TE Vfgh Erkenntnis 1980/12/17 B395/79

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Veröffentlicht am 17.12.1980
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Index

L6 Land- und Forstwirtschaft
L6800 Ausländergrunderwerb, Grundverkehr

Norm

B-VG Art83 Abs2
AVG §8
Tir GVG 1970 §13 Abs3

Leitsatz

Tir. Grundverkehrsgesetz 1970, keine Parteistellung des Beschwerdeführers gemäß §13 Abs3 (iVm §8 AVG 1950); kein Entzug des gesetzlichen Richters

Spruch

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I.1. Der Beschwerdeführer ist grundbücherlicher Eigentümer der Gp. 1146/1 und 1146/3, beide im EZ 23 II KG M., welche er gemeinsam mit der Gp. 1146/4 mit Kaufvertrag vom 16. März 1973 von A. H., geborene F., I. B., geborene H., O. M., geborene H. und A-E. H., geborene H., in deren Eigentum die genannten Grundparzellen je zu 1/4 Anteilen standen, erwarb.

Die genannten Verkäufer wurden mit Urteil des Bezirksgerichtes Reutte vom 5. Oktober 1976 für schuldig erkannt, gemäß einer Punktation vom 15. Oktober 1972 und dem einen Bestandteil des Urteils bildenden Teilungsplan vom 15. September 1976 in die Teilung der Grundparzelle 1146/1 in die Grundparzellen 1146/5 und 1146/6 in EZ 23 II KG M., sowie in die lastenfreie Abschreibung einer Teilfläche von 900 Quadratmeter aus Gp. 1146/3 und Zuschreibung dieser Teilfläche zur neu gebildeten Gp. 1146/6 in EZ 23 II KG M., sowie in die Einverleibung des Eigentumsrechtes für J. und M. M. je zur Hälfte einzuwilligen.

Der auf Grund dieses Teilungsurteiles durchzuführenden Eigentumsübertragung wurde durch die Grundverkehrsbehörde M. mit Bescheid vom 1. März 1979 die Zustimmung erteilt.

2. Der Beschwerdeführer, dem dieser Bescheid nicht zugestellt worden war, der jedoch dennoch von der Erlassung des Bescheides Kenntnis erlangt hatte, erhob Berufung unter Hinweis darauf, daß er grundbücherlicher Eigentümer jener Grundstücke sei, für die mit dem angefochtenen Bescheid die grundverkehrsbehördliche Genehmigung zur Eigentumsübertragung an die Ehegatten M. gewährt worden sei, obwohl er zu einer solchen Eigentumsübertragung nie die Zustimmung erteilt habe. Die Genehmigung verstoße auch gegen die Grundsätze des Tir. Grundverkehrsgesetzes, da die Ehegatten M. Nichtlandwirte seien.

Mit Bescheid der Landesgrundverkehrsbehörde beim Amt der Tir. Landesregierung vom 24. Juli 1979, LGv-62/2, wurde die Berufung des Beschwerdeführers als unzulässig zurückgewiesen. Die vom Beschwerdeführer bekämpfte grundverkehrsbehördliche Genehmigung betreffe ausschließlich eine Eigentumsübertragung, die auf Grund eines Gerichtsurteiles von einer Prozeßpartei auf die andere erfolgen solle. Ob aufgrund des Urteiles das Eigentumsrecht zu Gunsten der Eheleute M. tatsächlich einverleibt werden könne, sei nicht Gegenstand des grundverkehrsbehördlichen Verfahrens; hierüber habe das zuständige Gericht zu entscheiden. Dem Beschwerdeführer komme daher im grundverkehrsbehördlichen Verfahren weder ein Rechtsanspruch noch ein rechtliches Interesse zu, sodaß ihm die Berufungslegitimation mangels Parteistellung nicht zukomme.

3. Gegen diesen Bescheid wendet sich die auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter geltend gemacht und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.

Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet und die Abweisung der Beschwerde begehrt.

II. Der VfGH hat erwogen:

1. Nach der Rechtsprechung des VfGH wird durch die Zurückweisung einer verfahrensrechtlich zulässigen Berufung das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt. Ein solcher Fall ist insbesondere dann gegeben, wenn die Unzulässigkeit der Berufung zu Unrecht mit dem Mangel der Parteistellung des Berufungswerbers begründet ist (VfSlg. 6216/1970 und die dort zitierte Vorjudikatur).

Gemäß §13 Abs3 des Tir. Grundverkehrsgesetzes 1970, LGBl. 4/1971 idF LGBl. 6/1974 (künftig: GVG), können gegen die Entscheidung der Grundverkehrsbehörde neben dem Landesgrundverkehrsreferenten und der Bezirkslandwirtschaftskammer nur die Parteien berufen. Darüber, wer Partei ist, enthält das GVG keine ausdrückliche Bestimmung. Die Frage der Parteistellung in einem grundverkehrsbehördlichen Verfahren ist - da gemäß ArtII Abs2 Punkt 16 EGVG 1950 idgF die Bestimmungen des AVG 1950 Anwendung finden - somit an Hand des §8 AVG zu beantworten. Dafür, wann und inwieweit im einzelnen Fall eine Beteiligung vermöge eines Rechtsanspruches oder vermöge eines rechtlichen Interesses iS der zitierten Bestimmung gegeben ist, sind die in der betreffenden Verwaltungsangelegenheit anzuwendenden Verwaltungsvorschriften maßgeblich (VfSlg. 6257/1970, 6908/1972). §8 AVG 1950 macht keinen Unterschied, ob das zu wahrende Interesse dem öffentlichen oder dem Privatrecht zugehört, sodaß Partei iS dieser Gesetzesstelle auch eine Person sein kann, die durch die Erledigung eines anhängigen Verwaltungsverfahrens in einem Privatrecht beeinträchtigt werden kann (VfSlg. 2698/1954). Wirtschaftliche Interessen ohne eine in der Rechtsordnung begründete persönliche Beziehung zu einer Verwaltungsangelegenheit geben jedoch keine Parteistellung im Verwaltungsverfahren (VwSlg. 495 A/1948, 7662 A/1969).

Gegenstand des grundverkehrsbehördlichen Verfahrens und damit Sache iS des §8 AVG 1950 ist im Falle einer rechtsgeschäftlichen Eigentumsübertragung nach dem GVG die Genehmigung des Rechtsgeschäftes unter dem Gesichtspunkt der öffentlichen Interessen an der Erhaltung oder Stärkung eines leistungsfähigen Bauernstandes und der Schaffung oder Erhaltung eines wirtschaftlich gesunden land- oder forstwirtschaftlichen Grundbesitzes. In der Erteilung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung liegt die Entscheidung, daß ihm bestimmte im GVG angeführte Umstände nicht entgegenstehen (VfSlg. 6216/1970). Eine darüber hinausgehende rechtliche Wirkung kommt der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung eines Rechtsgeschäftes nicht zu, insbesondere können aus der Genehmigung von den Vertragspartnern keine Rechte privatrechtlicher Natur gegenüber Dritten abgeleitet werden, die ihnen nicht an sich - bedingt von der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung - bereits zugestanden wären.

Rechtliche Interessen des grundbücherlichen Eigentümers einer Liegenschaft, über die zwischen anderen Personen ein Veräußerungsgeschäft abgeschlossen wurde, der selbst jedoch nicht Vertragspartner dieses Rechtsgeschäftes ist, werden durch die grundverkehrsbehördliche Genehmigung des zwischen diesen anderen Personen abgeschlossenen Veräußerungsgeschäftes somit nicht berührt, gleichgültig, ob die Vertragspartner die Liegenschaft, die in seinem grundbücherlichen Eigentum steht, berechtigter oder unberechtigter Weise zum Vertragsgegenstand gemacht haben. Wenn der Beschwerdeführer vermeint, daß seine Rechte als Liegenschaftseigentümer durch einen solchen Vertrag, der von dritten Personen abgeschlossen wurde, berührt wird, geht er von falschen Voraussetzungen aus.

Dem Beschwerdeführer wurde daher von der belangten Behörde die Berufungslegitimation mangels Parteistellung zu Recht abgesprochen. Er ist somit dadurch, daß seine Berufung als unzulässig zurückgewiesen worden ist, nicht in dem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden.

2. Die Behauptung der Verletzung anderer verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte wurde gar nicht aufgestellt, das Verfahren hat auch keine Anhaltspunkte für eine Annahme ergeben, daß der Beschwerdeführer wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden wäre.

Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

Schlagworte

Verwaltungsverfahren, Parteibegriff, Grundverkehrsrecht, Parteistellung Grundverkehrsrecht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1980:B395.1979

Dokumentnummer

JFT_10198783_79B00395_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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