO (vgl §195 Abs1 FinStrG) das Recht zu, darüber eine Entscheidung der Ratskammer zu verlangen.

Dieses Recht ist auch nicht nur auf den Geschäftsführer bzw die Mitarbeiterin, gegen die wegen Verdachts der Abgabenhinterziehung das Finanzstrafverfahren eingeleitet wurde, beschränkt, sondern steht allen offen, die sich beschwert erachten, so auch dem Eigentümer einer beschlagnahmten Sache.

§113 StPO bietet aber auch eine Handhabe, um gegen die behauptete Säumigkeit des Untersuchungsrichters, über den Antrag auf Rückstellung der beschlagnahmten Unterlagen zu entscheiden, vorzugehen: Die Beschwerde nach §113 StPO betrifft nämlich inhaltlich sowohl Verfügungen als auch ein Unterlassen und ist daher auch als eine Art Säumnisbeschwerde anzusehen.

Entscheidungstexte

  • A 23/04
    Entscheidungstext VfGH Beschluss 09.06.2005 A 23/04

Schlagworte

Finanzstrafrecht, Beschlagnahme, Gericht Zuständigkeit - Abgrenzung von Verwaltung, Strafrecht, Strafprozeßrecht, VfGH / Klagen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2005:A23.2004

Dokumentnummer

JFR_09949391_04A00023_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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