RS Vfgh 2005/12/7 G73/05

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Veröffentlicht am 07.12.2005
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Index

86 Veterinärrecht
86/01 Veterinärrecht allgemein

Norm

B-VG Art140 Abs1 / Individualantrag
StGG Art6 Abs1 / Erwerbsausübung
TierschutzG §31 Abs5

Leitsatz

Keine Verletzung der Erwerbsausübungsfreiheit durch das Verbot der Haltung bzw Ausstellung von Hunden und Katzen im Rahmen gewerblicher Tätigkeit in Zoofachgeschäften zum Zweck des Verkaufes im Tierschutzgesetz; kein generelles Verkaufsverbot, bloße Beschränkung von Verkaufsmodalitäten; keine Überschreitung des gesetzlichen Gestaltungsspielraumes; Vorliegen eines öffentlichen Interesses am Schutz des Lebens und des Wohlbefindens der Tiere; artgerechte Tierhaltung in Zoofachgeschäften und anderen gewerblichen Einrichtungen nicht gewährleistet

Rechtssatz

Zulässigkeit des Individualantrags auf Aufhebung des §31 Abs5 TierschutzG, BGBl I 118/2004.

Die bekämpfte Bestimmung normiert ein Verbot, Hunde und Katzen im Rahmen gewerblicher Tätigkeit in Zoofachgeschäften zum Zweck des Verkaufes zu halten und auszustellen. Dieses Verbot trifft die antragstellende Gesellschaft als Betreiberin eines Zoofachgeschäftes unmittelbar und aktuell in ihrer Rechtssphäre.

Kein zumutbarer Umweg - jedenfalls betr Tiere, die vor dem 01.01.05 noch nicht im Besitz der Antragstellerin standen; Provozierung eines verwaltungsbehördlichen Strafverfahrens nicht zumutbar.

Abweisung des Antrags.

Der Verfassungsgerichtshof geht davon aus, dass der Gesetzgeber mit der Bestimmung des §31 Abs5 TierschutzG kein generelles Verkaufsverbot normiert, sondern ein - auf den Verkaufszweck eingeschränktes - Haltungs- und Ausstellungsverbot im Rahmen gewerblicher Tätigkeiten in Zoofachgeschäften und anderen gewerblichen Einrichtungen, in denen Tiere angeboten werden, vorsieht.

Bei der angefochtenen Bestimmung handelt es sich lediglich um eine Beschränkung von Verkaufsmodalitäten, nicht jedoch um ein Verkaufsverbot schlechthin.

Gesetzliche Regelungen, die die Berufsausübung beschränken, sind auf ihre Übereinstimmung mit der verfassungsgesetzlich verbürgten Freiheit der Erwerbsbetätigung zu prüfen. Das bedeutet, dass (Berufs-)Ausübungsregeln bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe verhältnismäßig sein müssen. Es steht dem Gesetzgeber bei der Regelung der Erwerbsausübung jedoch ein größerer rechtspolitischer Gestaltungsspielraum offen als bei Regelungen, die den Zugang zu einem Beruf (den Erwerbsantritt) beschränken, weil und insoweit durch solche die Ausübung einer Erwerbstätigkeit regelnden Vorschriften der Eingriff in die verfassungsgesetzlich geschützte Rechtssphäre weniger gravierend ist als durch Vorschriften, die den Zugang zum Beruf überhaupt behindern.

Keine Überschreitung des Gestaltungsspielraums.

Vorliegen eines öffentlichen Interesses am Schutz des Lebens und des Wohlbefindens der Tiere aus der besonderen Verantwortung der Menschen für das Tier als Mitgeschöpf.

Abgesehen von der Haltung von Hunden und Katzen in Zoofachgeschäften selbst sind andere Formen der Geschäftsanbahnung (wie etwa unter Zuhilfenahme von Fotos, Katalogen, Videos, Internet, etc.), sei es zur Vermittlung oder zum (Direkt-)Verkauf, vom Verbot des §31 Abs5 TierschutzG nicht erfasst.

Der Auffassung der Bundesregierung, dass die Regelung unter Berücksichtigung des als wesentlich anzusehenden Interesses am Schutz des Lebens und des Wohlbefindens der Tiere schlechthin und des Umstandes, dass Betreibern von Zoofachgeschäften zahlreiche andere Möglichkeiten der Geschäftsanbahnung mit Hunden und Katzen sowie Tieren, die nicht unter das Verbot des §31 Abs5 TierschutzG fallen, offen stehen, einen verhältnismäßigen Eingriff in die Erwerbsausübungsfreiheit darstellt, kann nicht entgegengetreten werden; hinzu kommt als wesentlicher Aspekt, dass "insbesondere im Hinblick auf die Sozialisation von Jungtieren in Geschäftslokalen" in Zoofachgeschäften und anderen gewerblichen Einrichtungen eine artgerechte Tierhaltung, die offenkundig ein Anliegen des Gesetzgebers ist, nicht gewährleistet werden kann.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Erwerbsausübungsfreiheit, Tierschutz, VfGH / Individualantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2005:G73.2005

Dokumentnummer

JFR_09948793_05G00073_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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