TE Vfgh Beschluss 1981/3/7 G67/80

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Veröffentlicht am 07.03.1981
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Index

41 Innere Angelegenheiten
41/02 Staatsbürgerschaft, Paß- und Melderecht, Fremdenrecht

Norm

B-VG Art140 Abs1 / Individualantrag
StbG 1965 §7 Abs4
StbG 1965 §42 Abs1

Leitsatz

Art140 B-VG; Individualantrag auf Aufhebung des §7 Abs4 Staatsbürgerschaftsgesetz 1965; keine Legitimation

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I.1. Den Antragsausführungen zufolge wurde der minderjährige Beschwerdeführer am 20. Jänner 1979 in der Schweiz als außerehelicher Sohn einer liechtensteinischen Staatsbürgerin und eines österreichischen Staatsbürgers geboren. Am 9. September 1980 hätten seine Eltern in Österreich die Ehe geschlossen. Seine Mutter habe durch Erklärung gemäß §9 Abs1 Z1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1965, BGBl. 250 (StbG), die österreichische Staatsbürgerschaft erworben, die liechtensteinische Staatsangehörigkeit hiedurch jedoch nicht verloren. Der Beschwerdeführer sei durch die Eheschließung seiner Eltern legitimiert worden. Er habe mit diesem Zeitpunkt gemäß §7 Abs4 StbG die österreichische Staatsbürgerschaft erworben und auf Grund des Art5 des liechtensteinischen Gesetzes, GBl. 50/1974, die liechtensteinische Staatsbürgerschaft verloren. Der Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft sei unmittelbar auf Grund des Gesetzes erfolgt, ohne daß es einer gerichtlichen Entscheidung oder der Erlassung eines Bescheides bedurft hätte.

2. Der auf Art140 Abs1 letzter Satz B-VG gestützte Antrag begehrt die Aufhebung des §7 Abs4 StbG wegen Verfassungswidrigkeit. Diese Gesetzesbestimmung verstoße gegen den den Gesetzgeber bindenden Gleichheitsgrundsatz.

II. Der VfGH hat erwogen:

1. §7 Abs4 StbG lautet:

"Wird ein unehelich geborener Fremder zu einer Zeit, da er noch minderjährig und ledig ist, legitimiert, so erwirbt er mit seiner Legitimation die Staatsbürgerschaft, wenn sein Vater in diesem Zeitpunkt Staatsbürger ist oder die Staatsbürgerschaft im Zeitpunkt seines vorher erfolgten Ablebens besessen hat. Der Erwerb der Staatsbürgerschaft durch Legitimation erstreckt sich auf die unehelichen Kinder der legitimierten Frau."

2. a) Nach Art140 Abs1 letzter Satz B-VG erkennt der VfGH über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Verfassungswidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern das Gesetz ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist.

b) Der Antragsteller hat durch Legitimation nach §7 Abs4 StbG die österreichische Staatsbürgerschaft erworben. Diese Gesetzesbestimmung berührt daher seine Rechtssphäre.

Wie der VfGH in seinem Beschluß VfSlg. 8009/1977 ausgeführt und seither in ständiger Rechtsprechung daran festgehalten hat (zB VfSlg. 8890/1980), setzt die Antragslegitimation nach Art140 Abs1 letzter Satz B-VG unter anderem auch voraus, daß für den Rechtsschutz gegen rechtswidrige Normen kein anderer zumutbarer Weg als die Anfechtung beim VfGH zur Verfügung steht, um die behauptete Verfassungswidrigkeit geltend zu machen.

Ein solcher Weg ist hier im Gesetz aber vorgesehen: Gemäß §42 Abs1 StbG ist außer dem im §38 besonders geregelten Fall (Feststellungsbescheid über die Verzichtserklärung auf die Staatsbürgerschaft) ein Feststellungsbescheid in Angelegenheiten der Staatsbürgerschaft zu erlassen, wenn der Antragsteller ein rechtliches Interesse an der Feststellung hat.

Jedenfalls bei dieser Rechtslage, die die Erlassung eines Feststellungsbescheides ausdrücklich für den Fall vorsieht, daß der Antragsteller ein rechtliches Interesse an der Feststellung hat, ist die Staatsbürgerschaftsbehörde verpflichtet, einen derartigen Bescheid auch dann zu erlassen, wenn der Antragsteller bei der Verwaltungsbehörde vorbringt, er erachte die seinem Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft zugrundeliegende Gesetzesbestimmung als verfassungswidrig und wolle seine Bedenken im Wege einer Bescheidbeschwerde an den VfGH herantragen (vgl. zB VfSlg. 6392/1971). Es ist dem Antragsteller sohin möglich, bei der Staatsbürgerschaftsbehörde die Erlassung eines Feststellungsbescheides zu begehren. Diesem Antrag hätte die Behörde nachzukommen. Es ist dem Antragsteller durchaus zumutbar, den hiemit vorgezeichneten Weg zu beschreiten (vgl. zB VfSlg. 8148/1977). In einer Beschwerde gegen den Bescheid der Landesregierung kann die Frage der Verfassungsmäßigkeit des angefochtenen §7 Abs4 StbG an den VfGH herangetragen werden (vgl. zB VfSlg. 8846/1980).

3. Es fehlt daher dem Antragsteller die Legitimation zur Antragstellung. Der Antrag war daher zurückzuweisen.

Schlagworte

Staatsbürgerschaftsrecht, VfGH / Individualantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1981:G67.1980

Dokumentnummer

JFT_10189693_80G00067_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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