TE Vfgh Erkenntnis 1980/6/25 B85/76

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Veröffentlicht am 25.06.1980
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Index

32 Steuerrecht
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag

Norm

EStG §25 Abs1 Z3
EStG §29 Z1
VfGG §88
ZPO §54

Leitsatz

EStG 1972 §25 Abs1 Z3; Unterstellung eines gleichheitswidrigen Inhaltes (Bezüge aus dem Wohlfahrtsfonds einer Ärztekammer)

Spruch

Der Bescheid wird aufgehoben.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I.1. Der Beschwerdeführer zahlte im Mai 1971 an den Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien freiwillig einen zusätzlichen Betrag von 240000 S ein. Er bezieht seit Juli 1971 vom Wohlfahrtsfonds dieser Kammer Altersversorgung.

Das Wohnsitzfinanzamt des Beschwerdeführers führte für das Jahr 1973 von Amts wegen einen Jahresausgleich durch und schrieb ihm einen Lohnsteuernachforderungsbetrag vor. Der Beschwerdeführer erhob dagegen Berufung, in der er im wesentlichen vorbrachte, es sei in bezug auf die Altersversorgung nicht berücksichtigt worden, daß darin ein Betrag von 53760 S als "Gegenleistungsrente" enthalten sei. Allein die "normale Altersunterstützung der Ärztekammer" falle unter §25 Abs1 Z3 EStG 1972, die "Gegenleistungsrente" hingegen unterliege den Bestimmungen des §29 Z1 EStG 1972.

2. Die Finanzlandesdirektion für Wien, NÖ und Bgld. wies die Berufung ab. Sie begründete ihre Entscheidung unter Bezugnahme auf §25 Abs1 Z3 EStG 1972 sowie auf Bestimmungen der Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien im wesentlichen damit, daß auch die vom Beschwerdeführer empfangene Zusatzleistung einen Teil der Pflichtleistungen zur Altersversorgung darstelle. Ein Fondsmitglied habe unter den festgelegten Voraussetzungen auf die Zusatzleistung Anspruch; diese erhöhe sich zwar durch zusätzliche Leistungen des Fondsmitglieds, doch könne aus diesem Umstand nicht abgeleitet werden, daß ein Teil dieser Zusatzleistung als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und der andere Teil als Einkünfte gem. §29 EStG 1972 zu qualifizieren seien.

3. Gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion richtet sich die auf Art144 B-VG gestützte Verfassungsgerichtshofbeschwerde, in welcher der Beschwerdeführer insb. eine Verletzung des Gleichheitsrechtes behauptet und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.

II. Der VfGH hat erwogen:

1. Mit dem Erk. vom 26. September 1978, B182/76 (VfSlg. 8383/1978) hat der VfGH einen sowohl nach der Sach- als auch der Rechtslage im wesentlichen gleichen Beschwerdefall entschieden, in dem ebenfalls die einkommensteuerliche Behandlung einer vom Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien im Rahmen der Altersversorgung nach Einzahlung eines höheren Einmalbetrages geleisteten Zusatzrente strittig war. Der VfGH hat mit näherer Begründung dargelegt, eine Gesamtbetrachtung der Unterschiedlichkeiten zwischen Pensionen aus der gesetzlichen Sozialversicherung und einer derartigen aus dem Wohlfahrtsfonds erbrachten Leistung zeige, daß diese Bezüge nicht als "gleichartig" iS des §25 Abs1 Z3 EStG 1972 anzusehen seien. Die sogenannte Individualrente des Beschwerdeführers der bezogenen Beschwerdesache sei vielmehr eine Zusatzleistung, die zum weitaus überwiegenden Teil als Gegenleistung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien für eine private Leistung gegeben werde; solche Gegenleistungen unterlägen der Steuerpflicht nur insoweit, als die Summe der vereinnahmten Beträge den auf den Zeitpunkt der Übertragung kapitalisierten Wert der Rentenverpflichtung übersteigen (§29 Z1 dritter Satz EStG 1972). Da die Abgabenbehörde den Bezug aus dem Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer als einen einer Pensionszahlung der gesetzlichen Sozialversicherung gleichartigen Bezug behandelt und somit jenen Teil des Bezuges, der nur eine Gegenleistung für eine private Leistung sei, zweimal besteuert habe, habe sie der Vorschrift des §25 Abs1 Z3 EStG 1972 fälschlich einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt.

Der VfGH hält an diesem Standpunkt fest. Auf den vorliegenden Beschwerdefall bezogen, folgt daraus, daß der Beschwerdeführer dadurch, daß die belangte Finanzlandesdirektion der in ihrem Bescheid ebenfalls herangezogenen Bestimmung des §25 Abs1 Z3 EStG 1972 fälschlich einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellte, im Gleichheitsrecht verletzt wurde. Der angefochtene Bescheid war daher aufzuheben.

Schlagworte

Einkommensteuer, Einkunftsarten sonstige (Einkommensteuer), Renten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1980:B85.1976

Dokumentnummer

JFT_10199375_76B00085_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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