RS Vfgh 2006/9/28 G135/05

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Veröffentlicht am 28.09.2006
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Index

L4 Innere Verwaltung
L4410 Feuerpolizei, Kehrordnung

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art10 Abs1 Z8
StGG Art6 Abs1 / Erwerbsausübung
Bgld KehrG §2, §3, §9, §11, §13
GewO 1994 §106, §123 Abs2

Leitsatz

Aufhebung von - teils gewerberechtlichen - Bestimmungen des Bgld Kehrgesetzes über das Reinigen, Überprüfen und Kehren von Feuerungsanlagen insbesondere hinsichtlich der Unentgeltlichkeit bestimmter Tätigkeiten der RauchfangkehrerInnen wegen Kompetenzwidrigkeit bzw Verletzung der Erwerbsfreiheit und des Gleichheitssatzes; im Übrigen Abweisung des - zulässigen - Individualantrags eines Rauchfangkehrers

Rechtssatz

Aufhebung von §2 Abs3, des letzten Satzes in §3 Abs3, der Worte "ohne Mehrkosten" in §9 Abs3, des letzten Satzes in §11 Abs2 und der Z7 in §13 Abs1 Bgld KehrG, LGBl 46/2005.

Mit ihrer Einlassung, §2 Abs3 Bgld KehrG (betr Überprüfung bzw Reinigung von Rauchfängen etc durch bestimmte Rauchfangkehrer) habe durch den Verweis auf die Gewerbeordnung lediglich denselben Inhalt wie diese, räumt die Burgenländische Landesregierung selbst ein, dass es sich um eine gewerberechtliche Vorschrift handelt. Die bekämpfte Gesetzesstelle enthält nicht etwa lediglich eine Anknüpfung feuerpolizeilicher Normen an einen gewerberechtlichen Tatbestand, sondern trifft eine gleichartige Regelung. Für eine solche Regelung ist der Landesgesetzgeber unzuständig, weil sie eine Angelegenheit des Gewerbes nach Art10 Abs1 Z8 B-VG betrifft.

Warum es der Brandsicherheit dienlich sein soll, die Überprüfung der in §3 Abs3 Bgld KehrG genannten Objekte den Rauchfangkehrern zur unentgeltlichen Besorgung aufzuerlegen, ist unerfindlich. Die Maßnahme ist nicht nur ungeeignet, das Ziel zu erreichen, es ist auch unsachlich, ein einzelnes Element aus der für die Tarifgestaltung maßgeblichen Kostenbewertung ganz herauszunehmen. Der bekämpfte letzte Satz des §3 Abs3 verbietet es dem Landeshauptmann, diesen Teil der Tätigkeit des Rauchfangkehrers bei Festsetzung der Tarife überhaupt zu berücksichtigen. Dieser Satz ist jedenfalls wegen Verstoßes gegen die Erwerbsfreiheit als verfassungswidrig aufzuheben.

Dass der Rauchfangkehrer nach §9 Abs2 und Abs3 Bgld KehrG bei Strafe verhalten ist, den von ihm selbst aufgestellten Kehrplan einzuhalten, ist auch dann unbedenklich, wenn die Kunden zur Wahrnehmung des Termins nicht bei Strafe verpflichtet sind.

Was die mehrkostenfreie Nachholung eines vom Kunden verschobenen oder vereitelten Termins betrifft, ist zu berücksichtigen, dass dieser Termin zunächst einseitig festgelegt wurde. Es mag daher sachlich begründet sein, rechtzeitig nachgesuchte Terminverschiebungen zu Lasten des Rauchfangkehrers gehen zu lassen, dessen Entlohnung die allenfalls verursachten (bloßen) Umdispositionen pauschal einkalkulieren kann. Nicht einzusehen ist aber, dass die Vereitelung eines vom Rauchfangkehrer eingehaltenen Termins durch den Kunden Risiko des Rauchfangkehrers sein soll, sodass er den frustrierten Aufwand und die allfälligen Mehrkosten - womöglich wiederholt - nicht in Rechnung stellen darf. Der Hinweis der Landesregierung auf eine entsprechende Gestaltung des Kehrtarifs - bei der der Landeshauptmann offenbar §9 Abs3 unbeachtet gelassen hat - bestätigt die Unsachlichkeit der Regelung.

Die Worte "ohne Mehrkosten" sind daher wegen Verstoßes gegen den Gleichheitssatz als verfassungswidrig aufzuheben.

Zum letzten Satz des §11 Abs2 Bgld KehrG (betr die unentgeltliche Erstellung eines schriftlichen Berichtes) räumt die Landesregierung selbst ein, dass der Kehrtarif die Kosten einer eventuellen Berichtsverfassung im Objekttarif berücksichtigt. Ist aber die Bedachtnahme auf diesen - nur unter bestimmten Umständen anfallenden - Aufwand eine Frage der Tarifgestaltung, erweist sich der bekämpfte Satz als eine gewerberechtliche Vorschrift und ebenso unsachlich wie die parallelen Verrechnungsverbote in §3 Abs3 und §9 Abs3. Der letzte Satz des §11 Abs2 ist als kompetenzwidrig und wegen Verletzung der Erwerbsfreiheit aufzuheben.

§13 Abs1 Z7 Bgld KehrG (Strafbestimmung) verliert damit seine Grundlage und muss zur Vermeidung von allfälligen unzutreffenden Schlüssen mit aus dem Gesetzestext entfernt werden.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Kompetenz Bund - Länder Gewerbe und Industrie, Gewerberecht, Rauchfangkehrergewerbe, Feuerpolizei, Verweisung, Erwerbsausübungsfreiheit, VfGH / Individualantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2006:G135.2005

Dokumentnummer

JFR_09939072_05G00135_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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