RS Vfgh 2006/10/5 A23/05

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Veröffentlicht am 05.10.2006
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Index

32 Steuerrecht
32/07 Stempel- und Rechtsgebühren, Stempelmarken

Norm

B-VG Art10 Abs1 Z3
B-VG Art137 / Klage zw Gebietsk
F-VG 1948 §2
FAG 2001 §8
GebührenG 1957 §14 TP9 Abs5
PaßG 1992 §16

Leitsatz

Abweisung einer Klage der Stadt Linz gegen den Bund auf Ersatz der Produktions- und Versandkosten für zentral produzierte Passrohlinge und Personalausweise; im Gebührengesetz vorgesehene Pauschalabgeltung des Aufwandes für Reisedokumente finanzausgleichsrechtliche Regelung; Herstellungskosten durch die Pauschalabgeltung in vollem Umfang abgegolten

Rechtssatz

Passwesen nach Art10 Abs1 Z3 B-VG Bundessache in Gesetzgebung und Vollziehung; Vollziehung im übertragenen Wirkungsbereich der Gemeinde durch den Bürgermeister; Maßgeblichkeit der Grundsätze der Kostentragung wie in der mittelbaren Bundesverwaltung (Personalaufwand und Amtssachaufwand durch die besorgende Gebietskörperschaft, keine Kostentragungspflicht für den konkreten Sachaufwand, sondern Ersatzpflicht der Gebietskörperschaft, der die aufwandsverursachende Aufgabe zuzuordnen ist - siehe Vorjudikatur).

§14 TP9 GebührenG 1957, der die Stempelgebühren im Zusammenhang mit der Ausstellung etc von Reisedokumenten regelt, sieht in Abs5 eine pauschale Abgeltung des Aufwandes der ausstellenden Gebietskörperschaft vor, und zwar derart, dass die Gebietskörperschaft, der die ausstellende Behörde zuzurechnen ist, letztlich einen Anteil der vom Antragsteller nach Abs1 und Abs2 leg cit für das jeweilige Reisedokument zu entrichtenden Gebühr erhält. Bei dieser Norm handelt es sich offenbar nicht um eine gebührenrechtliche, sondern um eine finanzausgleichsrechtliche Regelung, deren Zweck es ist, das Aufkommen der für die Ausstellung von Reisedokumenten erhobenen Stempelgebühren (bei denen es sich um ausschließliche Bundesabgaben handelt: §8 FAG 2001 bzw §7 FAG 2005) teilweise den mit den Kosten der Ausstellung belasteten Gebietskörperschaften zukommen zu lassen. Eine (abweichende) Kostentragungsregelung iSd §2 F-VG 1948, nämlich eine Kostenübernahmeregelung, ist darin insoweit zu sehen, als mit dem Pauschalbetrag Kosten abgegolten werden, die nach §2 F-VG 1948 von den Ländern bzw Gemeinden zu tragen wären (Personalaufwand, allgemeiner Amtssachaufwand). Soweit hingegen mit der Pauschalabgeltung Kosten ersetzt werden, die vom Bund zu tragen wären (konkreter Sachaufwand), aber bei den Ländern bzw Gemeinden anfallen, wäre die Pauschalabgeltung eine bloße Kostenersatzregelung.

Seit dem BudgetbegleitG 2000, BGBl I 26, das die Abgeltung von S 130,- auf S 590,- erhöht und die Beteiligung der ausstellenden Körperschaften an der Stempelgebühr von 26 % auf 62 % angehoben hat, waren mit der Pauschalabgeltung jedenfalls (auch) die Herstellungskosten der Passrohlinge und Ausweisformulare abgegolten. Das betrifft auch die hier strittigen Zeiträume der Jahre 2003 und 2004. Produktionskosten der Drucksorten bei der Bemessung der Pauschalabgeltung nicht ausgenommen, selbst im Falle des Vorliegens von konkretem Sachaufwand. Stempelgebühren keine Gegenleistung für konkrete Leistungen der Verwaltung, Bundesanteil am Gebührenaufkommen gerechtfertigt, keine Bindung an ein strenges (Kosten)Äquivalenzprinzip, Erzielung fiskalischer Erträge nicht ausgeschlossen.

Der in §14 TP9 Abs5 GebührenG 1957 vorgesehene Pauschalbetrag hat somit in dem im Streitfall maßgeblichen Zeitraum 01.02.03 bis 02.05.04 (auch) die Kosten der Produktion der Reisedokumente in vollem Umfang abgegolten, weshalb das Klagebegehren jedenfalls ungerechtfertigt ist und der Gerichtshof es dahin gestellt sein lassen kann, ob es sich bei den strittigen Herstellungskosten um konkreten oder allgemeinen Amtssachaufwand handelt.

Hinweis aus Gründen der Prozessökonomie auf die - im Zusammenhang mit der Umstellung der Reisepässe auf den sog Hochsicherheitspass (mit Speicherung biometrischer Daten) - getroffene Vereinbarung der Finanzausgleichspartner über die Höhe der Gebühren und Kostentragung vom 15.11.05:

Vereinbarung der Finanzausgleichspartner hinsichtlich einer vollen Abgeltung der Produktionskosten - siehe auch Novellierung des §14 TP9 in BGBl I 44/2006. Ob die nunmehr verminderte Nettoabgeltung für Länder und Gemeinden (der im Übrigen eine gleiche Verminderung des beim Bund verbleibenden Abgabenbetrages gegenübersteht) ausreicht, um auch in Zukunft deren gesamten Personal- und Sachaufwand im Zusammenhang mit der Dokumentenausstellung abzudecken, ist nicht von Bedeutung.

Entscheidungstexte

Schlagworte

VfGH / Klagen, Paßwesen, Gebühr (GebG), Finanzverfassung, Finanzausgleich, Kostentragung, Bundesverwaltung mittelbare, Wirkungsbereich übertragener

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2006:A23.2005

Dokumentnummer

JFR_09938995_05A00023_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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