TE Vfgh Beschluss 1980/2/29 V50/79

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Veröffentlicht am 29.02.1980
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Index

90 Straßenverkehrsrecht, Kraftfahrrecht
90/01 Straßenverkehrsordnung 1960

Norm

B-VG Art139 Abs1 / Individualantrag
FahrverbotsV der Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau vom 22.06.77 betr, ein Fahrverbot im Ortsgebiet von Bad Hofgastein
StVO 1960 §43, §44 §94b

Leitsatz

Verordnung der Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau über ein allgemeines Fahrverbot im Ortsgebiet von Bad Hofgastein; Individualantrag nach Art139 B-VG auf Aufhebung

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. Der Antragsteller ist nach seiner Darstellung Eigentümer der Liegenschaft Pyrkerstraße 42 in Bad Hofgastein und betreibt auf dieser eine Tanzbar mit einem Nachtrestaurant.

Die Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau hat mit Verordnung vom 19. Dezember 1975, Z III/3a-13394/28/Ho/75-Ni, für das Ortsgebiet von Bad Hofgastein jahreszeitlich befristete Verkehrsgebote und -beschränkungen angeordnet. Diese zeitliche Befristung ist hinsichtlich des im weiteren Ortskern bestehenden allgemeinen Fahrverbotes mit Verordnung vom 12. November 1976, Z III/3a-13394/33/Ho/76-Ni, aufgehoben worden. In Abänderung dieser Regelung wurde mit Verordnung der Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau vom 22. Juni 1977, Z III/3a/-13394/11/Ho/77-Ni, verfügt, daß das im weiteren Ortskern bestehende allgemeine Fahrverbot im Bereiche der Pyrkerstraße in südlicher Richtung bis zur Kreuzung beim Haus Pyrkerstraße 55 ausgedehnt wird (Punkte Ia und c); es wurde auch verfügt, daß von diesem Fahrverbot die Anrainer überhaupt, die übrigen Verkehrsteilnehmer in der Zeit von 6 Uhr bis 22 Uhr ausgenommen sind (Punkte Ib). Die Verordnung ist auf §§43, 44 und 94b StVO 1960 gestützt.

Mit der auf Art139 B-VG gestützten "Beschwerde" wird die Aufhebung der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau vom 22. Juni 1977 wegen Gesetzwidrigkeit ihres gesamten Inhaltes begehrt, da die gegenständliche Verordnung "ruinöse Auswirkungen für den Betrieb des Beschwerdeführers" entfalte und eine "Existenzgefahr für dessen Angestellte" bedeute. Auf Aufforderung des VfGH hat der Antragsteller dargetan, daß die gegenständliche Verordnung ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung und ohne Erlassung eines Bescheides, nämlich durch Aufstellung der verordneten Verkehrszeichen mit Datum vom 25. Juli 1977, für ihn wirksam geworden sei.

II. Der VfGH hat erwogen:

1. Der Einschreiter beantragt die Aufhebung einer Verordnung als gesetzwidrig.

Der Antrag, eine Verordnung als gesetzwidrig aufzuheben, ist aber nur zulässig, wenn die Verordnung für die Person, die unmittelbar durch diese Gesetzwidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist (Art139 Abs1 B-VG).

2. a) Der Antragsteller beruft sich nicht darauf, daß ihm selbst das Befahren der Pyrkerstraße während der Nachtzeit verboten sei. Der Antragsteller als Anrainer ist laut Punkt Ib der angefochtenen Verordnung vom Fahrverbot auch überhaupt ausgenommen. Zu untersuchen ist vielmehr lediglich, ob die vom Antragsteller ins Treffen geführte Auswirkung auf die wirtschaftliche Lage des Betriebes die Verordnung in der Weise wirksam macht, die Art139 Abs1 B-VG fordert.

b) Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation im Normenprüfungsverfahren ist - wie der VfGH zu einem gleichgelagerten Problem im Beschluß VfSlg. 8009/1977 bereits ausgeführt hat -, daß die Norm für den Antragsteller nicht bloß faktische Wirkungen zeitigt, sondern seine Rechtssphäre berührt, also in seine Rechtssphäre eingreift und diese im Falle ihrer Rechtswidrigkeit verletzt. Anfechtungsberechtigter ist also von vornherein nur ein Rechtsträger, an oder gegen den sich die angefochtene Norm wendet (Normadressat).

Im vorliegenden Fall ist nun zwar nicht zu verkennen, daß das an die Verkehrsteilnehmer gerichtete allgemeine Fahrverbot den Antragsteller wirtschaftlich wesentlich härter trifft als einen beliebigen Anlieger, dessen privaten Besuchern durch ein solches Verbot die Zufahrt unmöglich gemacht wird. Es besteht jedoch keine Norm, die dieser besonderen Betroffenheit im Rechtsbereich Anerkennung verschaffen würde. Weder das Eigentums- noch ein sonstiges Recht des Antragstellers in bezug auf den Standort seines Gewerbebetriebes, noch eine gewerberechtliche oder die Stellung von Anliegern regelnde Vorschrift räumt ihm eine Rechtsposition ein, die durch das verordnete Fahrverbot berührt würde. Keine Vorschrift gibt ihm einen Anspruch darauf, daß Straßenbenützer zu seinem Grundstück zufahren dürfen. Insb. ist aus den Vorschriften der Straßenverkehrsordnung ein Recht dieses Inhaltes nicht ableitbar. Die zu untersuchenden Wirkungen erweisen sich vielmehr als bloß faktische Reflexwirkungen der insoweit an andere Personen gerichteten Norm (vgl. VfSlg. 8060/1977 und Beschl. vom 30. 11. 1979 V19/78).

Da dem Antragsteller somit die Legitimation zur Einleitung eines Verordnungsprüfungsverfahrens fehlt, ist der Antrag als unzulässig zurückzuweisen.

Schlagworte

VfGH / Individualantrag, Straßenpolizei, Fahrverbot

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1980:V50.1979

Dokumentnummer

JFT_10199771_79V00050_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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