RS Vfgh 2006/3/9 V96/05

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Veröffentlicht am 09.03.2006
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Index

66 Sozialversicherung
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz

Norm

B-VG Art18 Abs2
ASVG §131, §131a, §131b, §135
Satzung 2004 der Krnt Gebietskrankenkasse §24 Abs2

Leitsatz

Keine Gesetzwidrigkeit einer Bestimmung der Satzung 2004 der Kärntner Gebietskrankenkasse betreffend einen Kostenzuschuss für Krankenbehandlung bei Fehlen (gesamt-)vertraglicher Regelungen für Gruppenpraxen; analoge Anwendung der Bestimmung des ASVG über Kostenzuschüsse bei Fehlen vertraglicher Regelungen zur Vermeidung einer gleichheitswidrigen Rechtslage

Rechtssatz

Abweisung des Antrags des LG Klagenfurt auf Aufhebung des §24 Abs2 der Satzung 2004 der Krnt Gebietskrankenkasse.

Eine Kostenerstattung gemäß §131 Abs1 ASVG für eine privat in Anspruch genommene Krankenbehandlung durch Ärzte in einer Gruppenpraxis setzt voraus, dass im betreffenden Bundesland ein Gesamtvertrag für Gruppenpraxen besteht (und die betreffende Leistung von diesem Gesamtvertrag erfasst ist).

Die angefochtene Satzungsbestimmung regelt demgegenüber aber einen anderen Fall, nämlich den des Fehlens einer vertraglichen Regelung für Vertrags-Gruppenpraxen; sie vermag sich daher - ungeachtet der Überschrift des §24 der Satzung 2004 - insoweit weder auf §131 ASVG zu stützen, noch steht sie - was die Höhe der Kostenerstattung betrifft (80 % des um 10 % verminderten Tarifsatzes für einen vergleichbaren Vertragsarzt) - zu dieser gesetzlichen Bestimmung in Widerspruch.

Die im Anlassfall gegebene Konstellation des Fehlens einer vertraglichen Regelung für Gruppenpraxen ist weder in §131a noch in §131b ASVG ausdrücklich geregelt, wohl aber sind für andere Fälle der Lückenhaftigkeit von Verträgen in §131a und §131b ASVG Regelungen getroffen.

Es ist insoweit aber, gemessen am Konzept des Gesetzgebers und zur Vermeidung einer dem Gleichheitssatz widersprechenden Rechtslage, das Vorliegen einer planwidrigen Lücke anzunehmen, die durch analoge Anwendung des §131b ASVG zu schließen ist:

Es wäre nämlich kein sachlicher Grund dafür ersichtlich, bei sonst gleichem Sachverhalt (dh ursprüngliches Fehlen einer vertraglichen Regelung) die Ansprüche des Versicherten davon abhängig zu machen, ob er ärztliche Hilfe in einer Gruppenpraxis (§135 Abs1 erster Satz ASVG) oder aber - der ärztlichen Hilfe gleichgestellte (§135 Abs1 zweiter Satz ASVG), von §131b ASVG ausdrücklich erfasste - Leistungen eines anderen Gesundheitsberufes in Anspruch genommen hat. Der gesetzliche Anspruch der nach dem ASVG versicherten Personen auf Krankenbehandlung hängt nämlich bei Vorliegen aller sonstigen Voraussetzungen dem Grunde nach nicht vom Bestehen (gesamt-)vertraglicher Regelungen ab.

Die Bestimmung des §131b ASVG ist daher analog auch auf den Fall anzuwenden, dass für Gruppenpraxen (noch) kein Gesamtvertrag besteht. Der Versicherungsträger hat somit (auch) für die in diesen Einrichtungen erbrachten ärztlichen Leistungen in seiner Satzung unter Bedachtnahme auf seine finanzielle Leistungsfähigkeit und das wirtschaftliche Bedürfnis der Versicherten Kostenzuschüsse vorzusehen.

Diesem gesetzlichen Gebot trägt die angefochtene Bestimmung des §24 Abs2 der Satzung 2004 der Krnt Gebietskrankenkasse Rechnung.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Sozialversicherung, Krankenversicherung, Satzung, Analogie, Auslegung verfassungskonforme

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2006:V96.2005

Dokumentnummer

JFR_09939691_05V00096_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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