TE Vfgh Erkenntnis 1980/11/29 B1/79

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Veröffentlicht am 29.11.1980
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Index

32 Steuerrecht
32/06 Verkehrsteuern

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Prüfungsmaßstab
StGG Art5
GrEStG 1955 §4 Abs1 Z2 lita

Leitsatz

Grunderwerbsteuergesetz 1955, keine Bedenken gegen §4 Abs1 Z2 lita; keine denkunmögliche Anwendung; keine Willkür

Spruch

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. Die Beschwerdeführerin erwarb im Jahre 1973 um den Kaufpreis von

S 150.000,- eine Liegenschaft. Sie beantragte für diesen Erwerbsvorgang beim Finanzamt die Befreiung von der Grunderwerbsteuer gemäß §4 Abs1 Z2 lita GrEStG. In teilweiser Entsprechung dieses Antrages setzte das Finanzamt mit vorläufigen Bescheid vom 19. Feber 1973 die Abgabe von der Bemessungsgrundlage von S 100.000,- ausgehend fest.

Nachdem die Beschwerdeführerin dem Finanzamt über Aufforderung mitgeteilt hatte, daß auf dem gegenständlichen Grundstück von ihrem Sohn Bauausführungen zur Errichtung eines Einfamilienhauses vorgenommen würden, setzte das Finanzamt mit endgültigem Bescheid vom 17. Jänner 1977 die Grunderwerbsteuer von der vollen Kaufpreishöhe ausgehend fest.

Die dagegen erhobene Berufung wurde von der Finanzlandesdirektion als unbegründet abgewiesen. Voraussetzung für die Gewährung der begehrten Grunderwerbsteuerbefreiung sei, daß der Erwerber des Grundstückes die Arbeiterwohnstätte selbst errichte. Im vorliegenden Fall verwirkliche nicht die Beschwerdeführerin selbst den begünstigten Zweck, sondern deren Sohn. Außerdem sei die Steuerbefreiung auch deshalb zu versagen, weil die auf dem gegenständlichen Grundstück errichtete Wohnung infolge ihres Flächenausmaßes nicht mehr als Arbeiterwohnstätte iS des Gesetzes anzusehen sei.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentumes gerügt und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides, in eventu die Abtretung der Beschwerde an den VwGH beantragt wird.

Die belangte Behörde hat in einer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.

II.1. Das Recht auf Unversehrtheit des Eigentumes wird nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH durch einen in das Eigentum eingreifenden Bescheid einer Verwaltungsbehörde - und daher auch durch die Vorschreibung einer Abgabe - nur dann verletzt, wenn dieser gesetzlos ergangen ist, wenn er sich auf eine verfassungswidrige Rechtsgrundlage stützt oder wenn eine Rechtsvorschrift denkunmöglich angewendet wurde.

Der angefochtene Bescheid stützt sich in materiell-rechtlicher Hinsicht auf Bestimmungen des Grunderwerbsteuergesetzes. Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen wurden im Verfahren weder vorgetragen, noch sind solche beim VfGH unter dem Gesichtspunkt dieses Beschwerdefalles entstanden.

Die belangte Behörde geht in der Begründung des angefochtenen Bescheides von dem auch im verfassungsgerichtlichen Verfahren unbestritten gebliebenen Sachverhalt aus, wonach die Beschwerdeführerin auf dem von ihr erworbenen Grundstück nicht selbst ein Gebäude errichtet, sondern ihrem Sohn gestattet habe, ein Einfamilienhaus zu errichten, wobei der Genannte auch tatsächlich gegenüber der Baubehörde als Bauwerber aufgetreten sei und das Gebäude auf seine eigene Rechnung und Gefahr geschaffen habe.

Eine Befreiung von der Grunderwerbsteuer nach §4 Abs1 Z2 lita GrEStG könne jedoch nur dann zum Zuge kommen, wenn der Erwerber des Grundstückes, der für den Erwerb die genannte Steuerbefreiung in Anspruch nimmt, selbst den begünstigten Zweck erfüllt und auf diesem Grundstück Arbeiterwohnstätten errichtet. Die Steuerbefreiung gehe somit dann verloren, wenn eine andere Person das Grundstück diesem Zweck zuführe.

Diese Rechtsansicht der belangten Behörde, die auch der ständigen Judikatur des VwGH (vgl. VwGH 18. 6. 1975 Z 506/75 ua.) entspricht, ist jedenfalls nicht denkunmöglich; es liegt ihr im Gegenteil eine durchaus vertretbare Auslegung des §4 Abs1 Z2 lita GrEStG zugrunde. Der belangten Behörde kann daher aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht entgegengetreten werden, wenn sie in Verfolgung dieser Rechtsansicht die Steuerbefreiung für den Erwerb eines Grundstückes zur Errichtung einer Arbeiterwohnstätte versagt hat. Es braucht dabei nicht mehr geprüft zu werden, ob die belangte Behörde denkmöglicherweise auch noch andere Gründe zur Versagung der genannten Steuerbefreiung heranziehen konnte.

2. Anhaltspunkte dafür, daß die Beschwerdeführerin in einem von ihr nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt worden wäre, hat das Verfahren nicht ergeben. Insbesondere ist nichts hervorgekommen, was darauf hindeuten würde, daß die Behörde Willkür geübt und die Beschwerdeführerin damit in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt hätte.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

Schlagworte

Grunderwerbsteuer, Arbeiterwohnstätte, VfGH / Prüfungsmaßstab, Steuerbefreiungen, Bescheidbegründung, Bescheid Spruch

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1980:B1.1979

Dokumentnummer

JFT_10198871_79B00001_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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