RS Vfgh 2005/6/23 G150/04, F2/04

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Veröffentlicht am 23.06.2005
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Index

66 Sozialversicherung
66/03 Sonstiges

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art140 Abs1 / Prüfungsgegenstand
B-VG Art15a
B-VG Art138a
BundespflegegeldG (BPGG) §13 idF StrukturanpassungsG 1996
F-VG 1948 §4
Vereinbarung gemäß Art15a B-VG über gemeinsame Maßnahmen des Bundes und der Länder für pflegebedürftige Personen, BGBl 866/1993 Art1, Art2, Art15

Leitsatz

Keine Verletzung des finanzverfassungsrechtlichen Sachlichkeitsgebotes der gleich gebliebenen Begrenzung des Erstattungsanspruchs der Träger der Sozialhilfe bei Heimunterbringung auf 80 Prozent des Anspruchs auf Pflegegeld trotz Kürzung des Anspruchs von - in teilweise öffentlich finanzierter Pflege untergebrachter - Personen auf Taschengeld von 20 Prozent auf 10 Prozent durch das Strukturanpassungsgesetz 1996; angemessener Interessenausgleich dieser finanzausgleichsrechtlichen Regelungen in der betreffenden Vereinbarung gemäß Art15a B-VG zwischen Bund und Ländern; Pflegetaschengeld nicht relevant für Sozialhilfe

Rechtssatz

Abweisung der Anträge der Oö Landesregierung auf Aufhebung der Wortfolge ", höchstens jedoch bis zu 80 v.H.," in §13 Abs1 des BundespflegegeldG (BPGG), BGBl 110/1993 idF des StrukturanpassungsG 1996, BGBl 201, sowie auf Feststellung, dass der Bund seine aus Art1 Abs1, Abs2 und Abs4 sowie Art15 der Vereinbarung gemäß Art15a B-VG über gemeinsame Maßnahmen des Bundes und der Länder für pflegebedürftige Personen, BGBl 866/1993, folgenden Verpflichtungen nicht erfüllt hat.

Kein Eingehen auf Bedenken hinsichtlich des Vergleichs der Leistungsgewährung für "Selbstzahler" einerseits und Pflegebedürftige in teilweise öffentlich finanzierter Pflege andererseits; Taschengeldregelung nicht angefochten.

Da die beiden Regelungen aus der Sicht der behaupteten verfassungsrechtlichen Anforderung, beiden verglichenen Fallgruppen (direkt oder indirekt) jeweils gleich hohe Ansprüche auf Pflegegeld zukommen zu lassen, in untrennbarem Zusammenhang stehen, ist es dem Verfassungsgerichtshof auf Grund des insoweit zu engen Umfangs der Anfechtung verwehrt, auf dieses Bedenken einzugehen.

Die angegriffene Regelung stellt nicht das System der Zweckwidmung des Pflegegeldes in Frage, sondern begrenzt lediglich die dem Land (der Gemeinde, dem Sozialhilfeträger) als Träger von Pflegeeinrichtungen zufließenden Bundesmittel wie schon im Stammgesetz mit 80 vH des Pflegegeldes.

Finanzausgleichsrechtliche Natur der Regelung.

Die im Bund-Länder-Vertrag getroffenen Vereinbarungen sind unter Einbeziehung des BPGG paktiert worden. Im Hinblick darauf, dass sich die Länder in dieser Vereinbarung (Art2 Abs2 zweiter Satz) verpflichtet haben, Landesgesetze und Verordnungen mit gleichen Grundsätzen und Zielsetzungen wie der Bund zu erlassen, besteht jedoch kein Anlass daran zu zweifeln, dass in dieser Übereinkunft zwischen Bund und Ländern ein angemessener Interessenausgleich zum Ausdruck kommt und daher §13 BPGG Teil dieses Interessenausgleiches ist.

Vereinbarter Finanzierungsschlüssel nur insoweit, als den Ländern, Gemeinden und Sozialhilfeträgern im Falle einer von ihnen zumindest mitfinanzierten stationären Pflege - zusätzlich zu den ihnen allenfalls aus der Legalzession gemäß §324 Abs3 ASVG zukommenden Mitteln - aus dem Pflegegeldanspruch nach dem BPGG im Wege der Legalzession ein Betrag bis zur Höhe der tatsächlichen Pflegegebühren, höchstens aber von 80 vH des jeweiligen Pflegegeldes (in den Stufen 1 und 2 nach Maßgabe des Taschengeldes entsprechend weniger) zufließen sollte.

Kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem Taschengeldanspruch und dem Ausmaß des Anspruchsüberganges, Pflegetaschengeld für Grund und Höhe des Sozialhilfeanspruchs irrelevant; keine zusätzlichen Lasten für die Länder.

Der Bund war aus finanzverfassungsrechtlicher Sicht daher auch nicht verpflichtet, entweder zu seiner gesetzgeberischen Maßnahme eine erneute vertragliche Zustimmung der Länder einzuholen oder diese am "Ertrag" einer Sparmaßnahme anteilig partizipieren zu lassen.

Es kann also insgesamt nicht gesagt werden, dass der Bund "die artikulierte Interessenlage" der Länder "geradezu willkürlich ignoriert oder missachtet" oder das mit der Bund-Länder-Vereinbarung letztlich kreierte finanzausgleichsrechtliche System der Erbringung pflegebezogener Geldleistungen "schwerwiegend gestört" hätte.

Bund-Länder-Vereinbarung auf Basis des §13 BPGG in der Stammfassung, keine Veränderung des strittigen Ausmaßes des Anspruchsüberganges durch das StrukturanpassungsG 1996.

Entscheidungstexte

  • G 150/04,F 2/04
    Entscheidungstext VfGH Erkenntnis 23.06.2005 G 150/04,F 2/04

Schlagworte

Behinderte, Pflegegeld, Finanzverfassung, Finanzausgleich, Sozialhilfe, Vereinbarungen nach Art15a B-VG, VfGH / Bedenken, VfGH / Prüfungsumfang, VfGH / Prüfungsgegenstand

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2005:G150.2004

Dokumentnummer

JFR_09949377_04G00150_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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