TE Vfgh Erkenntnis 1980/10/16 B120/78

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Veröffentlicht am 16.10.1980
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Index

30 Finanzverfassung, Finanzausgleich
30/02 Finanzausgleich

Norm

B-VG Art139 Abs6 zweiter Satz
B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall
B-VG Art144 Abs1 / Prüfungsmaßstab

Beachte

Anlaßfall zu VfSlg. 8847/1980

Leitsatz

Linzer Marktgebührenordnung 1976, Rechtsverletzung wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung nach Aufhebung der Zahl "79.-" im Abschnitt B Punkt 2 litc des Tarifes zur Linzer Marktgebührenordnung 1976

Spruch

Der Bescheid wird aufgehoben.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I.1. Mit dem im Gemeindeinstanzenzug ergangenen Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Linz vom 10. Juni 1977 wurde die von der beschwerdeführenden Gesellschaft für die Benützung eines 211 Quadratmeter großen ständigen Standplatzes in der Linzer Großmarkthalle für die Zeit ab 1. Jänner 1977 zu bezahlende monatliche Marktgebühr mit S 16.669,- festgesetzt.

Die dagegen von der beschwerdeführenden Gesellschaft erhobene Vorstellung wurde mit Bescheid der Oö. Landesregierung vom 30. November 1977 abgewiesen.

Diese Bescheide stützen sich vor allem auf die Verordnung des Gemeinderates der Landeshauptstadt Linz vom 25. November 1976 über die Einhebung der Marktgebühren (Marktgebührenordnung), kundgemacht im Amtsblatt der Landeshauptstadt Linz Nr. 23/1976. Nach Abschnitt B Punkt 2 litc des Tarifes zur Marktgebührenordnung beträgt ab 1, Jänner 1977 die monatliche Gebühr pro Quadratmeter für ständige Standplätze in Hallen im Großmarkt S 79,- (ab 1. Oktober 1977 S 85,- und ab 1. Oktober 1978 S 90,-).

2. Die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde wendet sich gegen den Vorstellungsbescheid vom 30. November 1977. Die beschwerdeführende Gesellschaft macht ausschließlich geltend, wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnungsstelle (nämlich der Zahl "79.-" im Abschnitt B Punkt 2 litc des Tarifes zur Marktgebührenordnung) in ihren Rechten verletzt worden zu sein. Sie beantragt, den angefochtenen Bescheid kostenpflichtig aufzuheben.

3. Aus Anlaß dieser Beschwerde hat der VfGH von Amts wegen die Gesetzmäßigkeit der soeben zitierten Verordnungsstelle geprüft. Mit Erk. vom 18. Juni 1980, V9/79, hat er die in Prüfung gezogene Tarifbestimmung als gesetzwidrig aufgehoben.

II. Der VfGH hat erwogen:

1. a) Die beschwerdeführende Gesellschaft behauptet nicht, in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt worden zu sein, sondern macht ausschließlich geltend, wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in ihren Rechten verletzt worden zu sein. Es ist lediglich zu untersuchen, ob diese Behauptung zutrifft, also nicht darauf einzugehen, ob (auch) in verfassungsgesetzlich geschützte Rechte eingegriffen wurde (vgl. zB VfGH 18. 3. 1980 B343/79).

b) Die Gebühr wurde vom Stadtsenat der Landeshauptstadt Linz aufgrund der vom VfGH aufgehobenen Tarifbestimmung vorgeschrieben. Auch die belangte Behörde hat bei Erlassung des angefochtenen Bescheides - mit dem über die gegen den Bescheid des Stadtsenates erhobene Vorstellung entschieden wurde - diese Tarifbestimmung, also eine gesetzwidrige Verordnung angewendet.

Die Aufhebung einer Verordnungsbestimmung wegen Gesetzwidrigkeit bewirkt nach Art139 Abs6 B-VG, daß sie im Anlaßfall nicht anzuwenden ist. Auch bei Beantwortung der Frage, ob die beschwerdeführende Gesellschaft wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in ihren Rechten verletzt worden ist (ausschließlich dies wird in der Beschwerde behauptet), ist von der Annahme auszugehen, daß die aufgehobene Verordnungsbestimmung im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides dem Rechtsbestand nicht angehört hat. Da die Gebührenvorschreibung zwar auf die als gesetzwidrig aufgehobene Tarifbestimmung gestützt werden konnte, nach der bereinigten Rechtslage aber eine solche Vorschreibung nicht mehr in Betracht kommt, hat sich die Anwendung der aufgehobenen Verordnungsbestimmung zulasten der beschwerdeführenden Gesellschaft ausgewirkt; sohin ist die beschwerdeführende Gesellschaft in ihren Rechten verletzt worden (vgl. zB VfGH 13. 10. 1978 B363/75; 10. 12. 1979 B18/77).

Zusammenfassend ist festzuhalten, daß die beschwerdeführende Gesellschaft durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in ihren Rechten verletzt worden ist.

Der Bescheid ist daher aufzuheben.

Schlagworte

VfGH / Prüfungsmaßstab, VfGH / Anlaßfall

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1980:B120.1978

Dokumentnummer

JFT_10198984_78B00120_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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