RS Vfgh 2007/9/28 B133/07 ua

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Veröffentlicht am 28.09.2007
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Index

20 Privatrecht allgemein
20/08 Urheberrecht

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art11 Abs2
B-VG Art18 Abs1
B-VG Art102 Abs2
B-VG Art133 Z4
B-VG Art140 Abs1 / Präjudizialität
EMRK Art13
AVG §74 ff
UrheberrechtsG-Nov 1980 ArtIII §1 Abs1
VerwertungsgesellschaftenG 2006 §7, §26, §28, §30, §31, §32

Leitsatz

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durchVorschreibung von Finanzierungsbeiträgen zur Finanzierung derAufsichtsbehörde für Verwertungsgesellschaften; keine Bedenken gegenZusammensetzung und hier präjudizielle Zuständigkeiten des nur ausRichtern bestehenden Urheberrechtssenates; keineVerfassungswidrigkeit der Finanzierung der - im Interesse derRechteinhaber und der Nutzer dieser Rechte - tätigen Aufsichtsbehördedurch die Verwertungsgesellschaften; ausreichende Bestimmtheit derdurch Verordnung festzulegenden "Gesamtfinanzierung"; keineVerletzung der Bedarfskompetenz durch die Regelungen über dieVorschreibung von Verfahrensgebühren mangels Vorliegen einerbundesweiten einheitlichen Regelung; keine Bedenken gegen dieErmittlung der Finanzierungsbeiträge durch eine Berechnungsmethodeauf Grund der Umsätze

Rechtssatz

Beitragspflicht auch des in §26 Abs1 VerwertungsgesellschaftenG 2006 ausdrücklich genannten Österreichischen Rundfunks (gesamtvertragsfähiger Rechtsträger).

Keine Bedenken gegen den nur aus Richtern bestehenden Urheberrechtssenat.

Art133 Z4 B-VG gebietet lediglich, dass sich unter den Mitgliedern des Kollegiums mindestens ein Richter befindet, aber nicht, dass ihm auch mindestens ein Nicht-Richter angehört. Die Frage, welcher Gebietskörperschaft eine Materie in Gesetzgebung und Vollziehung zukommt und ob sie den in Art102 Abs2 B-VG aufgezählten Materien angehört, hat keinen Einfluss auf die Zulässigkeit einer bestimmten Zusammensetzung einer Behörde nach Art133 Z4 B-VG.

Die mit dem VerwertungsgesellschaftenG 2006 dem Urheberrechtssenat zugewiesenen Kompetenzen stellen im Vergleich zu den Zuständigkeiten der Schiedskommission und der Schiedsstelle nach bisherigem Recht (vgl ArtIII §1 Abs1 UrheberrechtsG-Nov 1980; she zB VfSlg 11336/1987, 11338/1987) zwar eine entscheidende Erweiterung dar. Die im vorliegenden Verfahren präjudizielle Regelung über die Zuständigkeit des Urheberrechtssenates zur Entscheidung über Berufungen gegen Bescheide der Aufsichtsbehörde (Z1 des §30 Abs2 leg cit) stellt aber jedenfalls eine Kompetenz dar, deren Wahrnehmung durch eine aufgrund der Ermächtigung des Art133 Z4 B-VG errichtete Behörde die Grenzen dieser Ermächtigung nicht überschreitet.

Keine Bedenken gegen die Zuständigkeit zur Verwaltungskontrolle; weitere dem Urheberrechtssenat zugewiesene Kompetenzen nicht präjudiziell (Ziffern 2 bis 7 des §30 Abs2 leg cit).

Kein Verstoß gegen Art13 EMRK durch die fehlende Anrufbarkeit des Verwaltungsgerichtshofes gegen Entscheidungen des Urheberrechtssenates; keine Bedenken gegen dessen Entscheidung in erster und letzter Instanz bei der Vorschreibung von Gebühren.

Der Gewährleistungsumfang des in Art13 EMRK garantierten Rechts erstreckt sich auf "die in der Konvention festgelegten Rechte und Freiheiten", es handelt sich insofern um ein akzessorisches Recht. Art13 EMRK verpflichtet daher im vorliegenden Zusammenhang nicht zur Einräumung eines Rechtsbehelfs gegen jegliche Verletzung des (einfachen) Gesetzes, weshalb seinen Anforderungen durch die in Art144 B-VG eingeräumte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof wegen Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte Genüge getan ist.

Keine Verfassungswidrigkeit des in §7 VerwertungsgesellschaftenG 2006 normierten Prinzips der Finanzierung der Aufgaben der Aufsichtsbehörde durch die Aufsichtsunterworfenen; Beschränkung auf Personal- und Sachaufwand zur Aufgabenwahrnehmung; objektives Interesse der beitragspflichtigen Marktteilnehmer.

Die vom Gesetzgeber mit dem Rechtsinstitut der Verwertungsgesellschaften normierte Basis für ein System der kollektiven Wahrnehmung der Rechte von Urhebern (bzw ihres gebündelten und mediatisierten Auftretens gegenüber den Nutzern) dient den Rechteinhabern einerseits und den Nutzern dieser Rechte anderseits. Was die Heranziehung der zum Abschluss von Gesamtverträgen befähigten Rechtsträger betrifft, so ist zu berücksichtigen, dass sie den Verwertungsgesellschaften als Vertragspartner bei den Gesamtverträgen gegenüberstehen, so dass auch für sie ein objektives Interesse an der Aufsicht über Verwertungsgesellschaften zu bejahen ist.

Keine Unsachlichkeit der Überwälzung der Kosten der Staatsaufsicht über Verwertungsgesellschaften auf die genannten Interessentenkreise. Dass die Existenz eines Systems der kollektiven Wahrnehmung privatautonomer Rechte (sowie einer Staatsaufsicht über die Träger dieses Systems) an sich - mittelbar - auch in einem (weiter verstandenen) öffentlichen Interesse liegt, ändert nichts an dieser Beurteilung.

Keine Bedenken gegen den Aufteilungsschlüssel in §7 Abs5 leg cit.

Ausreichende Determinierung der durch Verordnung festzulegenden "Gesamtfinanzierung" (siehe die Kriterien in §7 Abs5 iVm den in §28 Abs3 VerwertungsgesellschaftenG 2006 abschließend umschriebenen Aufgaben der Aufsicht).

Dass einer solchen Festlegung der Gesamtfinanzierung durch Verordnung letztlich eine Prognose über die Kosten des Folgejahres anhand der gesetzlichen Determinanten zugrunde liegt, liegt in der Natur der Sache und belastet die Verordnungsermächtigung nicht mit Verfassungswidrigkeit. Der in §7 leg cit verwendete Begriff "Umsätze" ist einer Auslegung zugänglich und damit hinreichend bestimmt.

Kein Verstoß gegen Art11 Abs2 B-VG durch die Regelungen über die Vorschreibung von Gebühren für die Inanspruchnahme des Urheberrechtssenates gemäß §32 Abs2 VerwertungsgesellschaftenG 2006.

Das Verfahren vor dem Urheberrechtssenat ist von der Bedarfskompetenz des Art11 Abs2 B-VG insofern nicht erfasst, als der Bundesgesetzgeber zum Zeitpunkt der Erlassung des VerwertungsgesellschaftenG 2006 im hier maßgeblichen Bereich (§74 bis §79 AVG) - somit zumindest in Bezug auf Regelungen über die Kosten für die Inanspruchnahme der Behörde - von seiner Kompetenz zur Erlassung einheitlicher Regelungen (noch) nicht Gebrauch gemacht hat.

Unbedenklichkeit der Berechnungsmethode der Finanzierungsbeiträge in §7 VerwertungsgesellschaftenG 2006; relative Richtigkeitsgewähr durch Verwaltungsverfahren zur Feststellung der jeweiligen Umsätze; Festsetzung des Beitragsteiles im Rechtsmittelweg bekämpfbar.

Entscheidungstexte

  • B 133/07 ua
    Entscheidungstext VfGH Erkenntnis 28.09.2007 B 133/07 ua

Schlagworte

Urheberrecht, Rechtsschutz, Kollegialbehörde, Instanzenzug,Determinierungsgebot, Kompetenz Bund - Länder, Bedarfsgesetzgebung,Bedarfskompetenz, Verwaltungsverfahren, Kosten, Bundesverwaltungunmittelbare, Verwaltungsgerichtshof Zuständigkeit, VfGH /Präjudizialität

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2007:B133.2007

Zuletzt aktualisiert am

13.08.2010
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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