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L8 Boden- und VerkehrsrechtNorm
B-VG Art144 Abs1 / AnlaßfallSpruch
Die beschwerdeführende Gesellschaft ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in ihren Rechten verletzt worden.
Der Bescheid wird aufgehoben.
Das Land Tirol ist schuldig, der Beschwerde führenden Gesellschaft zuhanden des Rechtsvertreters die mit € 1.815,-- bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Die beschwerdeführende Gesellschaft betreibt am Standort Kufstein eine mechanisch-biologische Restmüllsplittinganlage, die mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kufstein vom 27. Jänner 2000 gewerberechtlich genehmigt wurde.
2. Die genannte Gesellschaft beantragte mit Schreiben vom 29. Jänner 2003 - aufgrund einer Aufforderung der Tiroler Landesregierung gemäß §23 Abs2 Tiroler Abfallwirtschaftsgesetz (im Folgenden: TAWG) - die Erteilung einer Genehmigung des von ihr für die Abfallbehandlung festgesetzten Tarifs. Die Antragstellerin vertrat allerdings die Auffassung, dass die gegenständliche Anlage keine öffentliche Behandlungsanlage iSd TAWG sei und daher der (nur für öffentliche Anlagen geltenden) Tarifgenehmigungspflicht des §23 TAWG gar nicht unterfalle.
3. Über diesen Antrag entschied die Tiroler Landesregierung (als erste und letzte Instanz) mit Bescheid vom 6. Februar 2004. Die Behörde stellte fest, dass es sich bei der in Rede stehenden Anlage "zweifelsfrei" um eine öffentliche Behandlungsanlage iSd TAWG handle. Dies ergebe sich aus der Definition des §2 Abs5 TAWG, LGBl. 50/1990 idF 44/2003, iVm §8a der Verordnung der Tiroler Landesregierung vom 1. Dezember 1992, mit der ein Abfallwirtschaftskonzept erlassen wird, LGBl. 1/1993 idF 13/2000 (im Folgenden: TAWK). Der Antrag auf Tarifgenehmigung wurde abgewiesen.
4. Die auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde behauptet die Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und Unversehrtheit des Eigentums ua. wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung.
II. 1. Aus Anlass dieser Beschwerde leitete der Verfassungsgerichtshof gemäß Art139 Abs1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit des §8a TAWK ein. Mit Erkenntnis vom 1. Dezember 2005, V81/05, hat der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen, dass die Absätze 1 und 2 des §8a TAWK als gesetzwidrig aufgehoben werden sowie dass §8a Abs3 TAWK gesetzwidrig war.
Die belangte Behörde hat gesetzwidrige Verordnungsbestimmungen angewendet. Es ist nach Lage des Falles offenkundig, dass ihre Anwendung für die Rechtsstellung der beschwerdeführenden Gesellschaft nachteilig war.
Die beschwerdeführende Gesellschaft wurde also durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in ihren Rechten verletzt (zB VfSlg. 10.303/1984, 10.515/1985).
2. Der Bescheid war daher aufzuheben.
3. Dies konnte gemäß §19 Abs4 Z3 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist eine Eingabengebühr gemäß §17a VfGG in der Höhe von € 180,-- enthalten.
Schlagworte
VfGH / AnlaßfallEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2005:B398.2004Dokumentnummer
JFT_09948795_04B00398_00