TE Vfgh Beschluss 1980/12/3 B116/80

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Veröffentlicht am 03.12.1980
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Index

10 Verfassungsrecht
10/07 Verfassungsgerichtshof, Verwaltungsgerichtshof

Norm

VfGG §19 Abs3, §19 Abs4
VfGG §34
VfGG §35 Abs1
WRG 1959 §12 Abs2
WRG 1959 §102 Abs1 litb
ZPO §530 Abs1 Z7
ZPO §530 Abs2
ZPO §538

Leitsatz

VerfGG 1953 §19 Abs3 und 4, Entscheidung ohne vorangegangene Verhandlung; §35 (in Verbindung mit §530 Abs1 Z7 und §538 Abs1 ZPO), Wiederaufnahme des Verfahrens - Vorprüfungsverfahren

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. Der VfGH wies mit Beschluß VfSlg. 8746/1980 die Beschwerde des Einschreiters gegen den (namens des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft erlassenen) Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 15. Juli 1975 zurück, mit dem dieser unter Berufung auf §121 Abs1 WRG festgestellt hatte, daß der mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 19. Jänner 1971 wasserrechtlich bewilligte Umbau des Wehres Nußdorf im wesentlichen abgeschlossen sei und der Wehrbetrieb aufgenommen werden könne. Der Beschluß wurde im wesentlichen damit begründet, daß dem Einschreiter die Beschwerdeberechtigung fehle, da ihm im wasserrechtlichen Verfahren Parteistellung nicht zugekommen sei; er könne diese insbesondere nicht aus dem behaupteten Grundeigentum ableiten. Es könne dahinstehen, ob der Einschreiter im Hinblick auf das hg. Erk. VfSlg. 6951/1972 sein Miteigentum an der Liegenschaft EZ 654 der KG H. wiedererlangt habe, weil er in diesem Fall infolge eines (neuerlichen) Eigentumsübergangs auf den Bund sein Grundeigentum wieder verloren hätte. Hiebei nahm der VfGH Bezug auf die mit dem Einschreiter am 28. Feber 1979 im Bundesministerium für Bauten und Technik aufgenommene Niederschrift (betreffend den Verzicht auf Rechte aus dem erwähnten hg. Erk. sowie die Anerkennung des Eigentumsrechtes des Bundes an der genannten Liegenschaft) sowie darauf, daß sich der Grundbuchstand seit der vollzogenen Enteignung nicht geändert habe.

Mit dem vorliegenden Antrag begehrt der Einschreiter die Wiederaufnahme der mit diesem Beschluß erledigten Beschwerdesache aus dem Wiederaufnahmsgrund des §530 Abs1 Z7 ZPO.

II. Der Antrag ist nicht zulässig.

Der VfGH hat bei der Entscheidung über einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens in einer Beschwerdesache (§34 erster Satz VerfGG) im Hinblick auf §35 Abs1 VerfGG auch die Bestimmung des §538 Abs1 ZPO über das Vorprüfungsverfahren sinngemäß anzuwenden. Diese Vorschrift legt fest, daß das Gericht vor Anberaumung einer Tagsatzung zur mündlichen Verhandlung, und zwar bei Gerichtshöfen in nichtöffentlicher Sitzung, zu prüfen hat, ob die Klage auf einen der gesetzlichen Anfechtungsgründe (§§529 bis 531) gestützt und in der gesetzlichen Frist erhoben wurde; mangelt es an einem dieser Erfordernisse (oder ist die Klage wegen eines der im §230 Abs2 angeführten Gründe unzulässig), so ist sie als zur Bestimmung einer Tagsatzung für die mündliche Verhandlung ungeeignet durch Beschluß zurückzuweisen.

Der Oberste Gerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 26. April 1978, 1 Ob 574/78 (JBl. 1979 S 26 ff.) zu dieser Bestimmung die Auffassung vertreten, daß hinsichtlich des Wiederaufnahmsgrundes dem Richter im Vorprüfungsverfahren nur ein eingeschränktes Prüfungsrecht zukommt. Die Zurückweisung der Klage sei dann gerechtfertigt, wenn sich der geltend gemachte Wiederaufnahmsgrund überhaupt unter keinen der im Gesetz angeführten Wiederaufnahmsgründe einordnen läßt, weiters dann, wenn der behauptete Wiederaufnahmsgrund in keinem rechtlich beachtlichen Zusammenhang mit der angefochtenen Entscheidung steht. Dies wäre beim Wiederaufnahmsgrund nach §530 Abs1 Z7 dann der Fall, wenn die geltend gemachten Umstände ersichtlich von vornherein keinen Einfluß auf die Entscheidung in der Hauptsache haben könnten. Auch nahm der Oberste Gerichtshof in dieser Entscheidung den Standpunkt ein, daß im Vorprüfungsverfahren nicht darüber zu entscheiden sei, ob der Wiederaufnahmskläger ohne sein Verschulden außerstande war, die Beweismittel im Vorprozeß zu verwenden. Ausnahmsweise sei dies jedoch dann möglich, wenn sich die Verspätung schon aus den Klagsangaben ergebe.

Der VfGH schließt sich bei der sinngemäßen Handhabung der bezogenen Gesetzesvorschriften im verfassungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren dieser Auslegung durch den Obersten Gerichtshof an, sodaß sich für den vorliegenden Wiederaufnahmsantrag folgendes ergibt:

Der Wiederaufnahmswerber verweist auf folgende Wendung in der oben erwähnten (dem VfGH im Beschwerdeverfahren abschriftlich vorgelegten) Niederschrift: "Auf ausdrücklichen Wunsch des Herrn Sp. wird festgehalten, daß die vorliegende Vereinbarung nicht als gütliche Übereinkunft iS des §60 Abs2 WRG 1959 zu werten ist." und beantragt die zeugenschaftliche Vernehmung eines namentlich genannten Beamten des Bundesministeriums für Bauten und Technik sowie seine Parteienvernehmung zum Beweis dafür, daß die getroffene Vereinbarung kraft Parteiwillens keine Rechtswirkungen für das wasserrechtliche Verfahren haben sollte.

Entgegen der Meinung des Antragstellers ist seine im Rahmen der Vereinbarung vom 28. Feber 1979 abgegebene Erklärung im hier gegebenen Zusammenhang rechtlich belanglos. Die öffentlich-rechtlichen Wirkungen, die das Gesetz - im Beschwerdefall:

§102 Abs1 litb im Zusammenhalt mit §12 Abs2 WRG - an das Grundeigentum knüpft, ergeben sich ausschließlich aus dem Gesetz selbst; eine Ablösung einer einzelnen Wirkung des Grundeigentums in der dem Einschreiter vorschwebenden Art ist den erwähnten Bestimmungen des WRG fremd.

Weiters beantragt der Wiederaufnahmswerber seine Parteienvernehmung auch zum Beweis dafür, daß er (Mit-)Eigentum an einer anderen Parzelle, nämlich der Uferböschung (am Donaukanal) Grundstück Nr. 1072 der EZ 1101 KG H., durch Ersitzung erworben habe. Da der VfGH die Zurückweisung seiner Beschwerde in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen habe, sei er ohne Verschulden (auch) am Vorbringen gehindert gewesen, daß er aufgrund des Eigentums an der Uferböschung beschwerdelegitimiert sei.

Der Antragsteller läßt außer acht, daß das VerfGG insbesondere in den Fällen des §19 Abs3 und 4 eine Entscheidung des Gerichtshofes ohne vorangegangene Verhandlung vorsieht. Da die Partei mit einer solchen Möglichkeit rechnen muß, kann sie keineswegs darauf vertrauen, daß ihr infolge des Stattfindens einer mündlichen Verhandlung vor dem VfGH die Möglichkeit weiteren Vorbringens geboten wird. Vertraut sie dennoch auf diese Möglichkeit und unterläßt weiteres (schriftliches) Vorbringen, so kann dieses Verhalten nicht als unverschuldet beurteilt werden. Im vorliegenden Fall ergibt sich diese verschuldete Verspätung schon aus dem Vorbringen im Wiederaufnahmsantrag.

Der nichtzulässige Wiederaufnahmsantrag war sohin ohne weiteres Verfahren mit Beschluß zurückzuweisen.

Schlagworte

VfGH / Wiederaufnahme

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1980:B116.1980

Dokumentnummer

JFT_10198797_80B00116_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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