RS Vfgh 2005/6/17 B336/05

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Veröffentlicht am 17.06.2005
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Index

41 Innere Angelegenheiten
41/02 Staatsbürgerschaft, Paß- und Melderecht, Fremdenrecht

Norm

EMRK Art3
AsylG 1997 §5 Abs1, §5a Abs1
BVG-Rassendiskriminierung ArtI Abs1
Dublin II-VO des Rates vom 18.02.03. EG 343/2003 Art3

Leitsatz

Keine Verletzung im Recht, nicht der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen zu werden sowie im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander durch die Zurückweisung eines Asylantrages und Ausweisung eines Schwarzafrikaners als unzulässig aufgrund Zuständigkeit eines anderen EU-Mitgliedstaates iSd Dublin II-VO; ausreichende Auseinandersetzung mit der Frage des Risikos einer Kettenabschiebung durch die Slowakei

Rechtssatz

Der Verfassungsgerichtshof geht in Übereinstimmung mit dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (s etwa EGMR 07.07.89, Fall Soering, EuGRZ 1989, 314 [319]; 30.10.91, Fall Vilvarajah ua., ÖJZ 1992, 309 [309]; 06.03.01, Fall Hilal, ÖJZ 2002, 436 [436 f.]) davon aus, dass die Entscheidung eines Vertragsstaates, einen Fremden auszuliefern - oder in welcher Form immer außer Landes zu schaffen -, unter dem Blickwinkel des Art3 EMRK erheblich werden und demnach die Verantwortlichkeit des Staates nach der EMRK begründen kann, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme glaubhaft gemacht worden sind, dass der Fremde konkret Gefahr liefe, in dem Land, in das er ausgewiesen werden soll, Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen zu werden (VfSlg 13837/1994, 14119/1995 und 14998/1997).

Die belangte Behörde war trotz Anwendung der Dublin II-VO verpflichtet zu untersuchen, ob im konkreten Einzelfall das Risiko einer Kettenabschiebung in ein Land bestand, in dem der Asylwerber dem Risiko einer Verletzung des Art3 EMRK ausgesetzt ist. Diesfalls wäre das Eintrittsrecht auszuüben gewesen.

Die belangte Behörde hat sich mit der Frage befasst, ob das Risiko einer Kettenabschiebung durch die Slowakei besteht und hat dieses Risiko verneint. Insofern hat sie weder eine grundrechtswidrige Gesetzesauslegung vorgenommen, noch sind ihr - aus der Sicht des vorliegenden Falles, in dem der Beschwerdeführer sich auf bloß pauschale Behauptungen zurückgezogen hat - grobe Verfahrensfehler unterlaufen.

Weiters keine Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander und auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter.

Zur Verfassungskonformität der maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetzes siehe auch E 15.10.04, G237/03 ua.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Asylrecht, Refoulement-Verbot, Drittstaatsicherheit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2005:B336.2005

Dokumentnummer

JFR_09949383_05B00336_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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