RS Vfgh 2007/12/14 B1915/06 - B1844/06

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Veröffentlicht am 14.12.2007
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Index

L6 Land- und Forstwirtschaft
L6800 Ausländergrunderwerb, Grundverkehr

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
Nö GVG 1989 §1 Z2, §3 Abs2 lita

Leitsatz

Keine Bedenken gegen die Regelungen des NiederösterreichischenGrundverkehrsgesetzes 1989 betreffend die - nicht zwingende -Genehmigungsvoraussetzung der Selbstbewirtschaftung; fehlendeLandwirteigenschaft des Erwerbers kein Versagungsgrund beiNichtvorhandensein eines als Interessent auftretenden Landwirtes;Besserstellung von Landwirten gegenüber Nicht-Landwirten sachlichgerechtfertigt; keine Inländerdiskriminierung

Rechtssatz

Keine Bedenken gegen §3 Abs2 lita iVm §1 Z2 Nö GVG 1989.

Die Vorschriften des Nö GVG 1989 stellen zwar grundsätzlich auf die Landwirteigenschaft ab, die ihrerseits die persönliche Bewirtschaftung voraussetzt. Das Fehlen der Landwirteigenschaft des Erwerbers steht aber nur dann zu den Allgemeininteressen an der Erhaltung und Stärkung eines leistungsfähigen Bauernstandes bzw eines wirtschaftlich gesunden land- oder forstwirtschaftlichen Grundbesitzes in Widerspruch, wenn ein liquider (Kauf-)Interessent auftritt, der seinerseits Landwirt ist.

Im Unterschied zu der dem Fall Ospelt (EuGH 23.09.03, Rs C-452/01) zugrunde gelegenen Konstellation ist das Erfordernis der Selbstbewirtschaftung im Nö GVG 1989 somit in einem solchen Maße relativiert, dass ohne Zweifel nicht (mehr) von einer zwingenden Genehmigungsvoraussetzung gesprochen werden kann. Hinzu kommt, dass Landwirt auch ist, wer zusammen mit Familienangehörigen und/oder landwirtschaftlichen Dienstnehmern die land- oder forstwirtschaftliche Liegenschaft bewirtschaftet (§1 Z2 lita und litb leg cit).

Anders als in den Vorerkenntnissen (VfSlg 17422/2004 [Tir GVG], 17554/2005 [Vlbg GVG], 17555/2005 [Oö GVG] und E v 05.12.06, G121/06 ua [Bgld GVG]) ist nach den maßgeblichen Regelungen des Nö GVG 1989 die Genehmigung zum Erwerb grundsätzlich zu erteilen, es sei denn, einem als Interessent auftretenden Landwirt ist im Hinblick auf die - legitimen - Ziele des Nö GVG 1989 (Erhaltung, Stärkung oder Schaffung eines leistungsfähigen Bauernstandes bzw eines wirtschaftlich gesunden land- oder forstwirtschaftlichen Grundbesitzes) der Vorrang einzuräumen. Dies stellt im Lichte der Judikatur des EuGH eine zur Zielerreichung geeignete Maßnahme dar, die in ihrer konkreten Ausgestaltung nicht über das Notwendige hinausgeht und daher verhältnismäßig ist.

Keine Verletzung des Gleichheitsrechts, des Eigentumsrechts und der Liegenschaftsverkehrsfreiheit durch die Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung eines Liegenschaftserwerbs.

Die belangte Behörde hat die Versagung der Genehmigung nicht allein auf das Fehlen der Landwirteigenschaft gestützt, sondern die Zustimmung - auch - mit Blick auf das Vorhandensein eines Interessenten (als zusätzliche Voraussetzung nach §3 Abs2 lita Nö GVG 1989) versagt.

Der belangten Behörde kann aus verfassungsrechtlicher Sicht auch nicht entgegengetreten werden, wenn sie davon ausgeht, dass die vom Beschwerdeführer im Kaufvertrag gegenüber der Verkäuferin eingegangene Verpflichtung zur Weiterverpachtung für sich allein - mangels sonstiger "Garantie hinsichtlich der Beibehaltung der landwirtschaftlichen Nutzung" - nicht sicherstelle, dass der Beschwerdeführer die Liegenschaft langfristig einer landwirtschaftlichen Nutzung zuführen werde.

Siehe auch B1844/06 vom selben Tag: keine Bedenken gegen die in §1 Z2 Nö GVG 1989 für die Landwirteigenschaft normierte Voraussetzung der Bestreitung eines erheblichen Teils des Lebensunterhalts aus der Land- oder Forstwirtschaft; vertretbare Annahme der Unbeachtlichkeit des Erwerbs einer Waldfläche (38ha) für die Beurteilung der Landwirteigenschaft des Beschwerdeführers mangels Vorliegens einer grundverkehrsbehördlichen Genehmigung; plausible Annahme des Vorhandenseins einer bäuerlichen Interessentin (Bescheinigung der Interessentenstellung durch Vorlage einer Kreditzusage).

Entscheidungstexte

Schlagworte

EU-Recht, Grundverkehrsrecht, Selbstbewirtschaftung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2007:B1915.2006

Zuletzt aktualisiert am

19.12.2011
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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